20 Jahre Volvo C70 – Kiste weg, Spieltrieb an

Schwedische Autos der 90er Jahre: Kantig, solide, sicher. Aber auch langweilig, unsportlich und etwas einfallslos. Dieses Klischee mag zwar stimmen, schließlich kommen solche Ansichten nicht von ungefähr. Doch es gibt ein Modell, das überhaupt nicht in diese Sparte passt: Der Volvo C70. Wie dieses eine kleine gallische Dorf widersetzt sich das Coupé bzw. Cabrio dem Scheuklappen-Denken und verknüpft die typisch schwedischen Tugenden mit einer sportlich-eleganten Linienführung. Der hübsche Viersitzer ist so etwas wie der Designer-Anzug unter den solide-grauen Einreihern.

Kiste weg, Spieltrieb an: Das war das Motto, unter dem der Volvo C70 1996 konstruiert wurde. Das Kredo leitet sich von den kistenförmigen Heckpartien der damaligen Volvos ab – zumeist Kombis – und will den Lebemann unter den Kunden anziehen. Und das ist ihm, aus heutiger Sicht, gut gelungen. Kein Wunder, haben Coupés und Cabrios schon immer eine gewisse Sogwirkung erzeugt.

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Schönling aus britischer Feder: Ian Callum war stark in den Design-Prozess involiert

Dazu passt es auch, dass der C70 schlank und elegant gezeichnet wurde. Das rührt jedoch nicht direkt von Volvo selbst her, sondern von der Konkurrenz. Das (bewusst) junge Entwicklungsteam musste seinen Urlaub abbrechen und wurde nach Südfrankreich geschickt, um sich dort mit der Lebensart und den Produkten der meist deutschen Konkurrenz auseinanderzusetzen. Ein hartes Brot. Doch es galt einen würdigen Nachfolger für den klassischen Volvo P1800 von 1961 zu finden. Doch mit dem Volvo C70 entstand nicht nur ein äußert ansehnliches Coupé sondern auch ein ebenso attraktives Cabrio. Hier zahlten sich die Bemühungen, sowohl offen, wie auch geschlossen eine gute Figur zu machen, absolut aus.

Heute etwas barock, aber dennoch ansehnlich
Heute etwas barock, aber dennoch ansehnlich: Das Cockpit des Volvo C70

Selbstverständlich ist das nicht. So bildet der Volvo 850 die technische Basis – und der ist beileibe kein aufregend gezeichnetes Designerstück. Doch die Kooperation mit den britischen Motorsport-Experten von Tom Walkinshaw Racing ergab eine wahre Perle. In der Scheune des Kooperationspartners entstanden viele Ideen und Design-Details, während das Gros der technischen Komponenten von Volvo selbst stammte. Dennoch fand der Chefdesigner die Ergebnisse der Kooperation noch nicht gut genug und holte einen ganz besonderes Talent mit an Bord: Ian Callum. Der Brite ist bekannt für zahlreiche Jaguar- und Aston Martin-Entwürfe und hatte die Vorgabe, Ecken und Kanten außen vor zu lassen. So ergab sich schließlich das bogenförmige Dach. Doch auch für ihn war es kein Leichtnis: Durch die technische Basis war der Radstand vorgegeben und die Proportionen damit recht fix.

Volvo C70: Der kastige 850er als Basis

Doch das Resultat kann sich sehen lassen. Die markentypische Fahrzeugfront blieb dem Coupé und Cabrio zwar erhalten, doch steht diese im angenehmen Kontrast zur restlichen Gestaltung. Auch innen tat sich viel, vergleicht man den C70 mit der Limousinen-Basis. Das Hauptaugenmerk lag auf zahlreichen Individualisierungsmöglichkeiten, was die große Palette an Ausstattungen, hochwertige Materialien und ungewöhnlichen Farben zeigt. Damit ist fast jeder Volvo C70 ein Unikat.

Dem sportlichen Anspruch entsprechend, zogen ausschließlich Turbo-aufgeladene Motoren unter die Haube des Schweden. Allesamt mit fünf Zylindern und dem typisch kurrig-warmen Sound, wie ihn nur diese Motoren versprühen können. Als Topmodell hielt zunächst ein 2,3 Liter Fünfzylinder her – der T5 – der aus dem Volvo 850R stammte. Mit ihm rannte das Coupé 250 km/h, was beeindruckend für die gebotenen 204 PS ist. Darunter rangierten ein 2.4 mit 193 PS sowie ein 2.0, der je nach Version 163 bis 225 leistete.

Diese eleganten Linien verband man seinerzeit nicht zwingend mit einem Volvo
Diese eleganten Linien verband man seinerzeit nicht zwingend mit einem Volvo

Bei aller Design-Liebhaberei vergaßen die Schweden aber nicht ihre Kernkompetenzen: Platz und Sicherheit. Vier Passagiere und ihr Gepäck finden sich hier gut aufgehoben. Zumal sie mit allerhand Systemen geschützt werden, die für die damalige Zeit längst nicht selbstverständlich waren. Dazu zählen der typische Seitenaufprallschutz SIPS inklusive Seitenairbags genauso, wie der Schleudertrauma-Schutz WHIPS. Beim Cabrio gesellt sich sogar ein Überroll-Schutzsystem hinzu, das den Überrollbügel Sensor-gesteuert ausfährt. Ein rundum gelungenes Paket, das aktuell für überschaubares Geld zu bekommen ist. Bei entsprechender Pflege kann sich hieraus vielleicht sogar eine Wertanlage ergeben.

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