Die Zukunft von Infiniti in Deutschland, ein Interview mit Fintan Knight

Interview mit Fintan Knight, Vice-President Infiniti Europa

Die Zukunft der Marke Infiniti in Deutschland

mein-auto-blog: Hr. Knight bevor Sie die Aufgabe als Vize-Präsident für die Marke Infiniti angenommen haben, waren Sie in der Geschäftsführung von Lamborghini. Wenn man zuvor für italienische Supersportwagen verantwortlich war, was reizt den Menschen Fintan Knight dann an einer asiatischen Premium-Marke?

Fintan Knight:  Die Marke Infiniti existiert heute im Prinzip erst einmal nur in den USA. In Europa fangen wir mit einem weißen Blatt Papier an. In vielen Jahren in der Automobil-Industrie habe ich erlebt, wie schwierig es ist, Veränderungen umzusetzen. Wenn in einem etablierten Unternehmen der Designer zum Vorstand kommt, dort 1.000 neue Ideen präsentiert, dann ist dieser zunächst begeistert. Aber dann setzen die Prozesse der Automobilindustrie ein. Die Frage was mit den aktuellen Produkten passiert, wenn man diese Ideen so umsetzt. Am Ende bleibt nicht viel übrig von den 1.000 neuen Ideen. Die Automobil-Industrie wird in den Medien oft als „Dinosaurier“ verspottet und vergleicht man unsere Industrie mit modernen Unternehmen wie Apple, dann versteht man auch die Problematik hinter den Prozessen unserer Industrie.

Infiniti ist eine Marke die jung ist. Wir haben nun die Chance eine moderne, eine zeitgemäße Premium-Marke zu etablieren.

Wir werden die Chance nutzen und Infiniti nicht als die „Nissan-Plus“ Marke aus den USA etablieren, sondern etwas neues aufbauen. Moderne Techniken, kurze Entwicklungsprozesse. Mit der „Steer-by-wire“ Technik des neuen Q50 haben wir bereits ein erstes Beispiel für unsere Innovationskraft präsentiert.

Als Führungskraft war diese Vorstellung sehr attraktiv. Wir können jetzt, hier bei INFINITI neue Ideen umsetzen, kreativ sein und auch ein wenig Risikofreudiger was die Entwicklung von neuen Produkten angeht.   

mein-auto-blog: Hr. Knight in den letzten 12 Monaten ist auf dem deutschen Markt viel passiert, nur die Marke Infiniti wird vermisst. Scheuen Sie den Wettbewerb, oder ist dies eine Folge der aktuellen Führungslosigkeit?  (Anmerkung: Infiniti Deutschland hat derzeit keinen Geschäftsführer.)

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Sebastian von Passion:Driving hat in Genf mit Gert van Avondt über die Marke Infiniti gesprochen. Aber auch über den Q50 Eau Rouge und die Zukunft der Marke. Wer sich also für Infiniti interessiert, sollte auch sein Interview lesen! 

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Fintan Knight:  Wir scheuen den Wettbewerb nicht. Aber wir sind erst am Anfang. INFINITI ist eine kleine Marke und wir bauen erst jetzt die Marke „INFINITI“ auf und das geht nur Schritt für Schritt. Auch wenn wir einen sehr erfolgreichen Mutterkonzern (Anmerkung: Nissan) haben, wir haben erst vor kurzen unser erstes neues Produkt für den Europäischen Markt vorgestellt. Der Infiniti Q50 ist erst seit Dezember 2013 auf dem deutschen Markt. Und wir fangen gerade erst an, die Qualitäten des Fahrzeuges und die Philosophie der Marke INFINITI zu kommunizieren.

Uns ist aber auch klar, der deutsche Markt ist nicht einfach.

mein-auto-blog:  Der Q50 ist der erste INFINITI der für den Europäischen Markt eingeführt wurde. Wie wird der Wagen bislang angenommen?

Fintan Knight:  Das Interesse am neuen Q50 ist extrem groß. Wir haben eine Rekord-Nachfrage nach Informationen und Testfahrten generiert. Der Q50 trifft in Deutschland auf großes Interesse. Uns ist aber auch klar, wir werden nicht von heute auf morgen der größte Konkurrent für den 3er von BMW oder die C-Klasse von Mercedes, aber es ist ebenso deutlich zu sehen: Der Q50 weckt das Interesse und beeindruckt die Kunden.

Und um dieses neue Interesse herum, bauen wir die Marke Schritt für Schritt auf.

mein-auto-blog: Es gab in der Presse durchaus auch kritische Stimmen zur Drive-by-wire Technik im Automobilbau. Sie sind der erste Hersteller der diese Technik im Serien-Automobil anbietet und es gibt Kommentare die sagen, der Q50 hätte ein zu synthetisches Lenkgefühl. Haben Sie damit gerechnet?

