Batteriegröße von E-Autos: Ist groß auch immer gut?

Elektroautos locken mit immer größeren Batterien und Reichweiten. Das macht sie für viele Autofahrer attraktiver. Doch jede zusätzliche Lithium-Zelle geht auch zu Lasten der Umweltbilanz.

Als vor über 10 Jahren erste Elektroautos mit Lithium-Akkus auf den Markt kamen, waren diese aufgrund enorm hoher Batteriekosten extrem teuer. Für die meisten Autofahrer stimmte deshalb auch das Preis-Reichweiten-Verhältnis nicht. Viele Stromer der ersten Generationen kamen gerade Mal um 100 Kilometer weit mit einer Ladung. Mittlerweile sind die Preise für Traktionsbatterien stark gefallen und viele aktuelle Modelle mit langstreckentauglichen Reichweitenfenstern zu bezahlbaren Preisen verfügbar. In vielen Fällen kann der Kunde bei einer Baureihe bereits zwischen verschiedenen Akkugrößen und damit Reichweiten wählen. Vieles spricht für möglichst große Batterien, zugleich erkauft man sich damit auch mehrere Nachteile. Die optimale Balance zu finden, ist nicht leicht. 

Der wohl wichtigste Aspekt bei der Größenfrage ist der ökologische Rucksack der Batterie. E-Autos werden vor allem als klimaschonende Mobilitäts-Alternative zum Verbrennerauto angepriesen, denn solange sie möglichst konsequent mit klimaneutralem Strom betankt werden, fällt auch die CO2-Belastung im Fahrbetrieb sehr niedrig aus. Doch bei der Betrachtung der CO2-Bilanz muss immer auch der ökologische Rucksack der Batterie einberechnet werden. Je größer dieser ist, desto größer ist die damit einhergehende Belastung für Umwelt und Klima. Nach Berechnungen des ADAC fallen allein bei der Produktion der Batterie pro Kilowattstunde Kapazität ungefähr 100 Kilogramm vom Klimagas CO2 an. Im Fall des elektrischen Kona beispielsweise, den Hyundai wahlweise mit 39 oder 64 kWh großem Akku anbietet, fallen also bereits beim Bau der größeren Akku-Variante zusätzliche Kohlendioxidemissionen von rund 2.500 Kilogramm an, das entspricht nach Angaben des ADAC der durchschnittlichen Strommenge eines Zweipersonen-Haushaltes in zwei Jahren im deutschen Strommix. 

Darüber hinaus schneiden E-Autos mit großen Akkus auch beim Verbrauch schlechter ab, denn mehr Batteriekapazität sorgt auch für deutlich mehr Gewicht, was wiederum den Stromverbrauch erhöht und sich ebenfalls negativ auf die Klimabilanz auswirkt. 

Doch die CO2-Belastung ist für das Umweltkalkül nicht allein ausschlaggebend. Bereits der Abbau der zur Batterieherstellung benötigten Rohstoffe und hat einen negativen Einfluss auf die Umwelt. Der Abbau von Materialien wie Lithium senkt den Grundwasserspiegel in den Abbauregionen und reißt Löcher in die Landschaft. 

Auf der anderen Seite erkauft man sich mit einer größeren Batterie eben auch viele Vorteile bei der Nutzung. Wer ein E-Auto mit großer Reichweite hat, wird es auch häufiger einsetzen, denn Fahrzeuge mit kleiner Reichweite zeigen sich für viele Einsatzszenarien ungeeignet oder müssen zu oft geladen werden. Ist die Batterie groß, ist man in mehrfacher Hinsicht flexibler. Und E-Autos mit großen Akkus haben in der Regel auch Ladetechnik an Bord, die ein schnelleres Befüllen des Stromspeichers erlaubt. Auch der Psychologie des Fahrers sind große Akkus zuträglich, denn sie verringern Reichweitenangst und möglichen Stress. 

Darüber hinaus wirkt sich die Größe auf den Alterungsprozess der Traktionsbatterie aus. Den entscheidenden Einfluss auf die Langzeit-Performance hat nämlich die Zahl der Ladezyklen, denn mit jeder Aufladung schrumpft auch die Leistungskapazität geringfügig. Dies wird auch als Degradation bezeichnet. Je mehr Ladezyklen, desto stärker der Kapazitätsverlust und damit die Alterung der Batterie. Stellt der Akku 400 Kilometer Reichweite bereit, altert er über den Lifecycle betrachtet nur halb so schnell wie eine Batterie mit 200 Kilometer Reichweite. Ein kostenintensiver Akkutausch wird mit zunehmender Größe der Batterie zunehmend unwahrscheinlicher, zumal bei einer in beiden Fällen sich verringernden Kapazität der größere Akku stets auch den größeren Puffer bietet. Eine bereits stark gesunkene Kapazität bei einer kleinen Batterie kann die Nutzung im Winter erschweren bis unmöglich machen, denn Kälte lässt die Reichweite weiter schrumpfen, was bei stark degradierten Batterien die Nutzbarkeit weiter einschränkt.

Eine allgemeine Empfehlung, welche Akkugröße denn nun richtig ist, kann es allerdings nicht geben. Das hängt eben auch von der persönlichen Lebenssituation und jeweiligen Nutzung ab. Wer möglichst wenig Ressourcen verbrauchen und das Klima möglichst schützen will, sollte sich für ein kleines E-Auto mit kleiner Batterie entscheiden. Ideal sind hier Leichtbaustromer der Klasse L7e wie etwa der in diesem Jahr startende Zweisitzer Microlino. Alternativ zu solchen Elektro-Zwergen bieten sich Pkw-Modelle wie die Basisversion des Fiat 500 oder des Mazda MX-30 an, die moderate Akkugrößen und Reichweiten um circa 200 Kilometer bereitstellen. Für den durchschnittlichen Berufspendler sollte ein solches Reichweitenfenster ausreichend viel Puffer bieten. Modelle mit kleineren Akkus empfehlen sich auch für diejenigen, die das E-Auto vornehmlich als Zweitwagen für die Stadt nutzen wollen. Wer hingegen nur ein Auto besitzen will, welches auch für längere Touren oder gar Urlaubsfahrten nutzbar sein soll, ist gut beraten, in einen größeren Akku zu investieren. Dann bräuchte es eben kein zweites Auto mit Verbrenner für die weiten Touren. Wer nur selten ein Auto für lange Strecken braucht, könnte sich dieses allerdings alternativ nur im Bedarfsfall mieten und ansonsten im Alltag sein E-Auto mit kleinem Akku nutzen. Was man beim Kauf eines Stromers mit kleiner Batterie spart, wird für viele Autoanmietungen reichen. 

Apropos Kosten: Wichtig bei der Frage nach der Batteriegröße ist immer auch das verfügbare Budget. In der Regel kostet größere Reichweite auch deutlich mehr Geld. Reichweitenriesen bewegen sich preislich trotz Innovationsprämie noch zumeist weit jenseits der 50.000 Euro. Wem ein kleiner Akku reicht, kann dank Umweltbonus in die E-Mobilität hingegen schon für knapp über 10.000 Euro einsteigen. Mit der kleineren Batterie sinkt auch die finanzielle Einstiegshürde in die klimafreundlichere Mobilität.

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