Ford B-Max 1.0 Ecoboost 74 kW – Durchgehend geöffnet
Ende 2012 geschah eines dieser kleinen Wunder in der Autowelt: Die im März 2011 in Genf ohne B-Säulen präsentierte Ford-Studie B-Max ging mit ihrer coolen Karosseriekonstruktion unter großem Applaus der Fachpresse tatsächlich in Serie. Ob die größeren Freiheitsgerade beim Einstieg in den Innenraum auch vier Jahre später noch begeistern können, haben wir in Kombination mit dem schwächsten der drei Ecoboost-Motoren, der 100-PS-Version, im Alltag getestet.
Obwohl der Begriff Ecoboost eigentlich für Fortschritt steht, wollte uns die Einstiegsversion dieser Motorenfamilie nicht so recht überzeugen. Zwar zerren dank Turboaufladung muntere 170 Newtonmeter recht früh und bisweilen sogar etwas ungestüm an den Antriebsrädern, doch eigentlich sollten sich 100 PS souveräner anfühlen. Dieser subjektive Eindruck findet auch eine objektive Entsprechung in den Fahrwerten, denn der 1,3-Tonner braucht über 13 Sekunden für den Standardsprint und erreicht maximal 175 km/h. Da ist bei diversen Mitbewerbern mit gleicher Leistung deutlich mehr drin. Zum Vergleich: Ein VW Polo erreicht mit einem 95-PS-Dreizylinder über 190 Sachen und hakt den Sprint fast 3 Sekunden schneller ab. Auch in Hinblick auf die Effizienz blieben trotz Dreizylinder-Downsizing Wunder aus. Das Start-Stopp-System arbeitete zwar hervorragend, dennoch verfeuerten wir rund 8 Liter im Stadtverkehr. Auf der Autobahn bei konstant 130 km/h waren es immer noch 6,5 Liter. Die von Ford veranschlagten 4,9 Liter sind praktisch unerreichbar. Immerhin: Die für Dreizylinder typische unrunde Laufkultur offenbarte das kleine Ecoboost-Triebwerk erst unter Volllast.
Das mittlerweile nicht mehr ganz taufrische Innenraumkonzept des B-Max bereitet im Alltagseinsatz, vor allem dem mit Kind und Kegel, hingegen unvermindert viel Freude. Mit knapp über vier Meter Länge gehört der in Rumänien gebaute Kölner eigentlich zu den Kleinwagen, doch mit seinem variablen Innenleben meistert der Van selbst anspruchsvolle Transportaufgaben erstaunlich locker. Eine Kleinfamilie mit Reisegepäck für eine Woche samt Kinderfahrrad kann man jedenfalls problemlos in den variablen Ford unterbringen. Während der Standardkofferraum mit knapp über 300 Liter einen noch klassentypischen Zuschnitt bietet, eröffnet sich nach dem Umklappen der Rückbank ein fast 1.400 Liter großer Stauraum. Sogar lange Gegenstände, wie etwa ein Kleiderschrank vom beliebten schwedischen Möbelhaus, passen rein, da sich sogar die Beifahrersitzlehne serienmäßig umklappen lässt. Kleine Zusatzablagen, ein Zwischenboden im Kofferraum und Taschenhaken runden die durchweg überzeugende Nutzwert-Kompetenz des B-Max ab.
Und dann sind da noch die fehlenden B-Säulen und praktischen Schiebetüren. Neben dem besonders bequemen Einstieg in den Fond können dank dieser im Autobau einmaligen Kombination Kinder die Türen auch in engen Parklücken gefahrenlos selber öffnen. Darüber hinaus kommt man eigentlich von überall gut an den Innenraum ran, was das Be- und Entladen erleichtert. Die Montage von Kindersitzen geht zum Beispiel besonders leicht von der Hand. Neben dem großzügigen Einstieg ist auch das Platzangebot für Passagiere üppig. In beiden Reihen können Erwachsene mit erhobenem Haupt und guter Kniefreiheit reisen; zu dritt auf der Rückbank sollte man allerdings keine Berührungsängste haben.
Wer vorne einsteigt, wird sich möglicherweise über das hohe Gewicht der Türen wundern, in denen sich übrigens die B-Säulen verstecken. Das hohe Gewicht wirkt sich nicht wirklich negativ auf die Handhabung aus, doch in der Geschichte des Autobaus gibt es Beispiele, bei denen schwere Türen irgendwann für ausgeleierte Scharniere sorgten. Der Fahrer genießt im B-Max, leicht erhöht sitzend, einen guten Ausblick, sofern er nicht auf das unter ästhetischen Gesichtspunkten etwas krude gestaltete Cockpit schaut.
Trotz des stellenweise verwirrenden Bedienkonzepts bietet der B-Max letztlich dennoch die Funktionen, die andere auch bieten. Es braucht nur etwas Eingewöhnungszeit, diese über das Daumenkino-Display routiniert abzurufen. Dank einer praktischen Direktwahltasten-Funktion kommt man dann sogar oft schneller als bei anderen Herstellern zum Ziel. Von einigen Verarbeitungsschwächen und stellenweise etwas billig anmutenden Hartplastikteilen einmal abgesehen, hat man aber allen Grund sich hier wohl zu fühlen. Auch die Karosserie hinterlässt trotz ihrer besonderen Konstruktion einen grundsoliden Eindruck, denn selbst auf holperigem Untergrund war kein Knarzen oder Quietschen zu vernehmen.
Ebenso gelungen ist die Fahrwerksabstimmung. Gelegentlich reagiert der stramme Unterbau etwas unwirsch auf Unebenheiten, doch im Gegenzug erfreut der B-Max trotz seiner etwas synthetischen Lenkung mit einem guten Handling. Das fühlt sich jedenfalls sportlicher an als man es von einem Kleinwagen-Van eigentlich erwarten würde.
Auch der Preis des B-Max ist niedriger als man eigentlich meinen möchte. Der 1.0 Ecoboost in der von uns getesteten Topausstattung Titanium kostet offiziell 20.000 Euro, doch werden neue Exemplare bereits für 15.000 angeboten. Angesichts des Gebotenen ist das ein sehr attraktiver Kurs. (Mario Hommen/SP-X)
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