Erster Test: Maxus eDeliver9

Gerade im städtischen und lokalen Lieferverkehr sind E-Transporter zunehmend gefragt. Der Maxus eDeliver9 setzt dabei auf möglichst große Reichweiten.  

Zu wenig Elektro-Reichweite ist im Pkw mindestens ärgerlich. Im Nutzfahrzeug ist mangelnder Energievorrat hingegen fast immer ein ernstes Problem. Maxus will dem eDeliver9 in der Ein-Tonnen-Nutzlastklasse mit relativ großer Batterie und geringem Praxisverbrauch begegnen. Erfolgreich, wie ein Reichweitentest gezeigt hat.  

Erster Test: Maxus eDeliver9
Maxus setzt auf E-Antrieb, hat aber auch noch eine Dieselvariante des Deliver9 im Programm

Der eDeliver 9 der SAIC-Tochter Maxus ist wahlweise mit 5,55 Metern oder 5,94 Metern Länge beziehungsweise 3,37 Metern oder 3,76 Metern Radstand zu haben. Die lange Variante gibt es auf Wunsch mit einer Höhe von 2,77 Metern, Standard sind 2,53 Meter. Bei der Batterie hat der Kunden die Wahl zwischen drei Alternativen mit 52 kWh, 72 kWh und 89 kWh, die Normreichweite zwischen 186 und 296 Kilometern bieten. Die Nutzlast variiert je nach Akku und Fahrzeugversion zwischen 860 und 1.350 Kilogramm, die Anhängelast liegt in allen Ausführungen bei 1,5 Tonnen. Das zulässige Gesamtgewicht beträgt bei den Ausführungen mit Normaldach 3,5 Tonnen, beim Hochdachmodell 4 Tonnen. Das Ladevolumen gibt der Hersteller mit 9,7 bis 12,95 Kubikmetern an.  

Erster Test: Maxus eDeliver9
Der Maxus eDeliver9 kommt sehr weit

Zum Test vorgestellt hat sich die Langversion mit Normaldach (L3H2), ausgerüstet mit der größten Batterie. Knapp 300 Kilometer verspricht der Hersteller, exakt 300 Kilometer Bordcomputer. Solch ein runder Wert nach dem initialen Ladevorgang wirkt zunächst verdächtig: Ist der digitale Datendienstleister ein Berufsoptimist? Von anderen Herstellern kennen wir den Trick, die Anzeige nach dem Abstöpseln des Ladekabels automatisch auf den Normwert zu stellen. Umso größer ist die Enttäuschung, wenn nach wenigen Kilometern Fahrt bereits x-mal so viele Kilometer Reichweite aufgezehrt sind.  

Der eDeliver 9 spart sich solche Kniffe. Vielmehr ist er schon fast beamtenhaft exakt im Zählen. Auf der 300 Kilometer langen Verbrauchsfahrt zählten Kilometeranzeige und Restreichweitenmesser nahezu immer im Gleichschritt durch – die eine nach ober, der anderen nach unten. Nachgefahren wurde nicht der WLTP-Zyklustest, sondern die 39 Kilometer lange, ziemlich ebene Hausstrecke: rund 50 Prozent Stadtverkehr, 40 Prozent Landstraße und 10 Prozent Autobahn – orientiert am wohl üblichen Einsatzgebiet elektrisch angetriebener Transporter. Tauglich sind diese vor allem für Logistik-Dienstleister oder Gewerbebetriebe, die vor allem im geringen und mittleren Radius um ihren Standort herum operieren.  

Sieben Normrunden hat der beladene eDeliver komplett abgespult, war dabei jeweils knapp eine Stunde unterwegs. Die Außentemperaturen lagen mit rund 25 Grad im Akku-Wohlfühlbereich, im Gegenzug musste aber zumindest mittags und nachmittags die Klimaanlage kräftig arbeiten. Verblüffende exakt 275 Kilometer fehlten nach Abschluss der letzten vollen Runde auf der Uhr, Restreichweite 25 Kilometer. Ein so exaktes Ergebnis ist eine Premiere auf der Normstrecke. Dabei hatten die Fahrer jederzeit das Gefühl, den Verbrauch noch drücken zu können: Entweder durch Verzicht auf die Klimaanlage oder durch Reduzierung des Autobahn- und Landstraßentempos. Im reinen Stadtverkehr dürften somit einiges mehr als die im Straßenmix ermittelten 296 Kilometer Reichweite drin sein. Der Hersteller selbst spricht von bis zu 353 Kilometern. Im Gegenzug dürfte die Reichweite unter weniger günstigen Bedingungen jedoch auch nach unten abweichen, etwa im Winter oder in bergigeren Regionen.  

