HONDA Vision 50 im Fahrbericht

Das Leben ist ständiger Wandel. Neues kommt, Altes geht – Tag für Tag. Man muss sich anpassen um mit der Zeit zu gehen, offen sein, sich verändern, vielleicht sogar neu erfinden.

So bekommen wir es beinahe täglich in Zeitungen, im Internet oder Fernseh-Reportagen mitgeteilt.

Muss man wirklich? Joachim Scheiner, Geograph und Forscher zum Thema Raumplanung an der TU Dortmund, hat diese Woche einen interessanten Artikel zum Strukturwandel der Mobilität in der FAZ veröffentlicht.

Honda vision 50 Fahrbericht Fabian

 

Dort schreibt er, dass die verstärkte Reurbanisierung im krassen Gegensatz zum Freiheitsdrang der vorangegangenen Generationen stehe: „Vor den Hintergrund solcher biographischer Erfahrungen ist die Abnahme der Mobilität unter jüngeren Erwachsenen besonders bemerkenswert. Die prägenden Dinge sind jetzt eher: Internet, Interkontinentalflüge, Facebook, Smartphone.

Man ist immer und überall erreichbar, schnell verbunden, kann von unterwegs aus an Meetings teilnehmen, Präsentationen überarbeiten und überhaupt: keine Zeit verschwenden. Nach Feierabend entweder zum workout oder dem afterwork-Cocktail, dabei immer brav socializen und networken mit Kollegen, Partnern und Kunden. Und muss man dann doch irgendwann nach Hause, dann nimmt man die U-Bahn.

Sie „ist heute weniger sozial segregiert als vor wenigen Jahrzehnten und hat sich zum öffentlichen Ort der Begegnung mit dem Fremden, Andersartigen entwickelt, zum Ort von Georg Simmels blasiertem, entnervtem, aber doch kontaktsüchtigem Großstädter, während die Straße ein solcher Ort im Zeitalter von Facebook und Amazon kaum noch sein kann.

Weil man da so schön spannen kann, die Anderen beobachten und die Entdeckungen direkt teilen. An der Haltestelle einchecken um Punkte in foursquare zu sammeln. Halt. Ein Ort der Begegnung, der die Straße in diesem Zeitalter kaum noch sein kann?

Mopped Stadtverkehr prosa

 

Was für ein Quatsch.

Vielleicht keine Begegnung mit Jutebeutel-tragenden Menschen die zweifelhafte Brillengestelle tragen, dafür aber Begegnungen mit der Natur. Mit der Freiheit.

Und dem unvergleichlich guten Gefühl der Selbstbestimmung. Du entscheidest wann Du wo und wie schnell bist. Natürlich ist das Auto in diesem Kontext nur bedingt hilfreich, denn niemand hat großartig Bock darauf, sich nach einem harten Tag im Büro in die endlose Schlange durch die Innenstadt zu stellen. Aber die Lösung ist denkbar einfach: zwei Räder und ab dafür!

Rauf auf den Bock, anreißen, los.

Den Stress hinter sich lassen, den Stau gleich mit und einfach fahren, fühlen, frei sein. Facebook-Feedupdates interessieren nicht, whats-app-messages bleiben unbeantwortet und auch Telefonanrufe werden nicht angenommen – denn diese halbe Stunde, wenn Dich der Motor auf die kleinste Bewegung am Gasgriff an der Kolonne vorbeireißt, gehört Dir.

Gut, zugegebenermaßen passt unser Honda Vision 50 jetzt nicht gerade in das Bild des schwermütigen Eisenreiters, den seine Hardtail-Harley in Richtung Sonnenuntergang schießt. Auch andere Testosteron-schwangere Ideale, in denen „gekämpft, gefochten, geschmiedet, geboxt, gebaggert, geschossen und mit nackter Brust mit der Spitzhacke posiert, (…) Kühe gefangen und Sprüche geklopft, Whiskey getrunken und Panzer gefahren“ wird, erfüllt der unschuldig weiße Roller mit den großen Rädern nicht.

Aber er ist ein Anfang. Er zeigt Dir wie schön die Welt des Individualverkehrs auch heute noch sein kann.

Wenn der Wind am Bart zupft, Du die Vögel zwitschern hörst (bei 45km/h Vmax locker möglich) und treffsicher an jeder Ampel zwischen den Autos hindurch auf die Pole Position wedelst. Du regst Dich nicht mehr über zweite-Reihe-Parker auf, weil Du einfach daran vorbeischlupfst, bleibst immer am Gas, weil sich das kleine Motörchen bei 7000 Touren am Wohlsten fühlt und lernst ganz neue Seiten Deiner Stadt kennen, weil Du Dich ständig dabei erwischst hier links abzubiegen oder dort rechts reinzufahren.

Nicht immer mit dem Strom, sondern neue Wege erfahren. Abkürzungen nutzen, Raum gewinnen.

Und dann ist sie da: die Freiheit. Das gute Gefühl. Der Spaß an der Fortbewegung. Vielleicht sollte man den Menschen mehr davon erzählen, sie an genau diesem Gefühl teilhaben lassen und nicht immer nur mit erhobenem Zeigefinger davon sprechen wie gefährlich das Motorradfahren doch sei, wie unpraktisch und überhaupt.

Es einfach machen und Spaß dabei haben. Ganz nebenbei bemerkt: der Vision 50 hat bei uns keine fünf Liter Sprit gebraucht. Auf 230 Kilometer!

Der Artikel von Fabian erschien zuerst in seinem Blog: http://asphaltfrage.wordpress.com/2013/05/30/geh-breitbeinig-der-honda-vision-50/

 

Bilder: Tobias Heil, fm