Fahrbericht Volkswagen T-Roc: Crossover mit Identitätskrise

Was bin ich: Dieses ach so lustige Ratespiel, das Mitte der 1950er Jahre im TV startete und erste Ende der 1980er sein Ende fand. Passender könnte es im Falle des Volkswagen T-Roc kaum sein. Diesel-Thematik, Einsparmaßnahmen, Elektrifizierungswelle und der persistente Drang ein Premium-Hersteller sein zu wollen. Kein einfaches Pflaster für den Volkswagen T-Roc. Der SUV oder Crossover – das weiß man ja heutzutage nicht so genau – möchte aus dem etwas biederen Image, das die wahrlich nicht schlechten Modelle Golf, Passat und Co. geschaffen haben, ausbrechen und der Welt zeigen, dass man in Wolfsburg auch richtig hip und cool sein kann. Stellt sich allerdings die Frage: Ist die gewollte Coolness auch wirklich vorhanden?

Design – Same same but different

Irgendwie kommt er einem bekannt vor, der VW T-Roc. Ein bisschen Audi Q2 hier, was vor allem an der C-Säule auffällt, ein wenig Volkswagen-Identität hier und das Ganze garniert mit einem flotte, angesagten SUV-Look. Dazu eine Bi-Color-Optik mit andersfarbigem Dach und fertig ist der nächste MQB-Klon.

Ein “Servus” nach Ingolstadt: Die Seitenlinie erinnert an den Audi Q2

Nun, ganz so einfach ist die Sache nicht. Natürlich lässt sich über Geschmack streiten, doch kann man zweifelsohne sagen, dass der Volkswagen T-Roc ein hübsches Kerlchen geworden ist. Vorausgesetzt man nimmt etwas Geld in die Hand und lässt die leider bieder wirkende Basis-Ausstattung außen vor. Denn nur wer zum Sport oder Style greift, darf auch das Dach und ein paar Anbauteile in einer Kontrastfarbe wählen – Lifestyle eben. Oder haben Sie schon mal einen günstigen Mini Cooper gesehen?

Glücklicherweise bringen die gehobenen Ausstattungen auch gleich viel fürs Auge mit. Da wäre etwa das Tagfahrlicht: Abgesetzt von den Hauptscheinwerfern übernimmt es bei Bedarf die Funktion des Blinkers und ist in seiner rechteckigen Form  eine gekonnte Abwechslung. Auch, wenn die Blinkmuffel auf unseren Straßen mittlerweile ein unerträgliches Maß angenommen haben. Vielleicht ist das ja auch der Grund dafür, dass sich Audi das Lauflicht hat einfallen lassen? Etwas Neues? Das muss man doch ausprobieren! Aber wir driften vom Thema ab.

Das Heck wirkt zurückhaltend. Bei den Auspuffrohren ist der T-Roc ein Blender

Zurück zum T-Roc: Mit kräftigen Radhäusern, dezenter Kunststoff-Beplankung und angedeutetem Unterfahrschutz vorn wie hinten macht er es sich bequem in der SUV-Schublade. Dabei bleibt der Wolfsburger mit einer Außenlänge von 4,32 m angenehm kompakt und überfordert nicht im Großstadtdschungel. Schließlich werden hier die meisten SUV eingesetzt. Hinzu kommen – je nach Geldbeutel, 16- bis 19-Zoll große Leichtmetallräder, farblich abgesetzte Elemente, wie das Dach oder die Außenspiegel und die stark „AUDI“ schreiende C-Säule. Die MQB-Verwandtschaft zeigt sich in diesem Detail deutlich, was in Anbetracht der hübschen Optik aber kein Makel ist. Am Heck hat die Designer der Mut hingegen verlassen: Auffälligkeiten oder herausragende Elemente sucht man hier vergebens. Einzig die Chromblende, die so tut, als würde sie zwei Auspuffrohre einrahmen, ist ein Blender.

Innenraum – Klopf, klopf!

Der Volkswagen T-Roc möchte also ein Lifestyler sein, wie es so schön heißt. Eine junge, urbane Klientel soll mit dem SUV angesprochen werden, der ein Tiguan zu groß ist, die aber den Gelände-Look schätzt. Diese Kundschaft vermag jedoch zu wissen, was Premium ist und hier kommt der Neuling etwas ins Straucheln.

Viel Hartplastik, aber hübsch verpackt: Das Interieur des Volkswagen T-Roc

Der Grifftest bringt schließlich zu Tage, dass sich im Interieur fast ausschließlich Hartplastik befindet. Der obere Teil des Armaturenbretts? Hart. Die Mittelkonsole? Hart. Die Türverkleidungen? Hart. Das wird manch einer monieren und den Premium-Preis des Wolfsburgers entgegenhalten. Andererseits muss man sich aber auch fragen, wie oft man den oberen Teil des Armaturenbretts wirklich berührt. Wenn man ehrlich ist… nie! Dafür bekam der T-Roc großflächige Blenden spendiert, die man nach Lust und Laune in verschiedenen Farben – passend zum Außenlack – kolorieren lassen kann. Schade nur, dass das Finish zumeist matt ausfällt und nicht in Hochglanz ausgeführt ist.

