Honda Civic – Auf Nummer sicher

Was war er doch für eine niedliche Knutschkugel, der erste Honda Civic. Kleiner als ein damaliger VW Polo, zudem mit nur 40 kW/54 PS recht schwachbrüstig, aber von Anfang an ein Frauenheld, der 1974 schon für 7.700 Mark zu haben war. Seit gut 40 Jahren gilt der Civic als der Honda schlechthin, war zumindest in Europa über Generationen hinweg das mit Abstand meistverkaufte Modell der Kultmarke. Doch mit dem letzten Modell, der Nummer 9 in der Familienchronik, bekam die Ikone Kratzer, so dass selbst Chefingenieur Mitsuru Kariya einräumt, dass „sich der Geschmack der Kunden inzwischen verändert hat“. Also musste ein völlig neuer Civic her.

Das Blechkleid wurde völlig neugestaltet. Die bisherige Form mit der in einer Linie von der Fensterkante über die Motorhaube abfallenden Frontpartie wurde aufgegeben
Das Blechkleid wurde völlig neugestaltet. Die bisherige Form mit der in einer Linie von der Fensterkante über die Motorhaube abfallenden Frontpartie wurde aufgegeben

Die Teststrecke von Honda auf dem Werksgelände von Swindon, 90 Autominuten westlich von London, ist gut abgeschirmt. Direktor Jason Smith gibt dem neuen Civic die Sporen, der kleine Ein-Liter-Motor bemüht seine drei Zylinder bis an die Schmerzgrenze. Wohliges Schnurren aus dem Motorraum, kräftiges Gebrumm beim Druck auf die Sporttaste. Die erste Fahrt im Hoffnungsträger kann also beeindrucken. Hondas Europa-Präsident Katsushi Inoue weist Zweifel an der Sportlichkeit des Mini-Triebwerks zurück: „Auf einer deutschen Autobahn habe ich mühelos 210 km/h erreicht“. Er erwartet, dass das kleine Turboherz mit seinen 95 kW/129 PS mehr bestellt wird als die stärkere Version mit 1,5 Litern Hubraum und 134 kW/182 PS.

Es war nur ein kurzes Kennenlernen auf dem Beifahrersitz, denn schließlich soll der Fünftürer erst in gut zwei Wochen seinen großen Auftritt auf dem Pariser Autosalon haben. Beim Rundgang um den Civic fällt sofort auf, dass die Designer in Sachen Wachstum in die Vollen gehen durften. Die Länge wuchs um gleich 13 Zentimeter auf nunmehr 4,50 Meter, damit tritt der Civic fast schon eine Klasse höher an als bisher. Das Blechkleid wurde völlig neugestaltet. Die bisherige Form mit der in einer Linie von der Fensterkante über die Motorhaube abfallenden Frontpartie wurde aufgegeben. Der neue Civic hat wieder eine klassische Silhouette mit einem deutlichen Winkel zwischen Scheibe und Motorabteilung.

In der Länge wuchs der Honda Civic um gleich 13 Zentimeter auf nunmehr 4,50 Meter, damit tritt der Civic fast schon eine Klasse höher an als bisher
In der Länge wuchs der Honda Civic um gleich 13 Zentimeter auf nunmehr 4,50 Meter, damit tritt der Civic fast schon eine Klasse höher an als bisher

„Das UFO-artige des Vorgängers scheint sich überlebt zu haben“, sagt Chefingenieur Kariya, der aber dennoch die Sportlichkeit seines Schützlings hervorhebt. „Der Civic liegt optisch tiefer auf der Straße, obwohl er nur um zwei Zentimeter flacher ist“. Dynamik sollen auch die je zwei Luftschächte versprühen, die Bug und Heck beherrschen. Eine technische Funktion haben sie allerdings nicht. Apropos Heck: Hatte der jetzt abgelöste Civic hochgesetzte Rückleuchten, die an beiden Seiten aus dem großen Heckspoiler ragten und nicht jedem gefielen, wurde der Neuling zivilisiert. Immer noch Spoiler, aber geschmeidig an die Linienführung angepasst. An den Seiten fällt auf, dass die hinteren Türgriffe wieder da sind, wo sie hingehören. Nicht mehr versteckt in der hinteren Dachsäule, sondern deutlich sichtbar.

Das Wachstum verschafft den Insassen ein neues Civic-Raumgefühl, vor allem auf den hinteren Sitzen. Kein Kontakt mehr zwischen Knien und Rückseite der Vordersitze, viel Luft über dem Haupthaar und weniger Kuschelfaktor, wenn ein Erwachsenen-Trio im Fond Platz nimmt. Die neue Größe kommt auch dem Laderaum zu Gute, der mit 478 Litern beachtlich ist. Völlig umgestaltet auch das Armaturenbrett. Zentraler Digitaltacho in LCD-Technik, mittig ein Touchscreen-Monitor für Navigation und mehr. Alles macht einen durchaus gediegenen Eindruck, auch wenn dunkle Materialien vorherrschen.

Das Armaturenbrett des neuen Honda Civic wurde völlig umgestaltet
Das Armaturenbrett des neuen Honda Civic wurde völlig umgestaltet

Das wohl Wichtigste im neuen Civic steckt unterm Blech. Noch nie hatte ein Kompaktauto so viele Assistenzsysteme bereits serienmäßig an Bord. „Sensing“ nennen die Japaner dieses Paket und meinen damit die zahlreichen Sensor-Augen rund ums Auto. Die Kombination von Radar und Kamera hat stets einen wachen Blick auf die Außenwelt. Ein Kollisionswarnsystem, das im Notfall automatisch bremst, ist ebenso eingebaut wie Spurhalte-Automat oder Toter-Winkelwarner. Registriert die Frontkamera ein Abkommen von der Fahrbahn, wird gewarnt und bei Bedarf selbsttätig zurückgelenkt. Auch das Abstandsradar ist im noch unbekannten Gesamtpreis des Civic enthalten. Er kann voraussehen, ob der Vordermann die eigene Spur kreuzt und schneller reagieren als die meisten Autofahrer. Zum Inklusivpaket gehören noch Rückfahrkamera fürs sichere Ausparken und eine Verkehrszeichenerkennung.

Natürlich strahlt der Civic auch mit vollem LED-Licht, was allerdings extra bezahlt werden muss. Auch die Koppelung von Smartphone und Monitor ist möglich. Emails werden vorgelesen, Musiktitel per Sprachbefehl abgerufen. Das Navigationssystem wird mit Echtzeit-Stauinfos versorgt. Bestellbar sind auch neue Audiosysteme mit bis zu elf Lautsprechern.

Zentral im Armaturenbrett befindet sich ein Touchscreen-Monitor für Navigation und mehr. Alles macht einen durchaus gediegenen Eindruck, auch wenn dunkle Materialien vorherrschen
Zentral im Armaturenbrett befindet sich ein Touchscreen-Monitor für Navigation und mehr. Alles macht einen durchaus gediegenen Eindruck, auch wenn dunkle Materialien vorherrschen

Die Preise des neuen Civic sollen erst in Paris bekannt gemacht werden. Spannend ist, wie hoch angesichts der kompletten Elektroniksysteme der Einstiegspreis ausfallen wird. Mit gut 20.000 Euro muss wohl gerechnet werden. Der Civic kommt im nächsten Frühjahr auf den Markt. (Peter Maahn/SP-X)

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