Fahrbericht Toyota Land Cruiser 3.0 D-4D
Antiquiert, überholt, zu groß und zu durstig. Echte Geländewagen passen doch nicht mehr in unsere Zeit. Die Argumente die ich hörte, wenn ich mit dem Testwagen bei Bekannten vorfuhr, die waren doch immer stereotyp. Mal hinter die Fassade schauen, für viele keine Frage der Möglichkeiten – sondern eher die Frage ob man lieb gewonnene Vorurteile in Frage stellen darf.
Der Land Cruiser – Für ein Land hinter meinem Horizont.
60 Jahre Toyota Land Cruiser. Bei Toyota ist man zu Recht stolz auf die bereits 60 Jahre andauernde Karriere des Toyota Land Cruiser. 1951 fing alles mit der Baureihe „BJ“ an und die Ähnlichkeit zu einem anderen bekannten „Ur-Jeep“, dem Willys Jeep war nicht von der Hand zu weisen. In den letzten Jahrzehnten hat Toyota jedoch einen völlig eigenständigen Weg gefunden und diesen auch konsequent weiter verfolgt.
Heute ist der Land Cruiser ein deutliches Bekenntnis an die echte Offroader-Welt. Groß und völlig unelegant, dafür kraftvoll und überzeugend auch über die schlimmsten Buckelpisten. Es ist egal ob in Afrika, Asien oder am Hindukusch – wer einen stabilen und geräumigen Allradler sucht – der greift gerne auf den großen Toyota zurück.
In einer Zeit in der Parkraum in den Städten knapp, Kraftstoff teuer und Geländewagen irgendwie verpönt sind, hat es ein Land Cruiser nicht leicht. Doch wie sehr ist ein Geländewagen denn von vorgestern? Kann man große Offroader als Dinosaurier sehen? Vom aussterben bedroht?
- Modellbezeichnung: Toyota Land Cruiser 3.0 D-4D
- Ausstattung: Basis
- Testwagenpreis: 42.400€
- Grundpreis Baureihe: 37.450€ (3 Türen, 6 Gang Manuell)
- Hubraum: 2.982 ccm³
- Leistung: 190PS
- Höchstgeschwindigkeit: 175km/h
- Beschleunigung: 0-100: 11,0 Sekunden
[one_fourth last=“no“]Das sagt die auto,motor und sport über das Fahrzeug: Doch neben dem guten Gefühl, hoch über allem zu thronen, bietet er zumindest als Zugfahrzeug (Anhängelast 3.000 Kilogramm) oder als siebensitziges Shuttle zur Berghütte handfeste Vorteile. – Zitat-Auszug [/one_fourth][one_fourth last=“no“]Das sagt der Focus über das Fahrzeug: Demgegenüber müssen auf befestigten Straßen Abstriche gemacht werden. Auch wenn die elektronische Fahrwerkskontrolle eingebaut ist, wankt der Japaner in Kurven doch deutlich…. – Zitat-Auszug[/one_fourth][one_fourth last=“no“]Das sagt die FTD über das Fahrzeug: ..der Japaner regelt seine Angelegenheiten gern allein über das satte Drehmoment und den für einen Vierzylinder üppigen Hubraum. – Zitat-Auszug[/one_fourth][one_fourth last=“yes“]Das sagt 4wheelfun über das Fahrzeug: . So hoch ist der Land Cruiser nun auch wieder nicht, dafür versaut man sich mit schöner Regelmäßigkeit nach Geländefahrten die Hose. – Zitat-Auszug[/one_fourth]
Galerie
Das will er sein:
Der letzte Dinosaurier auf unserer Straße. Ein Geländewagen der sich nicht für Größe oder Unhandlichkeit entschuldigen will. Seine Talente findet nur, wer sich „Off-the-Road“ traut.
Das kann er:
Von der Stadtmitte bis an das Ende der Welt fahren. Der Land Cruiser gehört abseits der Straßen zu den besonderen Exemplaren. Zuverlässig und komfortabel durch das Gelände.
Das kann er nicht:
Und will es wohl auch nicht: Seine Wurzeln als echter Offroader verleugnen!
Design Außen: „Form/Funktion“
Der Geländewagen-Klassiker lässt sich nur schwer neu erfinden. Toyota hat sich beim Design des Land Cruiser dann auch auf eine leichte Evolution besonnen und die Form weiterhin nur der Funktion angepasst. Ein mächtiger Grill in der Front, eine flache Motorhaube und große Glasflächen verkünden von der Unwichtigkeit modischer Zwänge oder einem übertriebenen Diktat von Windkanalversuchen.