Fintant Knight: Natürlich haben wir damit gerechnet. Aber es war auch schwer die Menschen von anderen Neu-Entwicklungen zu überzeugen. Wenn wir den umgekehrten Weg gehen würden und einen Autofahrer der nur „Digital-Steering“ kennt, hinter das Lenkrad eines klassischen Fahrzeuges setzen würden. Was würde der wohl für eine Erfahrung machen? Ohne moderne aufwendige Mehrlenker-Vorderachsen schlecht reden zu wollen, so ist es doch einfach so, dass wir gerade in der Automobil-Industrie gerne an bekannten Lösungen festhalten, anstatt neue Wege zu gehen. In der Luftfahrt ist „fly-by-wire“ längst der Standard. Ich denke wir sind hier mindestens einen Schritt voraus.

mein-auto-blog:  INFINITI ist eine Tochter des Nissan-Konzerns (Renault-Nissan Allianz), werden wir denn in der Zukunft Nissan und Infiniti-Modelle in einem gemeinsamen Showroom stehen sehen?

Fintan Knight: Die Marke Infiniti unterscheidet sich in der Wahrnehmung von der Marke Nissan. Im Prinzip können auch bestehende Nissan-Händler die Marke INFINITI verkaufen. Aber die Präsentation wird getrennt laufen. Die Marke Infiniti bietet ein Service- und Dienstleistungslevel der besonderen Art. Alleine schon deswegen bedarf es in der Wahrnehmung der Marke, einer Trennung von Nissan und Infiniti.

mein-auto-blog:  Der Q30 wird zusammen mit Nissan auf einer gemeinsamen Plattform der Renault-Nissan Alliance produziert. Der Q50 bekommt Dieselmotoren von Mercedes-Benz. Wenn man sich das überlegt, dann haben wir hier ein Konglomerat aus vier Konzernen, aus vier Philosophien. Wie stellt man sicher, dass hier jede Marke einen eigenen Charakter erhält?

Fintan Knight: Ein Fahrzeug kann man nicht alleine auf die Komponenten reduzieren. Das ist wie mit der Sprache. Das deutsche und das italienische  Alphabet sind nahezu identisch dennoch würde ich Poesie immer lieber in italienischer Sprache hören.  Je mehr digitale Technik in die Fahrzeuge einzieht, desto einfach wird es, dem Fahrzeug einen eigenen Charakter schaffen. Schaut man sich einen Tesla an. Das ist ein Alu-Chassis ein paar Drähte und eine iPhone-Batterie und daraus schafft TESLA eine ganz neue Erfahrung für Autofahrer. Wichtig ist, dass Allianzen funktionieren und Renault-Nissan zeigt wie gut eine solche Allianz im Sinne des Kunden funktionieren kann. Es gibt viele Beispiele in der Automobilgeschichte, wo es eben nicht so gut funktionierte.

mein-auto-blog: Die Hardware ist also austauschbar oder wird es werden. Man teilt sich gemeinsame Bodengruppen und auch gleiche Zulieferer. Werden Automobil-Hersteller zu Software-Herstellern? Verpassen Hersteller ihren Fahrzeugen in der Zukunft nur noch ein Image, programmiert über Software-Einstellungen? Dazu auch die Frage: Wie authentisch ist der Renault-Dieselmotor im Mercedes und der Mercedes-Dieselmotor im Infiniti?

Fintant Knight:  Nein. Premium-Marken brauchen ein authentisches Erlebnis ihrer Marke. Niemand fährt nur einen Dieselmotor. Die Menschen fahren Autos die von einem Dieselmotor angetrieben wird und damit gewisse Ähnlichkeiten. Aber die Frage ist, was treibt die Sinne des Autofahrers? Und hier spielen andere Faktoren eine größere Rolle, als die Frage, wo ein Motor gebaut wurde. Natürlich ist die Frage nach der Technik-Substanz wichtig. Aber bereits heute erhalten Motoren ihre ganz eigenen Charakter durch die Motorsteuergeräte und deren Abstimmung. Ein Infiniti wird immer durch einen ganz eigenen Charakter geprägt sein.

mein-auto-blog: Sie haben bereits mehrfach die Studie des neuen Kompaktmodells gezeigt. Wann kommt der Q30 getaufte Kompakte zu den Kunden?

Fintan Knight: Der Q30 wird 2015 auf den Markt kommen.

mein-auto-blog: Sie haben in Detroit den Q50 Eau Rouge vorgestellt. Hier in Genf haben Sie nun das Geheimnis um die Motorisierung des Eau Rouge gelüftet. Ein 560 PS starker V6 der im Prinzip aus den Nissan GT-R bekannt ist. Bislang haben Sie keine Entscheidung getroffen. Was muss passieren damit Sie die Produktion nun beginnen?

Fintan Knight: Der Q50 Eau Rouge ist in kurzer Zeit entwickelt worden. Wir haben bislang noch keine Entscheidung getroffen, aber ich denke, die Entscheidung über die Serienfertigung wird in absehbarer Zeit getroffen.

