Zum Jahresbeginn gönnen wir uns eine große Portion Fortschritt. Der beinhaltet neuerdings auch Gefühle. Und Superhelden.
Das neue Jahr startet die Autobranche wie inzwischen üblich auf der Consumer Electronics Show, kurz CES, in Las Vegas. Wie inzwischen genauso üblich sehen wir dort weniger neue Autos als vielmehr Ideen zur Mobilität von morgen und übermorgen und wie damit und vor allem mit den nebenbei anfallenden Daten Geld verdienen könnte. Zwischen allerlei Superchips und Supersensoren fällt die gute Handvoll Autos auf, die es tatsächlich physisch auf die Messe geschafft haben. Wobei wir uns nicht so ganz sicher sind, wie die jeweiligen Studien zu bewerten sind. Braucht die Welt flache Limousinen mit 7 Quadratmeter Glasdach und fast 700 PS oder riesige Pick-ups auf gleicher technischer Basis? Man weiß es nicht. Eher schon die fahrerlosen sogenannten People-Mover, deren neueste Ausbaustufe sich schon in nicht allzu ferner Zukunft auf die Straße trauen und nebenbei das Problem fehlender Fahrer für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs lösen könnte.
Ob Autos, die ihre Farbe wechseln, in Zukunft angesagt sind, ist uns auch nicht so ganz klar. Aber der Farbwechsel, oder besser gesagt die Möglichkeiten dahinter, dienen ja nicht der puren Angeberei, sondern natürlich der Kommunikation, lernen wir von BMW-Chef Zipse. Das Auto als fühlendes Wesen verbirgt sich hinter der Studie Dee und das Kürzel wiederum steht für digitale, emotionale Erfahrung und funktioniert sogar auf Deutsch halbwegs verständlich.
In der Praxis stellen wir uns das ähnlich vor, wie heutzutage Jugendliche via Instagramm oder Whatsapp Beziehungen starten und beenden. Oder wenn der Videospiel-Avatar sich in Gefahr begibt und dann doch keine sieben Leben hat. Traurig, aber digital. Vielleicht sind die digital-emotionalen Erfahrungen aber auch ganz anders. Einer unserer nicht ganz so digital-nerdigen Freunde beispielsweise neigt dazu, sein Smartphone als digital-emotionale-Erfahrungsquelle bei Nichtfunktionieren einer Anwendung mit einem finalen Aufprall an der nächsten Wand zu bedrohen. Hier treffen dann digitale und analoge Erfahrung aufeinander. Das muss nicht immer gut gehen, sollte bei der Autoentwicklung aber mitbedacht werden.
Lobend möchten wir erwähnen, dass BMW anscheinend unser zwischen den Zeilen hin- und wieder geäußertes Unbehagen an immer größeren Bildschirmen verstanden hat und in der Dee-Studie die Displays gleich ganz weglässt. Stattdessen verschmelzen Realität und Fiktion mittels eines riesigen Head-up-Displays auf der gesamten Frontscheibe. Auf den Seitenscheiben lässt sich die Funktion Fenster in Zukunft ausblenden zugunsten anderer Welten. Wir sind uns auch nicht ganz sicher, ob das eine gute Idee ist, aber Innovationen müssen schließlich sein.
Das sagte sich auch die Entwicklungsabteilung von Mercedes und nahm sich eines uralten Problems an. Seit Jahrzehnten verschmähen die modernen, sportlichen Kunden den früher üblichen, altherrlichen Wackeldackel auf der damals noch Hutablage genannten Abdeckung vor der Heckscheibe. Zur CES wurde nun die Lösung für den Wackeldackel der Neuzeit präsentiert: der Superdackel.
Mercedes-Benz x SUPERPLASTIC_CES
Mercedes-Benz x SUPERPLASTIC_CES
Der steht aufrecht, sieht aus, als hätte die Dackelmama ein Techelmechtel mit einem Kampfhund gehabt und trägt den Mercedes-Stern an einer eher wenig dezenten Goldkette im Rapper-Style um den Hals. Der Storyline folgend besteht der Wackeldackel im Straßendschungel von New York mit seinen Freunden allerlei Abenteuer im Mondschein, wird dabei immer mutiger und eben am Ende zum Superdackel. Schöner hätten wir es uns hier auch nicht ausdenken können, ohne zu chemischen Hilfsmitteln zu greifen.
Allerdings haben die Entwickler die Aufgabenstellung noch nicht zu Ende gedacht. Üblicherweise platzierten die stolzen Mercedes-Fahrer von damals neben dem Dackel eine oder zwei Klopapierrollen mit gehäkeltem Mützchen. Da steckt doch bestimmt auch eine Story und jede Menge Entwicklungspotential drin. Wir warten auf die digitale Superrolle als digital-emotionale Erfahrung. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.