Das Wohnzimmer am Ring: N24h ganz britisch.

Die Sache mit dem 24h Rennen am Nürburgring ist die: auch wenn man eigentlich durchaus immer wieder von Herstellern an den Ring eingeladen wird, um gemütlich in Hotels oder Bungalows zu nächtigen, geht die wirkliche Party draußen ab. Entlang der Nordschleife, wo die Fans kreuz und quer zwischen Leitplanke und Wald ihre Zelte, Camper und verrückte Eigenkonstruktionen platziert haben. Wie lässt sich diese Atmosphäre also bestmöglich inhalieren, gleichzeitig aber der Luxus eines feinen Hotels genießen?

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Szenenwechsel: wir stehen an einer Kreuzung in München entlang der Heinrich-Wieland-Straße, unweit des Innsbrucker Ring. Es ist Freitag, der Tag vor dem 24h Rennen. Der Kofferraum ist bis zum Anschlag gefüllt, der Tank ist voll und das Ziel Nürburgring im Navi programmiert, während sich die Massagefunktion in den Sitzen schon jetzt bemüht, den Rücken möglichst gut für die bevorstehenden 600 Kilometer vorzukneten.

Die Ampel geht auf Grün, der rechte Fuß auf’s Gas, der linke bleibt noch ein wenig auf der Bremse. 571 PS sind genug, um die Abfahrt zum Motorsporthappening des Jahres mit ein wenig Qualm gebührend einzuleiten. Es passt alles. Wäre da nicht diese zarte Kühlerfigur auf der gefühlt endlosen Haube: mal Emily, mal Eleanor genannt. Sie weist uns den Weg zum Ring, in unserem, diesem allerfeinsten Luxuswohnzimmer. Zugegeben: auch uns erscheint es ein wenig surreal, dass wir uns nun tatsächlich in einem Rolls-Royce Ghost II auf dem Weg zum Nürburgring machen.

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Doch wenn man es mal genauer betrachtet, gibt es an und für sich auch kaum besseres für ein paar Nächte am Ring. Campingwagen kann eh jeder, Zelte sind nass und kalt, normale Autos unbequem. Doch hier, in diesem britischen Luxuswohnzimmer, werden große Geschütze aufgefahren: feinstes Leder, ein Soundsystem der Extraklasse und ein Teppich, der so manche Luxusvilla alt aussehen lässt. Der Begriff „Fußmatte“ wäre hier eher eine herbe Beleidigung, versteht man darunter zumeist eher keine flauschigen Lammfellteppiche. Eigentlich wäre es eine feine Sache, könnte man alle Sitze komplett auf eine flache Ebene bringen und würde diese gesamte Fläche mit Lammfellteppichen beziehen – ein besseres Bett wäre kaum vorstellbar. So müssen es eben die feinen Ledersessel für die Nacht tun.

Wie man nun aber mit dem 366 Kilo teuren Rolls stilsicher zum Campingplatz kommt? Ganz klar: über die Zufahrtswege, welche eben meist auch etwas Bodenfreiheit erfordern. Kein Problem, ein echter Rollator zeigt sich flexibel, pumpt das Fahrwerk auf Wunsch auch ein paar Zentimeter in die Höhe und federt sich damit so komfortabel durch’s Gelände, dass selbst die Dose Früh Kölsch auf dem hinteren Tisch an Ort und Stelle bleibt.

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Überhaupt, sieht es mit Annehmlichkeiten ganz gut aus, insbesondere im Fond. Zwei separat einstellbare Sessel, getrennt durch eine Armlehne, die der Steuerungsbrücke der Enterprise gleicht und das gesamte Infotainment im Griff hat. Praktisch, denn das größte Problem – befindet man sich beim 24h Rennen live an der Strecke – ist doch eben auch, dass man vom Rennen, ein paar vorbeifliegende Rennwagen einmal ausgenommen, meist gar nicht so viel mitbekommt. Im Ghost legst Du dich einfach entspannt danieder, verfolgst über die hinteren Bildschirme entspannt per DVB-T die Fernsehübertragung des Rennens, während du von außen die volle Ladung Rennatmosphäre und Sound auf die Ohren bekommst und genüßlich von deinem Kölsch schlürfst.

Gut, wer es lieber dezent mag und bevorzugt, eher inkognito zu reisen, der ist hier selbstredend völlig falsch aufgehoben. Mit einem Rolls-Royce auf den Campingplätzen im Schwalbenschwanz wäre dir die Aufmerksamkeit auch dann noch sicher, wenn nebenan auf der Strecke das ganz große Drama losbrechen würde.

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Doch allem Wohlfühlambiente zum Trotz, ein bisserl was gibt’s natürlich trotzdem zu meckern: einerseits ist ein leerlaufender V12 nun sicher nicht die günstigste Form einer Standheizung. Andererseits liegt es sich zum schlafen halt auch nicht so ganz bequem. Sessel sind eben keine Liegestühle und eine Rückbank, welche Insassen eher separieren soll, ist dann auch nicht die komfortabelste Liegefläche. Doch sei’s drum: besser kann ein Kölsch bei den 24 Stunden eigentlich kaum schmecken, als in den Lounge-Sesseln eines Rolls-Royce irgendwo im Hatzenbach. Leckerer, als aus dem V12-Warmhaltefach, ist eine Currywurst kaum zu genießen und sowieso: viel besser als in diesem britischen Wohnzimmer, ist’s bei den 24 Stunden kaum auszuhalten. Sicher, man könnte ins Lindner oder Dorint, beiden fehlt es aber an Luxus. Und sie stehen eben nicht im Schwalbenschwanz. Inmitten brennender Fässer, trinkender Fans, dröhnender Partymucke und schreiender Motoren.

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Insofern: viel Spaß all denen, die sich nun über’s Wochenende wieder in ihren kalten, nassen Zelten die Nächte um die Ohren schlagen dürfen – wir denken derweil mit Genuss an die Stunden im britischen Wohnzimmer.

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