Mitsubishi Pajero: Oben angekommen.

Der Mitsubishi Pajero ist einer der letzten echten Geländewagen. Und zeigt unbeindruckt, wo es lang gehen kann. Wenn man sich traut.

Es war einmal, vor gar nicht allzu langer Zeit… da gab es eine strikte Klassenaufteilung. Es gab Limousinen, Cabrios, Fließheckmodelle und Kombis. Da zogen auch noch Klein- und Kompaktwagen, Coupés und Sportler über ihre Bahnen über den Asphalt. Wer seine Wege abseits davon suchen wollte oder musste, der griff zum Geländewagen.

In einer Crossover- und SUV-schwangeren Zeit sind die wahren Geländebezwinger eine aussterbende Rasse. Land Rovers Discovery, der Range Rover und die G-Klasse vom Erfinder des Automobils halten die Fahne hoch. Und die Hand weit auf. Denn für Otto Normalverdiener wird die Auswahl dünn. Auch ein Toyota Land Cruiser ist in der Preisliste zu selbstbewusst. Den Jeep Wrangler kann man sich mal ansehen. Oder den Mitsubishi Pajero. Der kostet als Dreitürer in der höchsten Ausstattungsvariante 44.990 Euro, das puristische Basismodell ist ab 34.990 Euro zu haben.

Ja, die Kultbaureihe aus den 80ern gibt es immer noch, mittlerweile in der vierten Generation. Seit 2007 läuft der Pajero in dieser Form als klassischer Dreitürer sowie als Fünftürer mit längerem Radstand und sieben Sitzen vom Band. Im letzten Jahr wurde der beinahe Schiffsmotor große Vierzylinder-Diesel mit 3,2 Litern Hubraum auf die Euro 6 –Norm angepasst. Im Zuge der Säuberung verlor er 10 PS, was ihn nun immer noch ausreichende 190 PS leisten lässt. Dabei klingt er stets rau und tackert dir den Einspritzdruck in den Brennräumen vernehmlich ans Ohrläppchen.

200 Kilometer Autobahn, mit dem in der Top-Version (die auch so heißt) serienmäßigen Tempomaten auf 120 km/h limitiert – macht leider keinen Spaß. Zu laut wird es auf Dauer, die rückmeldungsarme Lenkung rückt jeglichen Fahrspaß noch weiter vom Piloten weg. Mit einem Dieseldurst von über zwölf Litern auf 100 Kilometer (12,4 Liter im gemischten Fahrbetrieb während des Testzeitraums) muss der alte Herr auch öfters mal raus.

Ganz oben zeigt uns nur noch der Defender, wo es lang geht. Foto: Bernd Conrad
Ganz oben zeigt uns nur noch der Defender, wo es lang geht. (Foto: Bernd Conrad)

Reichweite definiert der Pajero also keinesfalls durch stupides Kilometerfressen. Mit dem Drehmoment starken Allradler wird dieser Begriff in ein neues, vertikales Verhältnis gesetzt. Denn wenn man den Mitsubishi aus dem Käfig namens Straße befreit, beginnt es – das wahre Erlebnis. Der permanente Allradantrieb mit sperrbarem Hinterachsdifferential und Geländeuntersetzung kennt kaum Grenzen. Trotz montierter Straßenreifen macht der Pajero im Offroad-Park (wo man legal wühlen kann) vor keinem noch so steilen Hügel halt, kämpft sich unter vollem Einsatz seiner 441 Nm Drehmoment durch den Matsch auf jeden Gipfel. Auf dem Plateau stehst du dann neben einem Defender, ein paar Suzuki Jimny sowie dem erwähnten Wrangler und blickst auf die anderen Allradautos herab, die auch gut vorankommen, aber eben nicht bis hier herauf.

Trotz schick verchromter Trittbretter als Bestandteil der Top-Ausstattung (dazu gibt es auch ebenso glänzende Außenspiegelkappen und eine komplett verchromte Front) bleibt genug Bodenfreiheit, so dass der schwere Wagen nirgends aufsetzt.  70 Zentimeter Wattiefe erlauben waghalsige Wasserdurchfahrten – theoretisch, denn des Fahrers Courage schiebt dem schon bei deutlich weniger Tiefgang einen Riegel vor.

Holzdekor und Touchscreen-Navi gibt es in der Top-Version, Automatik immer. (Foto: Bernd Conrad)
Holzdekor und Touchscreen-Navi gibt es in der Top-Version, Automatik immer. (Foto: Bernd Conrad)

Etwas störend, nicht nur im Gelände, sondern auch beim Versuch, enge Kurven im Großstadtdschungel anzupeilen, erweist sich das Lenkrad mit Holzdekor. Schlicht zu rutschig ist das Material, zudem im Winter auch deutlich zu kalt. Als Gegenpol bollert die Sitzheizung in der höheren von zwei Stufen derart schnell und mit nach oben scheinbar offener Heizskala los, dass man innerhalb von 15 Minuten gar ist.

Auf dem kurzen Weg zur Kochtemperatur schafft es das komplex zu bedienende Multimediagerät mit der gut angeordneten Touchscreen leider nicht, das Smartphone zu koppeln. Zumindest Musik hören über den USB-Anschluss im Handschuhfach funktioniert. Aber solch neumodische Sperenzien überlässt der Pajero auch lieber dem ach so hippen SUV-Nachwuchs. Dort, wo er dich hinbringt, hast du weder Zeit noch ein Auge für digitalen Quatsch.

Lange nicht gesehen: Außen montiertes Reserverad. )Foto: Bernd Conrad)
Lange nicht gesehen: Außen montiertes Reserverad. (Foto: Bernd Conrad)

Für wen ist denn der Mitsubishi Pajero nun eigentlich das ideale Auto? Auf jeden Fall für Pferdebesitzer, die die drei Tonnen Anhängelast (3,5 Tonnen beim Fünftürer) zu schätzen wissen. Für Bauleiter, die auch mal in den Tiefbau müssen. Für Tierärzte, denen das verletzte Rind nicht zum Weidezaun entgegenhoppelt. Und vielleicht auch für den einen oder anderen Designfan, der in Sachen Motorlärm und Fahrverhalten hart im Nehmen ist. Denn vor allem als Fünftürer in weiß metallic macht dieser klassische Geländewagen durchaus eine gute Figur.

Schön, dass es Dich noch gibt, Pajero.

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