Cupra Born – Der milde Wilde

Der Cupra Born mimt den coolen Typen unter den MEB-Ablegern. Hinter der vielversprechenden Außenhaut steckt jedoch weniger ein heißblütiger Sport- als vielmehr ein guter Alltagswagen.

Optisch ist der Cupra Born ein starkes Statement. Das wilde Sickenspiel, gummibedampfte Riesenräder mit Kupferakzenten, Spoiler, Blades, Diffusor und der böse Blick lassen ein temporeiches und betont sportliches Fahrvergnügen erwarten. Doch im Praxistest haben wir den leidenschaftlich wirkenden Bruder des nüchternen VW ID.3 doch anders erlebt. Wichtigste Erkenntnis: Er fährt sich nicht ganz so wild, wie es sein expressives Styling vermuten lässt. Dafür sind es andere Talente, mit denen der in Zwickau gebaute Spanier überrascht. Außerdem: Obwohl der Cupra Born mit kleinem Akku und schwächstem Motor angetreten ist, bietet er ein Leistungs- und Reichweitenniveau, das ihn sogar für Einsätze auf ausgedehnteren Autobahntouren qualifiziert. 

Sportlich oder nicht?

In Zahlen ausgedrückt sind es ein 150 kW/204 PS starker Heckantrieb sowie eine 58 kWh große Batterie, die den Basis-Born antreiben. Bei Ampelsprints muss der kompakte Cupra damit keinen Gegner fürchten. Zwar klingen die 7,3 Sekunden für den 100-km/h-Sprint theoretisch nicht nach Sportwagenniveau, doch das volle Beschleunigungspotenzial lässt sich lässig und spontan abrufen. Der forsche Gasbefehl wird jedenfalls äußerst konsequent umgesetzt. Während sich der Porsche-Fahrer auf der Nebenspur gerade überlegt, den ersten Gang einzulegen, fährt man im Born bereits auf die nächste Ampel zu. Zurückhaltend ist hingegen die Höchstgeschwindigkeit, denn in dieser Antriebskombination sind nicht mehr als 160 km/h drin. 

Fond und Kofferraum sind für den Familienalltag gut dimensioniert. Auch vorderen Gästen bietet der 4,32 Meter lange Fünftürer ein ordentliches Platzangebot, zumal die weit nach vorne reichende und tief heruntergezogene Frontscheibe ein Raumgefühl auf Oberklasseniveau vermittelt. Dazu passt auch das niedrige Geräuschniveau aufgrund des nahezu lautlosen E-Antriebs. Der Stromer bietet ein Akustikkomfort, wie man ihn früher in der Luxusklasse erleben konnte. Für das geräuscharme Gleiten der Neuzeit muss man allerdings deutlich weniger investieren.

Verkehr und Temperatur haben Einfluss auf Reichweite

37.220 Euro sind es übrigens, die Cupra für die Version mit kleiner Batterie aufruft, die laut WLTP-Messung für 424 Kilometer reichen soll. Praktisch sind es deutlich weniger. Im Stadtverkehr und bei Außentemperaturen knapp oberhalb des Gefrierpunkts waren bei uns nur etwas mehr als 300 Kilometer drin. Auf der Autobahn im Normalfahrmodus schrumpfte der Radius auf 250 Kilometer. Damit lassen sich aber durchaus auch weitere Touren bewältigen. 

So sind wir mit vollem Akku zu einer rund 330 Kilometer langen Fahrt mit einem auf 120 km/h gesetzten Tempomat aufgebrochen. Nach etwas mehr als 200 gefahrenen Kilometer und mit etwas über 40 Kilometer Restreichweite hat uns das Navi einen Tankstopp an einer Autobahnraststätte empfohlen. 33 Minuten dauerte es anschließend an einer 150-kW-Ladesäule, die zwischenzeitlich über 100 kW Ladestrom lieferte, um 37 kWh Strom nachzufüllen, was uns mit einem komfortablen Reichweitenpolster für die restliche Strecke versorgte. Insgesamt war der Born mit einem Verbrauch von fast 23 kWh pro 100 Kilometer nicht das sparsamste E-Auto im bisherigen Testzyklus.

Mittlerweile ist Stromern günstiger als Diesel

Am Reiseziel haben wir mangels Wallbox an einer Haushaltsteckdose knapp über 40 kWh nachgeladen, was über 20 Stunden dauerte und ungefähr 13 Euro kostete. 100 Kilometer haben bei der Autobahntour inklusive Schnelllader ziemlich genau 10 Euro gekostet. Es ist noch nicht lange her, da war man mit einem Diesel günstiger unterwegs, doch angesichts weiter explodierender Spritpreise sind E-Autos aktuell die eindeutig günstigere Alternative. Wird der Born sparsam bewegt und mit billigem Haushaltsstrom, gerne auch via Wallbox betankt, lassen sich die Energiekosten nahezu halbieren. Apropos Sparpotenzial: Wird die Innovationsprämie von 9.570 Euro beantragt, sinkt der faktische Preis für den Basis-Born auf 27.650 Euro.

Richtig gut gefallen und überzeugt haben uns die Infotainment-Technik und das optionale Head-up-Display. Das eigene Smartphone ist schnell verbunden, was unter anderem die Möglichkeit schafft, gespeicherte oder gestreamte Musik abzuspielen und die Freisprecheinrichtung zu nutzen. In einer Ladeschale versorgte sich das Handy ohne Kabelanschluss zudem mit Strom. Darüber hinaus hat uns das Head-up-Display mit seiner Augmented-Reality-Funktion immer wieder Symbole und Grafiken ins Blickfeld projiziert, die dann wie Verkehrsschilder wirken und für eine bessere Orientierung sorgen. Hier bietet die Technik ein schickes und auch praktischen Ineinandergreifen von realer und virtueller Welt. Vieles spricht also für einen Cupra Born, auch wenn man in der Basis vielleicht weniger Performance bekommt als man angesichts der starken Optik vielleicht erwarten würde.

Technische Daten

Fünftürige, fünfsitzige Limousine der Kompaktklasse; Länge: 4,32 Meter, Breite: 1,81 Meter (mit Außenspiegeln: 2,07 Meter), Höhe: 1,54 Meter, Radstand: 2,77 Meter, Kofferraumvolumen: 385 – 1.267 Liter

Elektromotor; 150 kW/204 PS, maximales Drehmoment: 310 Nm ab 1 U/min, Heckantrieb, Eingang-Automatik, 0-60 km/h: 3,4 s, 0-100 km/h: 7,3 s, Vmax: 160 km/h, Batteriegröße: 58 kWh, Reichweite: 395 – 424 Kilometer, Normverbrauch: 15,5 – 16,7 kWh/100 km., CO2-Ausstoß: 0 g/km, Effizienzklasse: A+, Testverbrauch 22,6 kWh
Preis: 37.220 Euro

Kurzcharakteristik 

Warum: weil er ein guter Alltagsstromer mit einer sehr emotionalen Ausstrahlung ist
Warum nicht: weil er in einigen Punkten das dynamische Versprechen der Marke Cupra nicht einlösen kann
Was sonst:  VW ID.3, Hyundai Ioniq 5, Renault Megane E-Tech