Fetter Luxus – Fahrbericht: Mercedes GLE

Modellwechsel bei dem meistverkauften Mercedes-SUV: Der 2015 von der M-Klasse zum GLE umgetaufte Luxus-Offroader mit Stern startet wieder mit einigen Innovationen in die vierte Generation. Und die haben vor allem das Ziel, den Fahr- und Bedienkomfort weiter zu verbessern.

Mercedes-Benz reklamiert für sich, 1997 mit der Einführung der M-Klasse einen Trend gesetzt zu haben. Den Trend zum Luxus-SUV. Tatsächlich war der Hochbeiner mit Stern, der damals als erstes Modell im neuen US-Werk in Tuscaloosa/Alabama vom Band lief, der Vorreiter für ein Wachstums-Segment, dem viele Nachahmer vom Porsche Cayenne und VW Touareg bis zum Volvo XC90 folgten. Über 20 Jahre und rund zwei Millionen verkaufter Exemplare später – aus der M-Klasse ist 2015 der GLE geworden – soll die vierte Generation des Geländegängers den Ruf als Trendsetter untermauern. Und so erwartet die Kundschaft ab Ende Januar, wenn die Auslieferung des noblen Hochbeiners mit einem Einstiegstarif von 65.807 Euro beginnt, wieder einige Innovationen, die in keinem anderen aktuellen SUV am Markt, egal ob groß oder klein, zu finden sind.

Fetter Luxus – Fahrbericht: Mercedes GLE
Die Rückleuchten und eine doppelzackige Leuchtgrafik sind ebenfalls neu

Das Outfit wirkt, von einigen Sicken und Kanten befreit, etwas rundlicher. Die Frontpartie trägt das neue Markengesicht. Die Rückleuchten und eine doppelzackige Leuchtgrafik sind ebenfalls neu, aber das Gesamtbild bleibt allein schon wegen der markanten, breiten C-Säule erhalten: Unverkennbar ein Mercedes GLE.

Der Innenraum präsentiert sich dagegen komplett neu. Das aus der A-Klasse bekannte Multimedia-System MBUX (Mercedes-Benz User eXperience) hält im GLE Einzug und erfordert mit seinen beiden hochauflösenden 12,3-Zoll-Displays, die in Breitband-Optik zu einem durchgängigen Bildschirm verbunden sind, ein neues Cockpit-Layout. Das wirkt dennoch irgendwie vertraut und dürfte sich Mercedes-Kunden intuitiv erschließen. Wobei die stilvolle, scheinbar schwebende Instrumententafel mit einer wuchtigen Mittelkonsole kontrastiert, deren Robustheit durch zwei dominante Haltegriffe unterstrichen wird.

Spürbar verbessert haben sich die Platzverhältnisse, besonders für die Passagiere in der zweiten Reihe. Denn der Längenzuwachs der Karosserie um 10,5 Zentimeter auf 4,92 Meter und der um acht Zentimeter vergrößerte Radstand (3,00 Meter) kommen hauptsächlich den Hinterbänklern zugute. Die können sich nun auf einen Meter Beinfreiheit freuen, und selbst groß gewachsenen Zeitgenossen fällt nicht der Himmel auf den Kopf. Als Besonderheit kann eine sechsfach vollelektrisch verstellbare zweite Sitzreihe mit einer Längsverstellung um bis zu 10 Zentimeter geordert werden. Und neben ausreichenden USB-Anschlüssen steht dort sogar eine 230-Volt-Steckdose für Laptops oder ähnliche Gerätschaften optional zur Verfügung.

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Die neue Generation ist größer geworden

Das Gepäckvolumen hinter den Rücklehnen ist allerdings auf 630 Liter geschrumpft – ohne verstellbare Rücksitze. Mit dieser Option fasst der verlängerte Laderaum schon mal 825 Liter, und bei umgelegten Rücklehnen, was ebenfalls vollelektrisch vom Kofferraum aus funktioniert, sind es so oder so stattliche 2055 Liter. Alternativ verwandeln zwei auf Wunsch bestellbare, zusätzliche Sitze in der dritten Reihe den GLE auch in einen Siebensitzer. Die Anhängelast liegt bei 2.700 Kilogramm, kann mit Luftfederung aber auf 3,5 Tonnen wie bisher erhöht werden.

So, nun aber hinters Steuer gesetzt und auf Entdeckungstour gehen. Das beginnt bei einer völlig neuen Motoren-Palette mit Acht- und Sechszylinder-Benzinern sowie Vier- und Sechszylinder-Dieseln, von denen zum Marktstart zunächst aber nur zwei Varianten angeboten werden: der Selbstzünder GLE 300d 4Matic mit 180 kW/245 PS, der für 65.807 Euro aktuell das Einstiegsmodell darstellt, und als vorläufig einzige-Variante mit Ottomotor der Reihensechszylinder GLE 450 4Matic mit 270 kW/367 PS zu Preisen ab 72.650 Euro.