Wer längere Strecken fahren will, muss unterwegs laden. Der Maxus wartet hier mit vergleichsweise hohem Tempo auf: An der Schnellladesäule tankt er mit bis zu 72 kW, nach 10 Minuten stehen im Idealfall 100 Kilometer Reichweite auf der Uhr. An Wallbox oder Normalladesäule sind bis zu 11 kW drin, eine volle Ladung soll 7,5 Stunden dauern. Über Nacht zu laden ist also möglich, wenn auch nur knapp. Zumindest eine Option auf einen 22-kW-Bordlader wäre schön.   

Der Antrieb zeigte sich dem Stadt- und Überlandeinsatz im Praxistest durchaus gewachsen. Der E-Motor stellt der Vorderachse 150 kW/204 PS und 310 Nm zur Verfügung, Tempo 50 ist laut Hersteller nach 5,8 Sekunden erreicht, 100 km/h liegen nach 18,4 Sekunden an. Dann ist auch Schluss mit weiterem Vortrieb – mehr als Tempo 100 ist nicht möglich. Das dürfte sich angesichts des eher städtischen Einsatzszenarios verkraften lassen. Auch, weil der antritts- und durchzugsstarke E-Antrieb gut in das Nutzfahrzeug passt. Nicht nur durch seine Kraft, sondern vor allem durch die im Vergleich mit einem Diesel überragende Laufruhe – weder Nageln noch Vibrationen stören im Innenraum. Lediglich die Wind- und Abrollgeräusche könnte Maxus noch ein wenig konsequenter aus dem Cockpit rausentwickeln. Allerdings legen auch die meisten anderen Nutzfahrzeughersteller auf Geräuschdämmung vergleichsweise wenig Wert.  

Die Rekuperation des E-Motors kann in drei Stufen angepasst werden, auf der höchsten ist One-Pedal-Driving möglich. Alternativ lässt sich der Transporter auch über das Bremspedal verzögern, das allerdings generell ein wenig zupackender agieren könnte.  

Der Fahrerarbeitsplatz ist funktional und ergonomisch sinnvoll eingerichtet, auf der Sitzbank nebenan finden zwei Kollegen Platz. Ein serienmäßiger 10-Zoll-Touchscreen bietet Smartphone-Vernetzung, Klimaanlage und Parksensoren sorgen standardmäßig für angenehmes Arbeiten. Dazu kommen noch LED-Licht, Spurwechselassistent und Totwinkelwarner. Für die L2-Varianten sind außerdem ein Notbremsassistent, Sitzheizung und Digitalradio zu haben. Die Nettopreise starten bei 51.500 Euro für die kleines Variante mit dem kleinsten Akku, wer den größten Akku will, muss wie im Fall des Testfahrzeugs mindestens 65.000 Euro überweisen. 

Technische Daten – Maxus eDeliver9:  

Transporter mit drei Sitzen, Länge: 5,55 m (mit langem Radstand 5,94 m), Breite (ohne Außenspiegel): 2.06 m, Höhe: 2.52 bzw. 2,76 Meter, Radstand: 3,37 bzw. 3,76 m, Laderaumvolumen: 9,7 m3 bzw. 11,0 m3 bzw. 12,3 m3 Nutzlast 860 bzw. 1.350 kg, max. Gesamtgewicht 3.500 bzw. 4.050 kg.

Elektromotor mit 150 kW/204 PS, maximales Drehmoment: bis 310 Nm. Batteriekapazität: 88,55 kW/h. elektrische Reichweite (WLTP): 296 km. Hinterradantrieb, 1-Gang-Automatik, 0-100 km/h: 18,4 s, Vmax: 100 km/h, Normverbrauch (WLTP): k.A. CO2-Ausstoß: 0 g/km, Testverbrauch: 30 kWh/100 km; Preis (ohne MwSt): 64.990 Euro.  

Kurzcharakteristik:  

Warum: hohe Reichweite, auch in der Praxis

Warum nicht: relativ lange AC-Ladezeit  

Was sonst: Opel Movano-e Cargo, Ford E-Transit, Mercedes eSprinter

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert