Ford stellt sich neu auf in Europa. Ins Portfolio kommen mehr US-amerikanische Modelle und es wird kooperiert. Beispielsweise mit Volkswagen.
Der Ford Explorer ist das erste Produkt auf der MEB-Plattform der Wolfsburger. Sieht man aber gar nicht. (Wenn man drei Punkte auf der Armbinde trägt)
Die erste Tuchfühlung mit dem neuen Ford Explorer wird von mehreren Aha-Effekten begleitet. Denn erstens ist der künftige Explorer kein SUV mehr im XXL-Format. Und zweitens sieht man nicht (direkt), dass hier Komponentensharing mit dem Volkswagen-Konzern betrieben wird.
Der schwarze Band vorne trägt den Modellnamen
Da steht also nun ein neues, recht kompaktes SUV, das vor allem durch sein charakteristisches Design besticht. Das neue, in Köln gebaute automobile Multifunktionswerkzeug setzt sich markant vom Wettbewerb ab, versprüht Abenteuerlust und einen Hauch von Trekking-Charakter. Die Front macht insbesondere mit dem schwarzen Verbindungsstück zwischen den ziemlich futuristisch geformten Scheinwerfern auf sich aufmerksam, in das die Architekten den Modellnamen platziert haben — und zwar in großen, erhabenen Lettern. Das gleiche Band findet sich auch zwischen den Rückleuchten. Die Seite ist geprägt von einer betont hohen Gürtellinie; eine nach hinten leicht ansteigende Fensterlinie mündet direkt in die extravagante C-Säule. Auf dieser prangt ein Muster, das in leicht versetzter Form an das Heckfenster anschließt — das mag einem gefallen oder nicht, als Blickfänger taugt das Design allemal. Extrem kurze Überhänge sind Indikator dafür, dass die Entwickler eine gute Raumausnutzung erzielten.
Die Technik übernimmt Ford von VW
Fords Ingenieure haben die Antriebe nicht einfach von den Wolfsburgern übernommen, sondern noch einmal angefasst. So weichen die Leistungswerte leicht ab. Die Antriebspalette reicht von 125 kW/170 PS bis 250 kW/340 PS. Letztere Version trägt zwei E-Maschinen unter dem Blech, einen Synchronmotor hinten und ein Asynchrontriebwerk für die Vorderachse. Die Basis verfügt über Heckantrieb. Die goldene Mitte bildet der 210 kW/286 PS starke Explorer mit Heckantrieb. Unklar ist, ob Ford auch an der Ladeleistung gearbeitet hat und über den Peak von 135 Kilowatt hinausgeht, der beim VW ID.4 noch der aktuelle Stand ist.
Innen bleibt der Blick beim großen zentralen Touchscreen (14,6 Zoll) hängen. Nicht, dass er sich grundsätzlich von den ebenfalls ausladenden Screens unterscheiden, die man im bisherigen Explorer oder Mach-e vorfinden würde, aber bei diesem hier gibt es einen Clou: Er lässt sich nämlich um 30 Grad in der Neigung verstellen. Außerdem sitzt hinter dem Bildschirm ein Fach, in dem sich beispielsweise Wertgegenstände verstauen lassen.
Wer Angst hatte, dass der Ford innen womöglich nicht eigenständig genug sein würde, muss sich eines Besseren belehren lassen. Hier hatten die Innenarchitekten eine klare Agenda: Beim Interieur müssen Markengene sichtbar werden. Mission gelungen, man findet sich in einem Ford wieder, was schon allein am Design der Lüftungsdüsen zu sehen ist. Die Dekorelemente in den Türen greifen die Designsprache des Instrumententrägers auf. An der Mittelkonsole findet sich eine optisch spannend inszenierte „Soundbar“. Innenarchitektur muss auch praktisch sein, denken sich die Gestalter aus Köln und installieren eine Mittelkonsole mit 17 Litern Stauvolumen. Apropos: Der Kofferraum wird nach Umklappen der Lehnen übrigens Gepäck im Äquivalent von 1.400 Litern aufnehmen können.