Und sonst? Nichts zu meckern! Die bisherigen Nörgeleien sind ohnehin so hochgestochen, dass sie wenig ins Gewicht fallen. Schließlich steht hier ein richtig gutes Auto. Die Bedienbarkeit? Bestens! Das Infotainment mit 8-Zoll-Display verzichtet angenehmerweise nicht auf seine Drehregler und ist in kürzester Zeit verstanden. Außerdem ist es angenehm hoch angebracht. Und noch etwas bringt der VW T-Roc mit: Digitale Instrumente, die sich frei konfigurieren lassen. Das macht Laune und passt zum Styler-Charakter des Niedersachsen.

Ohne Fehl und Tadel: Die Bedienung des 8-Zoll-Infotainments gelingt kinderleicht

Selbst beim Platz muss der T-Roc, trotz seiner 25 Minder-Zentimeter zum Tiguan, kaum federn lassen. Vorn sitzt es sich bestens und alle notwenigen Elemente lassen sich großzügig justieren. Sind die Passagiere in Reihe eins zudem keine Riesen, lässt es sich auch in Reihe zwei gut aushalten. Zumal man – natürlich optional – auf hübschen, mehrfarbigen Polstern platznimmt. Der Kofferraum passt ebenfalls zum Format und zum Lifestyle-Cluster: Je nachdem, ob man eine Variante mit oder ohne Allradantrieb 4Motion bestellt, beläuft sich das Basisvolumen auf 392 bis 445 Liter. Umgeklappt bietet der Wolfsburger bis zu 1.290 Liter bei dachhoher Beladung. Das sind keine Fabelwerte, gehen aber in Ordnung.

Fahrgefühl – Ein echter Volkswagen

Es war zu erwarten: Der Volkswagen T-Roc fährt sich bestens und tendiert in keinerlei Extrem. Weder gibt er sich über-sportlich, noch sofa-weich. Der Crossover ist einer, der beim Fahren viel Talente miteinander verbindet. Sogar die Motorenwahl ist so aufgestellt, dass man sich niemals so vorkommt, als hätte man auf irgendetwas verzichten müssen. So bietet das Einstiegsaggregat zwar nur drei Zylinder und 999 ccm Hubraum, doch ist das Output von 115 PS durchaus passabel. Zumal die Fahrleistungen mit 10,1 Sekunden für den Spurt auf 100 km/h und 187 km/h Topspeed absolut ausreichend sind.

Mehr Spaß bringt dennoch der 2.0 TDI mit seinen 150 PS. Zwar wird aus dem – bei diesem Motor stets serienmäßig allradgetriebenen – T-Roc kein Racer, doch bringt das Drehmoment von 340 Nm gute Laune. Leider schaltet das 7-Gang-DSG etwas verhalten und reagiert müde auf spontane Gasbefehle. Auch im Stop-And-Go-Verkehr neigt es dann und wann dazu, sich zu verschlucken. Die Empfehlung geht also zur 6-Gang-Handschaltung.

Der 2.0 TDI ist kräftig und sparsam. Mehr Spaß macht aber klar der 2.0 TSI mit 190 PS

Wenn man aber unbedingt auf das Selbstschalten verzichten mag, dann sollte man sich auch gleich den Top-Motor, den 2.0 TSI mit 190 PS gönnen. Der Vortrieb passt erst hier so richtig zur dynamischen Optik und lässt sich auch auf dem Datenblatt gut lesen. Nach 7,2 Sekunden liegen 100 km/h an und ein Ende ist erst bei 216 Sachen angesagt. Durchaus sportlich.

Und so lässt sich der VW T-Roc auch gerne von links nach rechts scheuchen, gefällt mit seiner zielgenauen Lenkung und dem fein ansprechenden Fahrwerkt. Grundsätzlich dynamisch ausgeprägt, lässt es nie auch nur die Idee aufkommen, unkomfortabel zu sein. Criusen mit mäßiger Geschwindigkeit? Easy! Und das sogar ohne verstellbare Dämpfer, Chapeau!

Fazit – Der VW T-Roc und die werten Mitstreiter

Erwachsener Auftritt eines Lifestylers. Aber hat er das Zeug zum Kassenschlager?

Die Wolfsburger wollen mit dem VW-Troc ein junges Publikum ansprechen, indem sie ihm ein hippes Äußeres verpassen, ohne jedoch auf ein Markengesicht zu verzichten. Angesichts der Preise, die bei 20.390 Euro starten und erst bei nahezu dem Doppelten enden (mit Vollausstattung), kann man das ein wenig in Frage stellen. Modern ist er ja, bietet eine ganze Armada an Assistenten (größtenteils gegen Aufpreis) und lässt sich nett ansehen. Aber ist er auch stark genug, um es mit der Konkurrenz aus den eigenen Reihen aufzunehmen? Der Audi Q2 ist längst zum Standard im Straßenbild geworden und der Seat Arona ist – weiß Gott – auch nicht von schlechten Eltern. Und so steckt der Volkswagen T-Roc vielleicht nicht in einer Identitätskrise, dürfte es aber auch nicht unbedingt leicht haben.

 

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