News: Drifttraining bei BMW Am liebsten quer

Es liegt was in der Luft über München in diesen Tagen. Nein, nicht der Duft von gebratenen Ochsen und gegrillten Hendln. Und auch nicht der von Bier oder dem Stoffwechsel-Endprodukt, das daraus im Laufe eines Abends literweise entsteht. Zumindest noch nicht. Jetzt riecht es vielmehr erst mal nach Benzin, nach heißem Motoröl und vor allem nach verbranntem Gummi. Denn während sich in den Zelten auf der Wies’n die ersten Touristen einschunkeln, bittet die BMW M GmbH vor den Toren der Stadt zu einem Fahrertraining der besonderen Art: „Kontrolliertes Übersteuern“ nennen die Scharfmacher aus Garching den Kurs, der nichts anders ist als eine gummimordende Gaudi für feinfühlige Gasfüße in hochmotorisierten Sportwagen.  

Schließlich geht es dabei einzig und allein um die Überwindung der Haftgrenze und den perfekten Drift. „Am liebsten quer“, umschreiben die Instruktoren die bevorzugte Gangart bei dieser Trainingseinheit und M-Chef Franziskus van Meel rühmt die Fahrt auf der letzten Rille als Verdichtung all dessen, was einen M-BMW ausmacht: „Da spürt man die DNA unserer Marke am besten“, singt der passionierte Schnellfahrer das Hohelied von Heckantrieb und Leistungsüberschuss und bittet zum Einstieg gleich mal auf die Nasshandling-Fläche.

Dort quietscht es zwar nicht und es gibt auch keinen Gummirauch. Doch dafür lässt sich der 432 PS starke M4 dort am leichtesten querstellen: Aber immer schön langsam, mahnen die Trainer. Man muss weder in den versprochenen 4,1 Sekunden von 0 auf 100 beschleunigen, noch die 280 Sachen ausfahren, die der Sechszylinder mit seinen Turbos so lässig abspult. Und auch die 550 Newtonmeter Drehmoment sind für diese Übung viel zu viel. Viel mehr als Tempo 30 braucht man nicht, dann reicht ein kurzer Gasstoß, damit das Heck nach außen drängt. Dann schnell gegenlenken, das Lenkrad eingeschlagen lassen und so fein mit dem rechten Fuß spielen, dass der Kraftmeier Karussell fährt.

Wenn Instruktoren wie BMW-Werksfahrer Martin Tomczyk das erzählen, dann klingt das wie ein Kinderspiel. Und wenn jeder dahergelaufene US-Schauspieler seine Reifen auf Youtube in Rauch aufgehen lässt, dann kann das doch nicht so schwer sein. Denkt man sich – und scheitert Runde für Runde aufs Neue. Immer und immer wieder stellt man den Wagen an, nur um ihn dann doch wieder ein Stück zu weit zu drehen. Soweit, dass man sich nicht mehr in einem BMW wähnt, sondern in einem Brummkreisel und plötzlich im Uhrzeigersinn fährt, wo man eben doch noch in der Gegenrichtung unterwegs war. Nie hatte ich mehr Respekt vor all den Rallyefahrern und vor Showstars wie Gymkhana-Profi Ken Block als bei diesem verkorksten Vergnügen. Doch irgendwann klappt es. Erst eine viertel Kreisbahn, dann eine halbe und dann plötzlich hat man den Bogen raus, lenkt den Wagen tatsächlich mit dem rechten Fuß und schaut dabei nicht mehr aus der Front- sondern aus der Seitenscheibe.

Kurz bevor der Magen doch noch in die Knie geht, haben die Instruktoren ein Einsehen. Erst wechseln sie die Richtung und dann sogar den Untergrund. Jetzt geht’s auf trockenen Asphalt und damit ans Eingemachte. Denn hier, wo die Haftung deutlich größer ist, hier braucht man mehr Tempo am Lenkrad und mehr Gas unter Fuß, damit der M4 sich tatsächlich querstellt und so einen heißen Tanz hinlegt, dass beißender grauer Qualm aus den Radkästen steigt und die Pirellis ihr Profil für den Spaß an der Freude aufreiben. Sollen die andren doch Kettenkarussell oder Riesenrad fahren – wer nicht Bier, sondern Benzin im Blut hat, für den gibt’s keine bessere Gaudi zur Wiesenzeit als den M4 im Schleudergang.

Kein Wunder, dass das Grinsen im Gesicht der Teilnehmer im Lauf des Nachmittags immer breiter wird. Aber mit den Fahrern hat auch der Mann vom Reifenservice gut lachen. Zwar wartet auf den am Ende des Tages noch eine Nachtschicht, weil die Gummis nach dem Training ziemlich runter sind. Doch dafür dürfte er an einem Trainingstag genug verdienen, dass es nach dem Werkstatteinsatz für ein paar Maß Bier im Festzelt reichen sollte.

Zwar üben sich die Teilnehmer kurz vor Schluss mehr schlecht als recht in den Asphalt-Signaturen und bekommen bisweilen sogar einen halbwegs sauberen Kreis hin. Doch Werksfahrer Tomczyk kann darüber nur lachen. Er steigt zum Ende des Tages in seinen ganz speziellen M3 im Wies’n-Design, der an einen über 30 Jahre alten M1-Rennwagen von Prinz Leopold von Bayern erinnert, und brennt seine Kringel so auf die Fahrbahn, dass man – wenn sich der Rauch erst mal verzogen hat –  eine schwarze, schmierige Brez’n auf der Fahrbahn sieht. Ozapft is scho längst, und jetzt gibt’s endlich auch was zum Essen dazu.

Natürlich klingt das Programm nach einer Schnapsidee, die nur aus einer Bierlaune zur Wies’n-Zeit entstanden sein kann. Erst recht, wenn dann noch ein einzigartiger M3 im Feld ist, der mit seinem speziellen Design aus Lüftelmalerei und Münchner Sehenswürdigkeiten den Wirten in ihren Festzelten gewidmet ist. Doch weil das Driften eine hohe Kunst ist und man dabei viel über die Beherrschung des Fahrzeuges lernt, steht der Trainingsbaustein „Kontrolliertes Übersteuern“ bei der M GmbH auch sonst auf dem Lehrplan. Für bescheidene 400 Euro aufwärts können sich die M-Kunden und alle, die es werden wollen, selbst im schnellen Querverkehr üben. Und wenn sich der Trainingsteilnehmer geschickt anstellt, darf er am Ende mit seinen Gummis tatsächlich auch auf den Asphalt malen. Allerdings gibt bei den normalen Trainings allenfalls Donuts, schränkt Werksfahrer Tomczyk ein. „Brenz’n brennen wir nur zur Wies’n-Zeit auf den Beton.“

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