Im tiefen Rosso California lächeln dich die Kurven an. Der Herzschlag beschleunigt sich, diese Form der Emotionen gibt es nur, wenn man sich darauf vorbereitet, Ferrari zu fahren. Nicht auf der Rennstrecke, nicht im adligen Monaco. Hier – im Taunus – raus aus der Bankenstadt Frankfurt, rein in die kurvige Verlockung in Richtung „hoher Feldberg“.
Der California ist der „immer da“ Ferrari. Der Ferrari für jeden Tag. Er stellt sich dem Wettbewerb mit edlen Sportlern aus Stuttgart. Kein Wildpferd für einen Tag, ein „urbanes“ Aufstehen an jedem Tag. Der Startpunkt kann nur Mainhattan sein, das Ziel ist klar: Wilde Kurvenradien im Taunus.
Ferrari California T
Leidenschaft, Druck und Open Air
Das bisschen Stop & Go-Verkehr aus Frankfurt heraus versickert im „Comfort-Modus“ des Italieners. Unebene Gassen? Dämpft der California lässig aus. Stadtverkehr? Geht. Ganz cool, ruhig und vermeintlich mädchenhaft. Magnetic-Ride Dämpfer bieten geschmeidiges Abrollen auf Sportler-Niveau. Es ist ein fast ungebührlicher Fahrkomfort, mit dem der „T“ nach seinem Lifting prahlt. Sexy war der „kleine“ Ferrari schon immer, jetzt ist er auch noch unfassbar gut. Unter der Haube zudem der erste Turbo-Motor für Ferraristi – gut, der erste Turbo für Ferraristi im Alltag. Turbo hatten die Italiener schon. Aber jetzt, in der Neuzeit. Jetzt ist das der erste, echte, nicht zu unterschätzende Turbo. Früher, beim F40, da war das mehr derb. Richtig derb. Im neuen California T ist Turbo anders. Nix mehr mit einer Gedenksekunde, nix mehr mit einem Turboloch und einemDrehmoment-Hammer, der dich per Schwinger im Wimpernschlag an deine fahrerischen Grenzen befördert. Statt dessen regiert das Gefühl am Pedal. Eine einfache Gleichung eröffnend: Je mehr Druck, desto mehr Druck. Und dazu in jedem Gang ein wenig mehr. Erst in Welle sieben hämmert die volle Packung von 755 Nm über die Hinterachse herein.
Auf der A661 in Richtung Bad Homburg. Zum ersten Mal fällt der Hammer. Das Doppelkupplungsgetriebe agiert als Dr. Gnadenlos und zimmert die Gänge durchs Gehäuse, dass einem die Gänsehaut in hab Acht fährt. Der 180°-V8-Sound bläst seine italienische Lobeshymne. Trotz der Turbos faucht es grummelig bis selig aus den vier Endrohren. Der 3.9 er V8 bekommt von den zwei Turbos so richtig den Marsch geblasen. Vom Wimmern bis zum Blaffen rauf zum Fauchen und Brüllen. 560 PS und kein fühlbares Turboloch!
Flat-Plane Kurbelwelle, langhubig ausgelegter 3.9er V8, TwinScroll Lader. Das ganze Paket wird fein hinter der Vorderachse untergebracht. 47% liegen vorne, 53 % des Gewichtes hinten. Gut für die sportliche Gangart. Mit dem erotischen Nebeneffekt der langen Motorhaube. Und auf Wunsch binnen Sekunden offen zu fahren.
Per du mit 755 Nm
Mit aller Macht stemmen sich die italienischen Sportreifen gegen die schäumende Wut von 610 Nm in den unteren Gangstufen (1-3). Der Italiener zuckt, 1.625 kg denken kurz über die Massenträgheit nach und dann schmettert der „oben ohne Ferrari“ in Richtung Horizont los. Im Moment des Schaltens, dann, wenn die Kräfte eigentlich unterbrechungsfrei exekutiert werden sollten, baumelt dein Kopf wie die Holzmurmel eines zu lose angenähten Puppenkopfes durch das Cockpit, weil jetzt das Manettino nicht auf „Comfort“ steht, sondern auf Sport. Mit Mühe balanciert dich die Traktions-Elektronik am Rande des Haftungsverlustes und das Rosso California zieht der restlichen Welt einen dunkel roten Wimpernstrich.
Als du das erste Mal wieder durchatmen kannst, hat sich der Tacho bereits der 300 km/h Marke genähert. 316 gehen, sagen die Italiener, der Verkehr aus Frankfurt heraus hat nur 307 km/h zugelassen. Die Geräuschkulisse ist atemberaubend gut, trotz der Turbos. Jetzt, bei Tempo 260, pressen die Turbos kubikmeterweise Luft in die Brennräume. Die „Lust“ Ferrari ist bereits jetzt klar. Bewusst, was Rosso California im Bauch auslöst.
Und dabei sind wir erst geradeaus gefahren.
Am Ende der Autobahn ist es dann bloß noch ein Kilometer. Im Abfahrtskreisel spürst du endlich, was es bedeutet, einem gut durchgewärmten Sportreifen vertrauen zu müssen. Die Vorderachse springt in die Kurve, dass sich ein „ach so Einstiegs-Ferrari“ derart easy in die Biegung werfen lässt, erschreckt. Befehl: Vollgas. Gänzlich ohne Ladedruckpause wird der Befehl vollstreckt. Die Kurven werden winkliger, der Straße schmaler. Jetzt müssen die Synapsen und der lässige Italo-Roadster die gleiche Sprache sprechen.
Was stand in der Presse-Mappe? Neue Magna-Ride Dämpfer? Reagieren noch einmal 50% schneller als zuvor? F1 Trac-Traktisonskontrolle? Das große Besteck der italienischen Traktions-Experten. Und eine Karbon-Keramik Anlage, die den wilden Hengst binnen 34 Metern aus Tempo 100 zusammenbremsen kann?
Was dachten wir da nur? Der California ist nur ein „Frauen-Ferrari“. Kein echter Ferrari, weil Frontmotor und sogar 2+2 Sitze. Und dann dieses Dach. Klapp, zack, binnen Sekunden offen. Das kann ja nichts für „Männer“ sein. Ein Spielzeug. Mehr so Schickeria. Und absolut nicht auf Augenhöhe mit den anderen wilden Tieren der Ferraristi? Nun? Er ist vor allem von allem mehr. Mehr Performance, mehr Druck, mehr Leidenschaft. Natürlich darf man das Ganze nicht mit dieser unnachahmlichen Theatralik eines Ferrari 458 Speciale vergleichen. Doch der neue California T ist schlicht unfassbar gut. Wunderbar komponiert. Eine Symphonie für jeden Tag.
Eine Auto zum Genießen des Alltags. Du sollstest es genießen. Dir eine Lektion erteilen lassen. Verstehen, dass ein Ferrari nicht deswegen zum Hausfrauen-Auto wird,weil der Motor vorne und das Dach unten ist. Das Gerede, dass früher alle Ferrari viel mehr Ferrari waren, lächle darüber.
Am Abend, nach Stunden des Glühens am Feldberg, kannst du glücklich und genussvoll zurück in die Stadt fahren. Die Köpfe werden sich wieder umdrehen – niemand wird denken: Er fährt das Auto seiner Frau. Niemand, denn der neue „California T“ ist, was draufsteht: Ein echter Ferrari.