Fahrbericht Toyota RAV4 Plug-in Hybrid: Versprechen eingelöst
Viele E-Autos haben ein Problem: Sie versprechen Reichweiten, die sie praktisch nicht halten. Toyotas RAV4 kann als neuer Plug-in-Hybrid sein theoretisches Potenzial hingegen erstaunlich genau auch praktisch einlösen
Die Japaner liefern eine kräftige Batterie
Mit der elektrischen Reichweite von E-Autos ist das so eine Sache. Theoretisch versprechen diese mehr als sie praktisch oftmals halten. Im Fall des neuen Toyota RAV4 mit Doppelherztechnik verhält sich das hingegen anders. Auf einer Testfahrt rund um Köln wurden aus den maximal 75 Kilometern tatsächlich 75 emissionsfreie gefahrene Kilometer. Damit lässt sich, sofern das elektrische Potenzial konsequent genutzt wird, das SUV für den weit überwiegenden Teil täglich gefahrener Strecken emissionsfrei bewegen.
Ein wenig mag man sich wundern, dass nun auch Toyota der E-Mobilität in seinem Portfolio mehr Spielraum verschafft, denn lange argumentierten die Japaner, schwere, große und zudem teure Batterien seien in Hinblick auf die Effizienz nicht sonderlich vorteilhaft. Einerseits. Andererseits war Toyota sogar Vorreiter bei den Plug-in-Hybriden, denn bereits 2012 dürfte die Hybrid-Ikone Prius als PHV zumindest einige wenige Kilometer weit stromern. Doch erst jetzt bietet Toyota mit dem RAV4 PHV ein Modell mit großer Akkupower.
In diesem Fall versorgt die immerhin 18,1 Kilowattstunden große Lithium-Ionen-Batterie zwei mit 134 kW/182 PS beziehungsweise 40 kW/54 PS erfreulich potente E-Motoren, die bereits genügend Vortrieb für alle Lebenslagen bereitstellen. Wird der RAV4 gestartet, fährt man automatisch im E-Modus los. Und das konsequent. Nur wenn das Gaspedal besonders schnell und weit Richtung Bodenblech getreten wird, schaltet sich der Benziner unterstützend ein, was dann eine Systemleistung von insgesamt 225 kW/306 PS entfesselt und eine sportwagenähnliche Beschleunigung erlaubt. Doch bereits mit dem lautlosen E-Antrieb ist man gut motorisiert. Unser 75 Kilometer entferntes Ziel wollen wir ohne die Hilfe des Verbrenners erreichen. Ob Stadtverkehr, Landstraße oder Autobahn – in keiner Situation vermittelt der E-Antrieb dabei zu wenig Leistung. Der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 dauert rein elektrisch nur 10 Sekunden. Auf der Autobahn gleiten wir zwischenzeitlich sogar mit Richtgeschwindigkeit dahin, was allerdings den Stromvorrat übermäßig strapaziert. Einige Kilometer zurückhaltender Fahrt lassen den Wert der E-Reichweite wieder über den Wert der noch zu fahrenden Kilometer steigen. Beim gemütlichen Dahingleiten genießen wir die geschmeidige und lautlose Art. Das Fahrwerk gibt sich schluckfreudig, während im Innenraum auch dank serienmäßiger Akustikverglasung Ruhe herrscht.
Nach 75 Kilometern im Hybridmodus
Die endet erst nach exakt 75 Kilometer, denn als im digitalen Display die EV-Reichweite nur noch Striche statt Zahlen anzeigt, macht sich der Vierzylinder in zunächst fast unerfreulicher Weise bemerkbar. Fortan fährt der RAV4 hybridisch. Hauptantriebsquelle ist der Verbrenner, der immer mal wieder beim Beschleunigen von den E-Motoren unterstützt wird. Während der Fahrt laden die Akkus dank Rekuperation vor allem beim Bremsen Strom wieder nach, der dann beim Vortrieb genutzt wird, was neben den Motordrehzahlen des Vierzylinders auch den Spritverbrauch niedrig hält. Im Stadtverkehr waren wir Hybridmodus mit rund 5 Liter Benzinverbrauch unterwegs. Auf der Landstraße stieg dieser auf 6, auf der Autobahn auf 7 Liter. Keine schlechten Werte für einen großen, hochbauenden und 1,9 Tonnen schweren Allradler.
