Chevrolet Volt – Irgendwie so anders
Der Chevrolet Volt hatte es in meinem Testzeitraum nicht ganz einfach: Die Witterung und seine Batterien waren gegen ihn; meine Erwartungen dagegen extrem hoch. Er konnte also nur verlieren – oder?
Vorausgegangen war meinem Test die Diskussion über die Definition des Chevrolet Volt. E-Auto mit Reichweitenverlängerer oder doch nur ein Plug-in-Hybrid, wie man ihn auch bei anderen Herstellern bekommt? Die Antwort ist im Prinzip trivial: Treibt der eingebaute Benzinmotor die Räder nicht direkt an, so handelt es sich um ein Elektroauto mit „Reichweitenverlängerer“. Der 86 PS starke Ecotec-Motor des Volt (gleich dem Ampera) treibt jedoch unter gewissen Voraussetzungen die Vorderräder mit an. Der Volt ist ein serieller Hybrid (Denn: Ein Vegetarier der einmal in der Woche eine Wurst isst, ist ja auch kein Vegetarier mehr – Zitat Ralf Bernert!) – Danke!) – aber der Volt ist auch ein Hybrid mit „Leistungsverzweigung“, ähnlich dem Prinzip des Toyota Prius.
Leistungsverzweigter Hybrid:
Bei höheren Geschwindigkeiten kann der Benzinmotor, über das Planetenradgetriebe verbunden mit E-Motor und Antriebsachse, direkt auf den Vortrieb des Volt einwirken. Spürbar wird dies bei voller Beschleunigung oberhalb von etwa 100 km/h. Der Benzinmotor entlastet dann den E-Motor. Damit ist der Volt kein Elektrofahrzeug mit „Range Extender“, sondern ein „serieller Hybrid“ mit Leistungsverzweigung.
Das macht den Chevrolet Volt aber nicht minder interessant!
Für meine Testfahrt hat mich vor allem interessiert, wie sich der Alltag mit dieser neuen Variante der Antriebstechnik im Automobil darstellt und welche Kompromisse man als Fahrer eines Chevrolet Volt eingehen muss. Kein wirklicher Kompromiss, aber eine Enttäuschung: Anstelle der versprochenen 80 Kilometer Reichweite begrüsst mich der per Steckdose in der Garage geladene Volt mit einer E-Reichweite von nur 40 Kilometern. Vermutlich ist der mit fast 10.000 Kilometer auf dem Tacho anzeigenden Testwagen bereits zum „Realisten“ geworden. Erreicht man die vollen 80 Kilometer doch nur, wenn man den „Watt-Vorrat “ fast zärtlich dosiert in elektrische Kraft wandeln lässt.
Aufgrund der 370 Nm des E-Motors gelingt dies jedoch kaum jemanden, zu verlockend ist der Abruf der gesamten – und das ist E-Auto-Norm – bereits ab der ersten Umdrehung anliegenden Kraft. Wie am Gummiband gezogen, beschleunigt der Volt ohne jede Unterbrechung durch Schaltvorgänge, bis der E-Motor kurz vor seiner Maximal-Drehzahl steht.
Auf dem Tacho des Volt stehen am Ende der Gummiband-Exstasen 160 Kilometer pro Stunde und der Benziner brummt dazu den alten Evergreen von Nikolaus Otto.
Für 40 Kilometer fährt man in einer völlig anderen Welt. Leise. Wirklich leise. Der Volt überzeugt durch eine entspannte Form der Fortbewegung. Dafür verantwortlich zeichnen sich auch die wenig ambitioniert wirkende Lenkung und die ein wenig hölzern zu Werke gehenden Dämpfer. In Summe bleibt der Volt jedoch ein dem Komfort verbundener Begleiter, der den vier möglichen Insassen den Alltag in einem Wattebausch verpackt präsentieren möchte.
Irgendwie so anders ist auch das Cockpit
Zwei große Monitore dienen als Informationsquelle für den Piloten des Volt. Neben einem leisen „Wuuusch“ ist das aufleuchtende Leben in den Monitoren das einzige Signal für die Leistungsbereitschaft nach dem drücken des Start-Knopfes. Die Bedienung des Hauptbildschirms ist erfreulich gut gelöst. Über einen Drehknopf links neben dem Lenkrad lassen sich die verschiedenen Informationen abrufen. Immer im Blick dabei: Die gefahrene Geschwindigkeit, die verbleibende Reichweite (sowohl elektrisch als auch im Bezug auf den Benzin-Vorrat) und eine Eco-Anzeige, die einem bildlich darstellt, wie ökonomisch man fährt. Es ist eine bunte, neue Welt – die jedoch in der Mittelkonsole und ihren 500 Touch-Buttons unübersichtlich wird. Im Testwagen war die Mittelkonsole zudem mit weißem Klavierlack überzogen, was bei Dämmerlicht nicht dazu beitrug, die Lesbarkeit der Beschriftungen zu steigern.
Macht Platz für die Batterien
Trotz seiner nicht geringen Außenlänge von 4,5 Metern ist der Volt nur ein Viersitzer. Und im Sinne einer optimierten Aerodynamik (cW: 0,28) auch noch mit einem Innenraum gesegnet, der sich durch schräg stehende A-Säulen und Seitenscheiben weiter einschränkt. Man spürt den Versuch, eine optimale Raumausnutzung gewährleisten zu wollen. Auf der anderen Seite wird aber auch klar: zwei Motoren, ein Benzintank und genug Platz für Batterien – das stellt doch enorme Herausforderungen an die Konstrukteure.
Die 16 kWh leistenden Batterien wiegen 198 Kilogramm und nehmen in T-Form den Platz ein, den man früher einmal für Auspuffanlagen und Kardanwellen reservierte.
16 kWh Batterieleistung und nur 40 Kilometer Reichweite?
Im Sinne einer maximalen Lebensdauer werden nur 10 kWh der Batterien für die Speicherung genutzt. Die Volt-Techniker wollen so einer frühzeitigen Alterung der Lithium-Ionen-Batterien vorgreifen und das gesamte System auf die klassische Lebenszeit eines Automobils ausdehnen.
Chevrolet gibt einen Durchschnittsverbrauch von 1,2 Liter auf 100 Kilometer an – das entspricht einer NEFZ-Messmethode und hat mit dem Alltag nichts zu tun.
Fazit:
Die Zeit ist reif für eine neue und vor allem ökologische Antriebstechnik – der Volt ist ein interessanter Zwischenschritt und auch wenn er in den Verkaufszahlen einem möglichen Erfolg hinterher fährt – ein Verlierer ist er ganz sicher nicht.
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