Der Land Cruiser ist primär eines: Groß. Seine massige Gestalt durch optische Retuschen zu verstecken, war kein Punkt im Lastenheft der Entwickler.
Bewertung: 4 von 10 Punkten
Design Innen: „Plasticfashion“
Herzlich willkommen in 1990. Selten hat mir ein Automobil derart deutlich geflüstert: „Ist mir doch egal, wohin die Reise von Haptik, Design und Ergonomie in den letzten 20 Jahre gegangen ist. Ich bin ein Funktionsfahrzeug – kein Schauspieler.“
Hatte ich gerade meine vorgeprägte Meinung über die Innenraum-Qualitäten von Modellen aus dem Land der aufgehenden Sonne abgelegt – schockt mich die Basis-Variante des Land Cruisers mit unverblümter Nüchternheit. Was wie Plastik aussieht ist auch Plastik. Was nach lackiertem Plastik aussieht – schon klar. Form follows function. Hier will niemand die Haptik-Wertung gewinnen. Beeindrucken durch Leder, geschäumte Kunststoffe oder edlen Materialien. Kein Interesse. Immerhin findet man die wichtigsten Bedienhebel ohne in das Handbuch blicken zu müssen. Ein massiver Schalthebel befehligt das Automatik-Getriebe, davor per Drehschalter und Taster die Möglichkeiten auf die Geländefähigkeit Einfluss zu nehmen.
Bewertung: 3 von 10 Punkten
Fahrleistungen & Fahrgefühl: „Ich will es wild“
„Ich gehöre hier nicht hin.“ Sitzt man leise im Land Cruiser und zirkelt das wuchtige Fullsize-Geländewagenmobil durch unsere Innenstädte kann man das leise Mantra hören und man muss kein Auto-Experte sein um Verständnis für die unbeholfene Art des Dicken zu haben. Innenstädte sind nicht seine Bestimmung. Auf deutschen Autobahnen entwickelt der lange Land Cruiser allerdings beachtliche Reisequalitäten. Stoisch gerade aus und erstaunlich ruhig.
Wer dachte, ein echter Offroader könne nur die groben Schäden ausbügeln, den belehrt der Land Cruiser eines besseren. Das gesamte Fahrwerk wirkt entkoppelt und lässt die Widrigkeiten der Fahrbahnoberfläche nur stark gefiltert in den Innenraum. Und trotz des Gefühles, entkoppelt zu sein, schwimmt der Land Cruiser bei zügigen Autobahn-Kurven nicht so schlimm wie man aufgrund von Federweg und Ballon-Reifen erwarten könnte.
Bewertung: 6 von 10 Punkten
Alltagsfaktor: „Dinosaurier“
Schaf-Hirte? Eine Farm im Australischen Outback? Oder besteht die tägliche Herausforderung nur aus dem Schulweg? Ein Land Cruiser wirkt in der Stadt so deplatziert wie ein Brontosaurus im Kaninchen-Gehege. Ich bin verleitet zu sagen: Ein Land Cruiser ist ein Dinosaurier und dieser braucht seine Freiheit. Er braucht seinen Auslauf und er braucht wilde Strecken mit Herausforderungen. Ein Leben in Kleingartenkolonien und Reihenhaus-Vorstadt-Siedlungen wird dem Land Cruiser nicht gerecht.
Bewertung: 10 von 10 Punkten (Volle Punktzahl für die Charakterstärke!)
Serien-Ausstattung: „Mit ohne.“
Die gefahrene Basis-Version bietet keinen überflüssigen Luxus. Nichts womit man am Stammtisch beeindrucken könnte. Auf der anderen Seite: Was nicht vorhanden ist, kann nicht kaputt gehen und so bildet der Basis-Land Cruiser den ehrlichsten Land Cruiser. Vermutlich wird es gerade die Basis-Version sein, die am überzeugendsten die Rolle des Weltbürgers spielt. Zuhause auf den Schotterpisten von Süd-Afrika. Souverän auf den Matschpfaden in Süd-Amerika. Zuverlässig unterwegs auf Safari und im harten Alltagseinsatz.
Immerhin liefert Toyota bereits die Basis-Version mit einem ABS-System aus, das sich auf den jeweiligen Untergrund abstimmt. Hinzu kommt das Untersetzungsgetriebe für echte Herausforderungen im Gelände und eine per Tastendruck sperrbaren Torsen-Differential zwischen Vorder- und Hinterachse.
