Alfa Romeo Chefdesigner Alessandro Maccolini – Alle Hände voll zu tun

Der Posten als Chefdesigner einer großen Automarke ist in der Riege der Modeschöpfer in Sachen Blech und Chrom ein begehrenswertes Karriereziel. Lange Zeit galt das sicher nicht für Alfa Romeo, das seit 30 Jahren zum Fiat-Konzern gehört. Das einst größte Unternehmen Italiens behandelte seine wohlklingende Neuerwerbung über Jahre hinweg recht stiefmütterlich, dampfte die Modellpalette ein und geizte mit nötigem Geld für Neuentwicklungen. Die Sportwagen Spider und Breda wurden ebenso eingestellt wie der 159 und dessen Kombiversion. 2014 wurden weltweit gerade mal 68.000 Alfas verkauft. Sicher keine leichte Zeit für Alessandro Maccolini, der seit über 20 Jahren als Designer bei Alfa ist.

Die Augen blitzen schelmisch unter der wilden Lockenpracht, wenn Maccolini, der inzwischen zum Chef der Designabteilung aufgestiegen ist, auf diese Zeit angesprochen wird. „Ich bin ein Geduldsmensch“, sagt er und zeigt ein sanftes Lächeln. „Ich wusste immer, dass eine Marke wie Alfa einfach zu Italien gehört wie edle Mode oder unsere typische Küche“. Derzeit wird er mit Lob für die neue Mittelklasselimousine Giulia überschüttet. Ein neues Modell, das für die Kultmarke die Wende bringen soll. Alessandro Maccolini zeichnet für das Außendesign verantwortlich, nimmt das weltweite Lob mit bescheidener Genugtuung
hin und verweist auf die Teamarbeit nach dem Motto „der Erfolg hat viele Väter“. Natürlich freut er sich, dass „seine“ Giulia dafür sorgte, dass die Marke in Deutschland bis Oktober um 44 Prozent mehr Fahrzeuge verkauft hat. Zwar nur bescheidene 3.419 Autos, aber immerhin ein Anfang. Im September war die Giulia erstmals meistverkaufter Alfa.

Der Posten als Chefdesigner einer großen Automarke ist in der Riege der Modeschöpfer in Sachen Blech und Chrom ein begehrenswertes Karriereziel
Der Posten als Chefdesigner einer großen Automarke ist in der Riege der Modeschöpfer in Sachen Blech und Chrom ein begehrenswertes Karriereziel

Verantwortlich ist Maccolini auch für die nächste Stufe der Wiedergeburt von Alfa Romeo, dem ersten SUV, das das berühmte „Scudetto“ („Schildchen“) vor sich hertragen darf. Gemeint ist damit der spitz nach unten zeigende Kühlergrill, der seit den 30er-Jahren Erkennungszeichen aller Alfas ist. Maccolini spricht noch nicht über den neuen Allradler Stelvio, der Mitte November auf der Auto-Show im fernen Los Angeles seine Premiere erlebt. Immerhin verrät er die Bedeutung des Namens: „Stelvio ist der italienische Name für das Stilfser Joch in Südtirol“, klärt er auf. Der mit 2.757 Metern höchste Gebirgspass Italiens lockt Kurvenfans mit 48 Spitzkehren verteilt auf 50 Kilometer Länge. „Der Name passt gut zum einem SUV und steht für Fahrspaß und Abenteuer“, sagt Maccolini.

„Das Design stammt aber nicht von mir“, erklärt er dann schnell. „Da stecken viele Ideen vieler unserer Designer drin“. Dennoch wird der Stelvio, das zweite Modell auf der neuen Alfa-Plattform namens „Giorgio“, viele Gemeinsamkeiten mit der Sportlimousine Giulia aufweisen. Deren Besonderheiten locken Maccolini aus der sonst so gar nicht südländischen Zurückhaltung. Er zeichnet mit den Händen die Linien der Frontpartie nach, verweilt auf dem „Scudetto“, dessen nach unten zeigende Spitze sich keck zwischen die beiden dominanten Lufteinlässe dicht über der Straßenoberfläche schiebt. Die obere Gerade des Dreiecks bildet eine Linie mit den schmalen Scheinwerfergehäusen. „Das ist unser neues Alfa-Gesicht“, erläutert der Maestro, „modern und doch eng an unserer Tradition“.

Ein weiteres Baby von Maccolini war Vorreiter für den neuen Auftritt der Marke. Das über 60.000 Euro teure Sportcoupé Alfa 4C verrät schon seit 2013, wohin Reise geht. „Prägende Elemente des 4C finden sich auch im Giulia wieder“, sagt er. Was allerdings nicht für die Form der Scheinwerfer gilt, die in der zweisitzigen Flunder senkrecht in den Kotflügeln stehen, „Ein Merkmal, das für einen Sportwagen passt, aber nicht für eine Limousine wie den Giulia.“

Alessandro Maccolini zeichnet für das Außendesign verantwortlich
Alessandro Maccolini zeichnet für das Außendesign verantwortlich

Mit Auskünften über weitere neue Alfa-Modelle hält sich Alessandro Maccolini natürlich zurück. Bekannt ist, dass derzeit eine neue große Limousine entwickelt wird, die ebenfalls auf der Heckantriebsplattform des Giulia aufbaut. Sie könnte den Traditionsnamen „Alfetta“ tragen und an das gleichnamige bis 1984 gebaute Modell erinnern. Mit dem vermutlich 2018 erscheinenden Viertürer zielen die Italiener auf die deutschen Konkurrenten BMW 5er oder Audi A6. Gearbeitet wird auch an einem Nachfolger für den kompakten Giulietta, der in der Golf-Klasse antritt, und der Neuauflage des kleinen Mito. Beide sind in Deutschland bisher Außenseiter.

Da auch noch über die Wiedergeburt des legendären Alfa Spider, dem Star des berühmten Hollywood-Film „Die Reifeprüfung“, spekuliert wird, haben Maccolini und sein Team einen prall gefüllten Kalender. Nach Jahren der Ungewissheit kann der Designer jetzt wieder von sich behaupten: „Ich bin glücklich über die Entwicklung und kann mir keinen schöneren Arbeitsplatz vorstellen“. Kein Wunder, denn im Gegensatz zu vielen bekannten Kollegen diente er in seiner bisherigen Laufbahn nur bei Alfa. „Das liegt mir im Blut, denn schon mein Vater war ein lupenreiner Alfisti“. Dann ergänzt er lachend: „Mein erstes Auto war natürlich ein Alfa. Ein Tretauto, das in meinem Kinderzimmer einen Ehrenplatz hatte.“ (Peter Maahn/SP-X)

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