Guter Versuch, ein Sportauto zu sein
Noch beeindruckender ist jedoch die längsdynamische Performance. Besonders eindrucksvoll springt der RAV4 im Sport-Modus nach vorne, bei dem die Aggregate in packender Weise ineinandergreifen. Auf Wunsch lässt sich die Tachonadel in nur 6 Sekunden von null auf dreistelliges Niveau katapultieren. Besonders bei Zwischensprints bietet der Allradantrieb Suchtpotenzial, denn der deutlich spürbare Elektro-Punch verleiht dem Vortrieb etwas Müheloses und dem Fahrer ein besonderes Gefühl der Souveränität. Als Ersatz für einen Sportwagen empfiehlt sich der RAV4 allerdings nicht. Allein die auf 180 km/h begrenzte Höchstgeschwindigkeit wäre für jeden Fan sportlicher Performance ein Killerkriterium. Auf regenassem Asphalt geriet der RAV4 zudem bei etwas flotterer Gangart in Kurven recht früh und massiv ins Untersteuern, während beim Beschleunigen aus Kurven die Vorderräder sich oftmals verzweifelt scharrend ziemlich erfolglos um Traktion bemühten. Allerdings ändert dieser etwas trübende Eindruck wenig an den bärigen E-Boost, den man nach dem Wechsel auf ein konventionell getriebenes Auto sehr vermisst.
Die 75 Kilometer im E-Modus reichen aus
Entscheidender dürfte für potenzielle Kunden neben den vielen guten Allround-Eigenschaften des RAV4 PHV die Möglichkeit sein, im Alltag überwiegend emissionsfrei fahren zu können. Die 75 Kilometer sind realitätsnah und für einen großen Teil der Fahrten ausreichend. Ob für den Weg zur Arbeit oder den Besuch von Einkaufszentrum oder Verwandtschaft wird die Kapazität des Akkus reichen, der sich dann während der Nacht in wenigen Stunden an einer Wallbox wieder auffüllen lässt. Soll es doch mal eine längere Tour auf der Autobahn sein, hat der RAV4 PHV damit auch kein Problem. Hybridantrieb sei Dank.
Ganz billig ist der ab dem 19. September bestellbare Teilzeitstromer allerdings nicht. Die Basisversion kostet rund 46.300 Euro, von denen noch, sofern der Käufer den entsprechenden Antrag stellt, 6.750 Euro Umweltbonus abgehen. Doch die meisten Kunden werden nach Meinung von Toyota die Version mit Technik- und Style-Paket ordern, die dann mit rund 58.400 Euro zu Buche schlägt. Die Komfort- und Technik-Ausstattung lässt dann allerdings kaum mehr Wünsche offen.
Technische Daten
Fünftüriges, fünfsitziges Kompakt-SUV, Länge: 4,60 Meter, Breite: 1,86 Meter (Breite mit Außenspiegeln: k. A.), Höhe: 1,69 Meter, Radstand: 2,69 Meter, Kofferraumvolumen: 520 bis 1.605 Liter
2,5-Liter-Vierzylinderbenziner mit 136 kW/185 PS, Elektromotor vorne 134 kW/182 PS, Elektromotor hinten 40 kW/54 PS, Systemleistung: 225 kW/306 PS, stufenlose CVT-Automatik, Allradantrieb, maximales Drehmoment Front/Heck: 270/121 Nm, 0-100 km: 6,0 hybridisch und 10,0 sec. elektrisch, Vmax: 180 km/h (rein elektrisch: 135 km/h), Normverbrauch: 1,2 Liter/100 Kilometer, Stromverbrauch kombiniert: 16,6 kWh, elektrische Reichweite: 75 km (WLTP), CO2-Ausstoß: 22 g/km (WLTP), Abgasnorm: Euro 6d, Emissionsklasse: A+
Preis: ab 46.293 Euro minus 6.750 Euro Umweltprämie
Kurzcharakteristik
Warum: weil seine E-Reichweite für die meisten Alltagsfahrten reicht
Warum nicht: weil die Ökobilanz von Plug-in-Hybriden umstritten sind und reine E-Autos als umweltfreundlicher gelten
Was sonst: Audi Q5 50 TFSI e, BMW X3 xDrive30e, Citroen C5 Aircross Hybrid 225, Ford Kuga 2.5 PHEV, Kia Sorento Plug-in Hybrid, Range Rover Evoque P300e, Mercedes GLC e 4 Matic, Mitsubishi Outlander Plug-in Hybrid, Peugeot 3008 Hybrid4, Volvo XC40 Recharge
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