Fahrbericht: Toyota Proace Verso

Das Angebot an elektrischen Familien-Bussen wächst. Auch Toyota nimmt nun ein Modell ins Programm – in mehreren Varianten.  

Das erste Batterie-Elektroauto von Toyota ist ein Franzose. Während die Japaner im klassischen Pkw-Segment abseits der Brennstoffzellen-Limousine Mirai weiterhin keinen Stromer im Programm haben, gibt es nun den von Kooperationspartner PSA entwickelten Kleinbus Proace Verso mit Stecker und Kabelanschluss. Wie bei den Schwestermodellen Peugeot e-Traveller, Citroen e-Spacetourer und Opel e-Zafira übernimmt ein 100 kW/136 PS starker E-Motor den Antrieb. Für die Stromversorgung stehen zwei Akkus mit 50 kWh und 75 kWh zur Wahl. Die Preise starten bei 58.530 Euro. 

Der „Verso“ ist die Familienauto-Variante des Proace und kommt in der Elektro-Variante immer reichhaltig ausstaffiert daher. Neben Klimaautomatik, Leichtmetallfelgen, Head-up-Display und adaptivem Tempomat sind auch eine zweite Schiebetür, Lederlenkrad und ein separat zu öffnendes Heckfenster im Basismodell „Team Deutschland“ Serie. Die höhere Linie „Executive“ (plus 7.700 Euro) wartete außerdem mit Ledersitzen, Panorama-Dach und Navigationssystem auf. Anders als die Schwestermodellen verzichtet der elektrische Proace Verso beim Karosserieangebot auf die Kurzvariante „Compact“, so dass lediglich zwei Längen zur Wahl stehen: 4,85 Meter und 5,30 Meter. Erstere mit acht Sitzen (2+3+3), letztere mit sieben, etwas luftiger platzierten Sesseln (2+2+3). 

Bleche und Technik übernimmt der Proace auch in der E-Variante nahezu 1:1 von den PSA-Modellen. Als Antrieb fungiert der unter anderem aus Opel Corsa-e oder Peugeot e-208 bekannte Synchronmotor mit 100 kW/136 PS und 260 Nm Drehmoment. Auch wenn die eher überschaubare Leistung den typischen E-Auto-Boost nur in mildester Form bietet und beim Kavalierstart an der Ampel allerhöchstens altgediente Transporter-Fahrer aufmerken lässt: Für den Alltag in der Stadt und auf der Landstraße reicht die Elektro-Kraft problemlos aus. Auf bergigen Strecken mit sieben Passagieren und Gepäck dürfte der Toyota jedoch an seine Grenzen kommen. Auch auf der Autobahn reicht es nur zum Mitschwimmen im Verkehr; bei Tempo 130 ist komplett Schluss mit der Beschleunigung. 

Doch Schnellfahren ist nicht die Mission des Kleinbusses. Stattdessen ist er auf Sparsamkeit und maximale Reichweite ausgelegt – bei einem Fahrzeug dieser Gewichts- und Größenklasse ist das anspruchsvoll genug. Damit das im Alltag einfacher klappt, lässt sich die maximal gebotene Motorleistung auf Knopfdruck auf bis zu 60 kW/82 PS runter regeln. Das soll etwa im leistungsmäßig weniger anspruchsvollen Stadtverkehr für höhere Reichweiten sorgen. Mit der größeren der beiden Batterien sind bis zu 330 Kilometer drin, die kleinere erlaubt 230 Kilometer. Für die Wechselstrom-Ladung an der heimischen Wallbox oder der öffentlichen Ladesäule steht serienmäßig ein 11-kW-Bordlader zur Verfügung, der den kleinen Akku in knapp 5 und den großen in rund 7 Stunden komplett lädt. Das Auftanken über Nacht ist also prinzipiell möglich. An der Schnellladesäule verträgt der Toyota bis zu 100 kW Gleichstrom über ein CCS-Kabel, so dass der kleinere Energiespeicher im besten Fall nach einer halben Stunde zu 80 Prozent geladen ist. Beim großen Exemplar dauert es 15 Minuten länger.   

Als Langstrecken-Reiseauto taugt der Kleinbus nur bedingt. Als Familien-Shuttle oder Freizeitmobil auf der Mittel- und Kurzstrecke umso mehr. Weil die Akkus im Unterboden montiert sind, wird das Platzangebot an Bord nicht beeinträchtigt. Zudem verfügt der elektrische Proace über knapp eine Tonne Zuladung oder alternativ eine Anhänger-Zuglast von zwei Tonnen. Womit er nicht viel schlechter abschneidet als die weiterhin angebotenen Diesel-Modelle. Voraus hat er denen vor allem die deutlich angenehmeren Fahreigenschaften: Beim Anfahren und Gasgeben gibt es weder Turboloch noch Schaltruckeln, genauso entfallen Nagel-Sound und Vibrationen. Trotzdem kann die Großraumlimousine ihre Nutzfahrzeug-Abstammung nicht ganz verhehlen. Auf schlechte Straßen etwa spricht das Fahrwerk nicht ganz so geschmeidig an, wie es Pkw in ähnlicher Größe tun würden. Und auch die Materialauswahl im Innenraum könnte angesichts des durchaus stolzen Kaufpreises ein wenig hübscher ausfallen.  

Die neue E-Variante macht den Diesel beim Proace und Proace Verso sicher nicht überflüssig. Bei Kunden mit dem richtigen Anwenderprofil und passender Ladeinfrastruktur bringt er aber einige spezielle Vorteile mit: Nicht nur die deutlich kommoderen Fahreigenschaften, sondern auch die Gewissheit, keine Einfahrverbote in Innenstädte fürchten zu müssen. 

Technische Daten – Toyota Proace Verso Electric: 

Elektro-Van mit bis zu 8 Sitzen; Länge: 4,95/5,30 Meter, Breite: 1,92 m (mit angeklappten Außenspiegeln), Höhe:1,90/1,89 Meter, Radstand: 3,28/3,28 Meter, Gepäckraumvolumen maximal: 4,2/4,9 Kubikmeter 

Antrieb: Elektromotor, 100 kW/136 PS, Drehmoment: 260 Nm, Eingang-Automatik, Vmax: 130 km/h, 0-100 km/h: 12,1 s (50 kW-Batterie)/13,3 s (75 kW-Batterie), CO2-Ausstoß: 0 g/km, Abgasnorm: Euro 6d, Effizienzklasse A+, Verbrauch: 25,3 – 26,6 kWh/100 Kilometer (50 kW-Batterie) / 26,9 – 28 kWh/100 Kilometer (75 kW-Batterie), Reichweite: 219 km (50 kW-Batterie) / 314 km (75 kW-Batterie), AC-Laden: 11 kW-Onboard-Lader, DC-Laden: CCS bis 100 kW, Preis: ab 58.530 Euro (50 kWh), 64.530 Euro (75 kWh)

Kurzcharakteristik – Toyota Proace Verso:  

Warum: hoher Antriebskomfort, emissionsfreies Fahren  

Warum nicht: mäßige Fahrleistungen, geringe Langstreckentauglichkeit 

Was sonst: Peugeot e-Traveller und Co., Mercedes EQV, VW ID Buzz (2022)

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