Mr. Trump meinte ja letzthin, in Europa und speziell in Deutschland eher wenige Chevrolets auf den Straßen zu sehen. Mal abgesehen, davon wann wohl der Geschäftsmann mit Nebenjob „Präsident“ zum letzten Mal auf einer hiesigen Autobahn oder gar in einer Großstadt-City gewesen sein mag – es gibt durchaus noch eine sechsstellige Anzahl Chevrolets auf deutschen Straßen; Modelle wie der Kleinwagen Spark oder der kompakte Cruze waren ja keine Ladenhüter. Aber schließlich hat sich die ur-amerikanische Marke 2014 zugunsten von Opel (!) freiwillig aus Deutschland und später sogar aus ganz Westeuropa zurückzogen.
Viel seltener als einen Chevrolet sieht man hierzulande dagegen einen Cadillac, jenen vielbesungenen Inbegriff eines amerikanischen Luxusautos. Doch, die Marke gibt es noch und sie ist in Nordamerika durchaus nicht selten im Straßenbild anzutreffen. Und auch in Deutschland kann man einen Cadillac ganz offiziell erwerben, also ohne einen Privatimporteur bemühen zu müssen. Und damit übrigens gleichzeitig seinen Beitrag zum von interessierter Seite ständig angemahnten Ausgleich der deutsch-amerikanischen Handelsbilanz sorgen. Warum also nicht mal einen Cadillac, dachten wir uns? Und – wenn schon, denn schon – dann auch gleich die Top-Limousine, denn der CT6 will ja schließlich gegen die deutsche Elite namens S-Klasse oder 7er BMW reüssieren. Da darf er gleich mal zeigen, ob er was und was er kann.
Seit Herbst letzten Jahres gibt es die 5,18 Meter lange Limousine also in Deutschland zu kaufen. Und wie es sich gehört, verzichten die Amerikaner nicht nur und wenig überraschend auf einen, in der Heimat sowieso unverkäuflichen, Diesel, sondern auch auf jegliche elektrische Unterstützung für den Sechszylinder-Benziner. Wozu auch eine Batterie mitschleppen, wenn man doch drei Liter Hubraum unter der Haube hat?
Und der Twinturbo ist beileibe kann Säufer nach alter US-Manier, sondern ein modernes Aggregat, sogar mit Zylinderabschaltung. Klar, 11,2 Liter Testverbrauch (Norm: 9,8 Liter) sind nicht wirklich sparsam, aber insgesamt und angesichts von 417 PS doch in Ordnung. Ein dickes Lob gibt es zudem für das prima abgestimmte Fahrwerk, dank dem sich der CT6 trotz 20-Zoll-Rädern überraschend agil und komfortabel bewegen lässt. Das dürfte auch am geringen Leergewicht liegen. Fast zwei Drittel der Karosserie bestehen aus Leichtmetall, der CT6 wiegt nur 1,95 Tonnen. Das ist deutlich weniger, als etwa eine ähnlich motorisierte S-Klasse auf die Straße bringt. Schade, dass die Lenkung diese Dynamik dem Fahrer nicht richtig vermitteln kann, dafür gibt sie einfach zu wenig Rückmeldung. Wiederum auf der Höhe der Zeit zeigt sich dagegen die Achtgang-Wandlerautomatik, nur in einigen Situationen, zum Beispiel beim Anfahren, neigte sie zu leichtem ruckeln.
Auch der serienmäßige Allradantrieb trägt zum überraschend sportlichen Auftritt des Amerikaners bei. In der Normalstellung werden 60 Prozent des Drehmoments an die Hinterachse geleitet, 40 Prozent nach vorne. Stellt man auf Sport-Modus werden 20 Prozent von vorne nach hinten abgezweigt. So lässt sich der Caddy mit viel Fahrspaß bewegen, ohne dass er seine Langstreckentauglichkeit einbüßen würde. Zu der übrigens die dicken Ledersitze mit Massagefunktion ihren Teil beitragen. Auch die Instrumentierung im Innenraum überzeugt überwiegend, lediglich durch die nicht immer einer Logik folgenden Funktionen des großen Touchscreen-Monitors muss man sich erst einmal durcharbeiten. Ach ja, beim Urlaubsgepäck ist Vorsicht angebracht. Der Kofferraum bietet mit 433 Litern doch zu wenig Stauraum. Hier hat man wohl einige Zentimeter Tiefe für die Fondpassagiere abgezweigt, denn die sitzen richtig gut.
Optisch ist der CT6 ein Statement und zeigt mit seinen messerscharfen Bügelfalten und dem riesigen Kühlergrill typisch amerikanisches Selbstbewusstsein. Wo die deutschen Premiums auf Zurückhaltung größten Wert legen, geht der Ami viel unbekümmerter zu Werke und signalisiert: Mein Fahrer hat es geschafft und jeder darf /soll es sehen.
Was man übrigens nicht erwarten darf ist ein Dumping-Preis. Es gibt eine ganz gut ausgestattete Luxury-Version für 73.500 Euro. Das ist ein gutes Angebot. Richtig Spaß macht aber eigentlich nur die von uns gefahrene Platinum-Variante. Für satte 21.000 zusätzliche Euro ist hier alles an Bord, vom in drei Stufen einstellbaren Fahrwerk (Magnetic Ride) über eine aktive Hinterachslenkung, elektrische Liegesitze hinten und Head-up-Display bis zur Bose-Soundanlage mit 34 Lautsprechern und noch einiges mehr. Und wie man in Europa Geld verdient haben die Amerikaner schon immer gewusst: Alle Farben sind aufpreisfrei, solange es sich um den schwarzen Basis-Lack handelt. Alle anderen Töne kosten zwischen 750 und 1.500 Euro Aufpreis. Also ehrlich Mr. President, das ist doch jetzt kein wirklich fairer Deal. (Peter Eck/SP-X)