Britischer Beutezug – Jaguar XE
Niemand braucht einen Jaguar, man muss ihn nur haben wollen. Ein von einem Augenzwinkern begleiteter, aber realistischer Ansatz von Ian Callum, dem Chefdesigner von Jaguar, bei der Präsentation des überarbeiteten XE. Die Begierde nach der britischen Nobel-Mittelklasselimousine, die 2014 auf den Markt kam, hält sich zumindest in Deutschland in Grenzen. Zu sehr dominieren die Modelle aus München, Stuttgart und Ingolstadt dieses Segment. Deshalb sollen neue optische und innere Reize des ab 43 690 Euro erhältlichen XE hierzulande Überzeugungsarbeit leisten.
Ein Tick mehr an Sportlichkeit
Außen hat Ian, seit 1999 Chefdesigner bei Jaguar, nur eingewirkt. Ein breiterer Kühlergrill und neu gestylte Stoßfänger sorgen für einen Tick mehr Sportlichkeit, Voll-LED Scheinwerfer sowie Blinker mit fließender Grafik runden das Update am elegant coupehaft gezeichneten Blechkleid des kleinen Jaguars ab. Bei den R-Dynamic-Modellen sorgen zudem an Flugzeugflügel erinnernde Profile an den vorderen seitlichen Kühllufteinlässen und der dunkel abgesetzte untere Teil der Heckschürze für mehr Performance.
Das neue Multifunktionslenkrad liegt gut in der Hand
Im Inneren ist jetzt hinsichtlich Qualität und Verarbeitung der verwendeten Materialien der Schulterschluss zu den deutschen Premiumherstellern gelungen. Das Hartplastik in Türverkleidungen, Armaturenbrett und Mittelkonsole ist ebenso Geschichte wie Stoffsitze. Heute fühlen sich die Oberflächen angenehm weich an und man nimmt ab Werk in Sitzen aus geschmeidiger Tierhaut Platz. Schicke Applikationen, auf Wunsch auch in feinen Edelhölzern, setzen sich bis in den hinteren Fahrgastraum fort. Das neue Multifunktions-Lenkrad unterhalb der im Stil eines „flight decks“ angeordneten beiden HD Touchscreens in den Größen 10 und 5,5 Zoll liegt gut in der Hand. Rechts davor erwartet die als erste in einem Jaguar überhaupt erhältliche induktive Ladestation das Smartphone des Fahrers. Schnell den Startknopf in der Mittelkonsole gedrückt, jetzt müssen die Freunde des bühnenreifen Auftritts des Automatik-Drehreglers aus der Versenkung tapfer sein. Den haben die Briten ersetzt durch den vom Jaguar F-TYPE inspirierten SportShift-Getriebewählhebel und einen Wippschalter für die Jaguar-Drive Control.
ClearSight ist nicht unbedingt jedermanns Sache
Der prüfende Blick in den Rückspiegel sorgt für eine Überraschung. Es erscheint das gestochen scharfe Bild einer auf dem Dach des XE angebrachten Weitwinkelkamera. Die ist zwar über jeden Sitzhühnen auf der Rückbank erhaben, allerdings müssen sich insbesondere Brillenträger an die rasch geforderte Fokussierung gewöhnen oder aber gleich auf den „normalen“ Rückspiegel umstellen. Oder auf das 600 Euro teure Detail gänzlich verzichten. Auch die Motorenpalette des XE hat Jaguar überarbeitet. Der handgeschaltete Einstiegsdiesel und der Basisbenziner flogen mangels Nachfrage aus dem Programm.
Topmodell erfüllt alle Wünsche nach Dynamik
Statt dessen arbeitet in diesem Jag jetzt ein Diesel mit 180 PS, wahlweise mit Heck- oder mit Allradantrieb, und zwei Benziner mit 250 PS (Heckantrieb) und 300 PS (Allradantrieb), immer in Kombination mit einer Achtgangautomatik von ZF. Der Diesel treibt die 1640 kg schwere Limousine mit einem maximalen Drehmoment von 430 Nm in den französischen Seealpen mit ordentlich Druck durch die Serpentinen. Sparfüchse unter den Fahrern der britischen Nobelmarke dürften sich über einen Verbrauch von um fünf Liter freuen. Verzeihliche knapp drei Liter mehr genehmigt sich das Topmodell, das mit 365 Nm alle Wünsche nach Dynamik und Geschmeidigkeit auch bei schneller Kurvenfahrt erfüllt, wofür Jaguar aber auch mindestens knapp 58 000 Euro in Rechnung stellt. Man muss ihn nur wollen, diesen Jaguar.
Text und Fotos: Solveig Grewe
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