 

Vielen Dank an Infiniti Deutschland für das offene Gespräch und die interessanten Antworten. Das Gespräch wurde von mir auf dem Genfer Automobilsalon (Anfang März) geführt.

In der Zwischenzeit hat Fintan Knight das Unternehmen INFINITI verlassen. 

Aus der Pressemeldung von INFINITI über das Ausscheiden von Fintan Knight:

 „Fintan Knight hat eine wichtige Rolle bei der Schärfung des Profils von Infiniti als moderne, junge und herausfordernde Marke gespielt. Gleichzeitig hat er die EMEA Organisation in Vorbereitung auf das zukünftige Wachstum transformiert. Ich bin dankbar für seinen Einsatz und wünsche ihm das Beste für seine zukünftigen Unternehmungen.“

Zitat: Johan de Nysschen

Kommentar:

Irgendwie habe ich kein gutes Händchen für diese Art der Interviews. Im September 2013 habe ich ein Interview mit Christian Blank geführt, damals noch „Director Central Europe“. Kurz darauf verließ er das Unternehmen. Nun wiederholt sich die Geschichte bei Fintant Knight, allerdings auf der EMEA-Ebene.

Im Interview habe ich das Macht-Vakuum für die Geschäftsführung auf dem deutschen Markt angesprochen – ein erneuter Wechsel an der Führungsspitze wird die Probleme beim Start der Marke in Deutschland nicht kleiner werden lassen. Es bleibt nun abzuwarten, welche Impulse der neue Vice President EMEA, Francois Goupil de Bouille setzen kann und ob die Organisation für die Kernmärkte Europas auf feste Füße gestellt werden kann.

Hier die Pressemeldung zum Wechsel:

Hongkong/Rolle, Schweiz. François Goupil de Bouillé wurde zum Infiniti Vice President EMEA (Europa, Naher Osten und Afrika) ernannt. Ab 1. April wird Goupil de Bouillé die Leitung aller Infiniti Geschäfte sowie der Wachstumspläne in dieser Region übernehmen. Er folgt auf Fintan Knight, der seine zukünftigen Interessen außerhalb des Unternehmens wahrnehmen wird.

Goupil de Bouillé ist derzeit Vice President Global Operations für Infiniti mit Sitz in Hongkong. Zudem trägt er die Marktverantwortung für die Region Asien und Ozeanien. Er wird seine neuen Aufgaben vom Infiniti EMEA Headquarter in Rolle in der Schweiz ausüben und weiterhin an Johan de Nysschen, President Infiniti Motor Company Ltd. berichten.

„François Goupil de Bouillé ist eine bewährte Führungskraft im Automobilbusiness und verfügt über umfassende Kenntnisse in Europa. Als einer unserer erfahrensten Senior Executives blickt er auf eine beeindruckende Erfolgsgeschichte zurück. Ich freue mich, dass er diese Führungsposition übernimmt, besonders in der Vorbereitungsphase zur bevorstehenden Einführung des Q30 2015“, meinte de Nysschen. „Fintan Knight hat eine wichtige Rolle bei der Schärfung des Profils von Infiniti als moderne, junge und herausfordernde Marke gespielt. Gleichzeitig hat er die EMEA Organisation in Vorbereitung auf das zukünftige Wachstum transformiert. Ich bin dankbar für seinen Einsatz und wünsche ihm das Beste für seine zukünftigen Unternehmungen.“

Infiniti fährt fort, seine Position in Europa signifikant auszubauen. Ein 2,2l-Dieselmotor wurde kürzlich zum Portfolio hinzugefügt, um im Speziellen den Bedürfnissen der europäischen Kunden gerecht zu werden. Ein 2,0l-Benzinmotor wird im Herbst folgen. Die mehrfach ausgezeichnete neue Sportlimousine Infiniti Q50 zielt derzeit auf den Kern des europäischen Premium-Segments. Im nächsten Jahr wird mit der Produktion des Premium-Kompaktmodells Infiniti Q30 im britischen Sunderland begonnen, um nahe an den anspruchsvollen europäischen Kunden zu sein.

Goupil de Bouillé besitzt langjährige Erfahrung in der Automobilbranche und war über 30 Jahre für Ford und Nissan tätig. Seine erfolgreiche internationale Karriere beinhaltet Führungspositionen in den Bereichen Sales, Marketing und Aftersales in den Ländern Frankreich, Ungarn, der Schweiz und Russland. Mit dem Ende des Fiskaljahres 2013 am 31. März wird Infiniti einen neuen globalen Verkaufshöchststand mit rund 179.000 weltweit verkauften Fahrzeugen erreichen. Unter Goupil de Bouillés Führung entwickelte sich Nissan zur führenden japanischen Marke in Russland und konnte seinen jährlichen Verkaufszahlen von 50.000 auf 150.000 Einheiten verdreifachen.

François Goupil de Bouillé ist Franzose und hält einen Master-Abschluss der EM Lyon Business School.

 

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