Im Land Cruiser Basis ist nichts enthalten, was man nicht grundsätzlich auch an Ausstattung erwarten würde. Einzig der „Keyless-Go“ Zugang sorgt für einen „Trost-Punkt“.
Bewertung: 1 von 10 Punkten
Motor: „Rumble in the Jungle“
3 Liter Hubraum, aber nur 4 Zylinder. Damit ist klar, hier kommt Drehmoment vor Maximal-Leistung und so liefert der knurrige Turbo-Diesel dann auch 190PS und 420Nm an das Automatikgetriebe weiter. Auch der Charakter des Land Cruiser Diesel ist klar geprägt. Es ist ein simpler Macher, ein Malocher – der auf der einen Seite mit der Kraft seiner 420Nm für beeindruckende „Schub-Momente“ sorgt, auf der anderen Seite aber am liebsten im Bereich unter 2.000 Umdrehungen vor sich hin brummelt.
Den enormen Durst des 16-Ventil Diesels darf man hierbei nicht auf den Motor alleine schieben – er überspielt in seiner knurrigen Mentalität die Leistungen die er erbringen muss um den großen Land Cruiser zu bewegen, will hierfür aber auch ausreichend gefüttert werden. Mit durchschnittlich 11 Litern darf rechnen, wer den Land Cruiser D-4D nicht immer nur verbrauchsoptimiert bewegt.
Die 10 Liter Marke unterschreiten, das gelingt bei ausgedehnten Etappen über Landstraßen und verhaltener Fahrweise.
Bewertung: 3 von 10 Punkten (Souverän, aber nicht höflich. Da gibt es nicht mehr Punkte.)
Getriebe: „Sleeper“
Der Testwagen kam mit einer 5-Gang Automatik zu Besuch. Ein Automatikgetriebe wie es gut zum großen Landcruiser passt. Alle Vorurteile von Automatik-Getriebe Hassern lassen sich auf dieses Getriebe vereinen. Langsam. Mit einem großem Wandlerschlupf. Die Sprünge in der Übersetzung sind groß – das gesamte Getriebe wirkt schlicht altbacken. Dennoch – es passt bestens in dieses Umfeld aus riesigem Fahrzeug und gemütlicher Gangart.
Im Geländebetrieb ist ein Automatikgetriebe die vernünftigste Wahl – langsames kriechen über Schotterpfade und durch Flußbetten – hierfür kann man sich keinen sinnvolleren Partner wünschen. Im Alltag wünscht man sich einen 6.ten Gang dazu und immer mal wieder, dass das Getriebe mit ein wenig mehr Elan ans Werk geht.
Bewertung: 2 von 10 Punkten
Multimedia & Audio: „Listen to the Nature“
Die Basis-Version hat ein Radio. Damit kann man Radiosender empfangen. Merkwürdigerweise hat der Testwagen eine Navigationslösung integriert. Hier warte ich auf Informationen von Toyota, welche Ausstattungsvariante das war, oder ob das Navi-Gerät eine individuell nachgerüstete Lösung war.
Bewertung: 0 von 10 Punkten
Offroad-Kunst: „Wüstenschiff“
Mein letzter Besuch in der Wüste rund um Dubai hat ein Land Cruiser begleitet. Wenn im Ausland über ernsthafte Fahrzeuge mit Nehmer-Qualitäten abseits von geteerten Straßen gesprochen wird, dann fällt der Name Toyota Land Cruiser mit großer Sicherheit. Keine Wüstentour ohne Land Cruiser.
Dank dem steifen Leiterrahmen und der simplen, aber im Gelände effektiven, starren Hinterachse bietet auch die aktuellste Land Cruiser Generation die notwendigen Zutaten um im rauhen Gelände vorwärts zu kommen. In der gefahrenen Variante mit 5-Gang Automatik wird die Kraft vom Verteilergetriebe an ein TORSEN-Mittendifferential weiter gegeben. Dieses lässt sich per Taster im Innenraum sperren. Zusätzlich kann per Drehschalter eine Untersetzung eingeschaltet werde – dann klettert der schwere Wagen auch beeindruckende 42° nach oben.
Einzig der knappe Böschungswinkel des langen 5-Türigen Landcruiser stört zeitweise im Gelände. Vor allem das rechts verlaufende Auspuffrohr gräbt sich bei der Fahrt rückwärts dann auch gerne mal in die Böschung. (Sorry Toyota – der Kratzer kommt von mir!)