Das Cockpit wird von einem Hochkant-Bildschirm geprägt
Zu den technischen Schmankerln des neuen Explorer gehören neben LED-Matrixlicht das volle Assistentenarsenal mit diversen autonomen Bremsfunktionen. Neu ist, dass der Explorer auch Spurwechsel selbst wird durchführen können. Die Markteinführung wird im Laufe des Jahres erfolgen. Mit etwas Glück bekommen die ersten Kunden noch vor Weihnachten ihr Auto.
- Der Ford Explorer ist das erste reine E-Auto aus Köln
- Der schwarze Band vorne trägt den Modellnamen
- Bei den Abmessungen orientiert sich der Explorer am VW ID.4
- Die Mittelkonsole enthält ein abschließbares Geheimfach
- Das Cockpit wird von einem Hochkant-Bildschirm geprägt
- Die Technik übernimmt Ford von VW
- Die stärkste Variante kommt auf 340 PS
Drei Fragen an Ford-Manager Christian Weingärtner
Zurück zu den US-Wurzeln
Ford baut seine Pkw-Palette in Europa komplett um. Dem E-Crossover Explorer kommt bei der Neuausrichtung eine besondere Rolle zu.
Ford will vom klassischen Volumenanbieter mit Preis-Leistungs-Fokus zur Lifestylemarke werden. Was das mit dem neuen E-Modell der Marke zu tun hat, erläutert Dr. Christian Weingärtner, Geschäftsführender Direktor für Ford Deutschland, Österreich und die Schweiz sowie Geschäftsführer Marketing und Sales der Ford-Werke GmbH, im Rahmen der Weltpremiere des vollelektrischen Explorer.
Warum heißt Ihr neues E-Auto „Explorer“ – ein Name, der in den USA eine lange Tradition hat, in Europa aber eher unbekannt ist?
Ford als großer amerikanischer Automobilhersteller mit einer in der Tat langen Tradition steht für Baureihen wie den F-150, den Mustang, den Bronco oder eben auch den Explorer – also für Fahrzeuge, die glaubwürdig und authentisch sind und die nur Ford so bauen kann. Wir wollen mit der Namenswahl für unser erstes in Köln produziertes vollelektrisches Pkw-Modell bewusst an diese Tradition anknüpfen und uns auch durch die Namensgebung vom europäischen Wettbewerb unterscheiden.
Während der Explorer kommt, geht der Focus. Sehen Sie den Explorer als Focus-Nachfolger?
Der Ford Focus bleibt uns noch bis 2025 erhalten. Nichtsdestotrotz werden sicher einige bisherige Focus-Kunden künftig den Explorer kaufen. Aber unser neues E-Auto steht nicht in der Tradition des Focus, sondern in der des US-Explorer, der 1990 in Nordamerika auf den Markt kam und dort Auslöser des SUV-Trends wurde. Ihm und dem Focus ist aber gemeinsam, dass sie – jeder auf seine Art – echte Volumenprodukte sind beziehungsweise werden.
Ford probt in Europa den großen Wandel von der preissensiblen Volumenmarke zum Lifestyle-Anbieter. Warum?
Ich würde das gar nicht als eine große Veränderung interpretieren, denn in den USA hat Ford schon immer eine viel klarere und stärker polarisierende Positionierung als hierzulande. Unsere Wurzeln liegen also in den USA. Und bei Amerika denkt man positiv an den „Adventurous Spirit“, also an Freiheit, Abenteuer, Outdoor. Unsere Produkte sollen dieses positive Lebensgefühl vermitteln. Wir wollen uns auch in Punkto Design bewusst vom Wettbewerb abgrenzen, es gibt schon genug austauschbare Elektro-Autos. Dazu kommt: Hier in Europa dominieren vor allem zwei Großkonzerne das Pkw-Geschäft. Wenn wir von Ford als Marke bestehen wollen, dann wird es nur mit einer ganz klaren Positionierung gehen – und nicht über den günstigsten Preis.