Beide Triebwerke beeindrucken mit bester Laufruhe und geringer Geräuschentwicklung, wobei der Vierzylinder-Diesel gar nicht so weit von dem seidenweich laufenden Benziner-Sixpack entfernt ist, wie man das vielleicht erwarten würde. Das 2,0-Liter-Aggregat spurtet in 7,2 Sekunden auf Tempo 100, schafft maximal 225 km/h und besitzt mit 500 Nm schon bei 1600 Touren ausreichend Durchzug, so dass es für ein flottes Vorankommen an nichts mangelt. Natürlich glänzt der die Euro-6d-temp-Norm erfüllende Motor vor allem beim Verbrauch. Dem kaum erreichbaren Normwert (nach NEFZ) von 6,1 l/100 km Diesel stand bei ersten Testrunden rund um San Antonio/Texas immerhin ein Wert deutlich unter acht Litern gegenüber.

Fetter Luxus – Fahrbericht: Mercedes GLE
Der Innenraum präsentiert sich komplett neu

Technisch interessanter ist zweifellos der GLE 450 4Matic, dessen Sechszylinder-Triebwerk mit einem 48-Volt-Bordnetz elektrifiziert ist. Der Mercedes-Offroader wird damit zum „Mild-Hybrid“, bei dem ein Integrierter Starter-Generator Hybridfunktionen wie Boosten oder Rekuperieren übernimmt. Im ersten Fall bedeutet dies, dass das mit 270 kW/367 PS und 500 Nm Drehmoment bereits ordentlich bestückte Power-Sixpack noch einmal zusätzliche 16 kW/22 PS und weitere 250 Nm Drehmoment abrufen kann, im anderen Fall reduziert dies den Verbrauch. Die Normwerte liegen zwischen 8,3 und 9,4 Liter Super, unser Bordcomputer zeigte einen Wert knapp über 10 Liter an.

Auf der 48-Bord-Technologie baut auch eine der beiden Weltneuheiten im GLE auf: das elektrohydraulische Fahrwerk E-Active Body Control (E-ABC), das 7.735 Euro Aufpreis kostet und zwingend mit der ebenfalls optionalen Luftfederung (Airmatic) kombiniert werden muss. Als einziges System am Markt vermag es mittels einer elektrischen Hydraulikpumpe die Feder- und Dämpferkräfte an jedem einzelnen Rad individuell zu regeln. In Verbindung mit einem Oberflächenscanner (Road Surface Scan) und der Kurvenneigefunktion „Curve“ wird der ohnehin schon hohe Fahrkomfort damit ein weiteres Quäntchen verbessert. Seitenneigung in Kurven ist kaum mehr wahrnehmbar, und Nick- und Hubbewegungen versucht das Fahrwerk mit Hilfe des Scanners weitgehend auszubügeln. Auf langen Bodenwellen Funktioniert das besser als bei kurzen Fahrbahnstößen.

Doch das E-ABC sorgt nicht nur verbesserten Onroad-Komfort, sondern auch für ausgezeichnete Gelände-Qualitäten. Besonders spektakulär dabei – in Verbindung mit dem Offroad-Paket Plus – der sogenannte Freifahrmodus, mit dem sich der GLE selbst aus schwierigsten Situationen befreien kann. Wer etwa mit allen vier Rädern tief im Sand steckt, wird durch ein „hüpfendes“ Fahrwerk Stück für Stück wieder in die Freiheit befördert.

Fetter Luxus – Fahrbericht: Mercedes GLE
Zwei Motoren stehen zum Start zur Wahl

Das Multimedia-System MBUX wird im GLE um den „Interieur Assist“ erweitert. Eine Kamera in der Dachbedieneinheit dient als Annäherungssensor, der bei Handbewegungen die Absicht des Fahrers oder Beifahrers erkennt, Anzeigen im Media-Display ändert, Menüpunkte auf dem Touchscreen hervorhebt oder automatisch die Leseleuchte anschaltet, wenn der Fahrer nach einem Gegenstand rechts auf dem unbesetzten Beifahrerplatz greift. Angeboten wird der Assistent aber ausschließlich im MBUX-Gesamtpaket für 1.722 Euro extra.

Der Stau-Assistent erkennt bei dank Echtzeit-Verkehrsinformationen schon vor dem Fahrer, wo der Verkehr stockt, und reduziert schon mal vorsorglich die Geschwindigkeit, um auf ein Abbremsen vorbereitet zu sein. Und der aktive Lenk-Assistent weiß, wo sich das Fahrzeug auf mehrspurigen Autobahnen befindet und orientiert sich beim Stau rettungsgassengemäß an den vorhandenen Spurmarkierungen. Der Anhängerrangier-Assistent erleichtert bei Bedarf ungeübten Gespannfahrern das Rückwärtsmanovrieren.

Über Sinn und Unsinn eines „Energizing Coaches“, der auf den Fahrer zugeschnittene, persönliche Wohlfühlprogramme bis hin zu speziellen Einstellungen der Massagesitze empfiehlt, mag man ja zu Recht streiten. Das noch höher auflösende Head-Up-Display, das ein auf 45×15 Zentimeter vergrößertes, vollfarbiges Bild in die Frontscheibe einblendet, ist ein echter Gewinn.