Bewertung: 8 von 10 Punkten
Der Kostenfaktor: „Money for nothing?“
In der 5-ürigen Basis Version und mit 6-Gang Schaltgetriebe kostet der große Toyota 40.200€. Die Version mit dem 5-Gang Automatikgetriebe kommt auf 42.200€. Die kurzen 3-türigen Varianten sind knapp 3.000€ günstiger.
Wer aus dem recht farblosen Basis-Offroader einen Geländewagen mit vernünftiger Ausstattung werden lassen will, der sollte auf die TEC-Edition schielen. Für 64.800€ sind dann so nette Extras wie eine Luftfederung, ein Geländefahrprogramm (CRAWL), der Multi-Terrain-Monitor mit Rundumsicht um das Fahrzeug, eine Lederausstattung mit elektrischen Sitzen und ein JBL-Navisystem mit an Board.
Wer es richtig krachen lassen will, der fährt den Land Cruiser V8 mit 4.5 Liter großem Dieselmotor, was den Kaufpreis des Testwagen schlicht verdoppeln würde.
Bewertung: 6 von 10 Punkten
Mängel am Testfahrzeug:
- Keine.
Bewertung:
Keine Probleme, keine Defekte – so muss man das sein. Damit kann man auch die Namib-Wüste durchqueren.
Zwei Sätze zu:
Motor:
Mit 3 Liter Hubraum auf nur 4 Zylinder verteilt, bemüht sich der 190PS starke Diesel erst gar nicht um feine Manieren. Dafür zieht er mächtig durch und dreht auch tapfer auf die 4.000er Marke zu – das soll reichen für den Alltag im Land Cruiser.
Getriebe:
Die 5-Stufen Automatik ist simpel in der Arbeitsweise und bemüht sich erst gar nicht um gehobenen Schaltkomfort, dafür passt sie gut zu dem 420Nm starken Diesel und lässt diesen gerne in den niedrigen Drehzahlen arbeiten.
Innenraum:
Vermutlich ist es schlicht egal, wie das Cockpit aussieht und woraus es besteht. Bei Touren durch Kriegsgebiete zählt die Zuverlässigkeit eines Offroaders – aber in den Vororten von Berlin, Hamburg und München, könnte ein wenig mehr Liebe zum Detail gut ankommen.
Offroader:
Es ist die Lust auf das Abenteuer und die Sicherheit: Wenn ich jetzt im Amazonas-Dschungel unterwegs wäre, dann könnte ich, dann würde ich. Es ist schwer geworden zu diesen Talenten einen Zugang zu finden, so lange man im deutschen Automobil-Alltag unterwegs ist.
Das war echt nervig:
Die Trittbretter unterhalb des Ausstieges. Zum einen sind die Trittbretter zu schmal um wirklich darauf zu stehen und zum anderen ist der Landcruiser nicht so hoch, als das man diese Hilfe benötigen würde. Dafür versaut man sich schön regelmäßig die Hose beim ein- und aussteigen.
Fazit:
Die Anschaffung eines Wüstenschiffes, eines Dinosauriers, will gut überlegt sein. Wer nur den großen Pferde-Anhänger ziehen will, der findet auf dem Markt komfortablere Geländewagen mit besseren Umgangsformen auf ebenen Teerbahnen. Wer jedoch plant die Wüste Gobi mit dem eigenen Auto zu durchqueren, der wird vermutlich keinen besseren Reisepartner finden. Der Land Cruiser ist in der simplen Basis-Version, so wie ich ihn testen konnte, ein einfacher Geländewagen. Groß, schwer und nur leidlich Übersichtlich – aber mit der Aura das Unzerstörbaren gesegnet. Wer Land Cruiser fährt, der will auf eigener Achse auch dorthin kommen, wovon andere nur träumen.
Wer schon immer einen echten Geländewagen fahren wollte, der sollte zugreifen. So lange es diesen automobilen Anachronismus noch gibt.
Ranking: 43 von 100 Punkten
Da gibt es keinen Spielraum für Diskussionen: Die Punkte ergeben ein Gesamt-Ranking und sind über alle Fahrzeugklassen vergleichbar – da direkt objektiv auf Modellklasse und Zielgruppe eingerichtet. Je mehr Punkte, desto besser ist das Fahrzeug. Ein Sportwagen kann keine 100 Punkte erreichen, weil der Alltagsnutzen gering ausfällt. Ein Familien-Van fällt eventuell in der „Straight-Performance“ durch. Das Ranking ist natürlich ein völlig subjektives – es ist das mein-auto-blog Ranking. Bjoern Habegger
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