Ford S-Max – S wie gemütlich
Wann haben Sie zuletzt den Begriff „Pampersbomber“ gehört? Schon länger her, oder? Der abfällige Begriff ist mit der Gattung der braven Familienvans, die er bezeichnet, aus der Mode gekommen. Nicht etwa, weil Mütter und Väter ihre Sprösslinge nun in Kleinwagen stapeln oder Stammtischparolen weniger gehässig geworden sind. Heute sind es die „Mutti-Panzer“, Sie wissen schon, die bulligen SUV, die vorzugsweise vor Schulen oder Kindergärten Verkehrschaos anrichten, um mal im Duktus zu bleiben. Vor allem im Vergleich zu den boomenden SUV wirken die Akteure des rückläufigen Van-Segments auf viele Autokäufer unmodern und bieder. Der seit 2015 in der zweiten Generation gebaute S-Max macht wohl auch deshalb betont auf sportlich. Im zweiwöchigen Test offenbarte er aber sein wahres Ich – und das hat mit Sport nur am Rande zu tun.
Äußerlich lässt der S-Max an Dynamik kaum zu wünschen übrig: Der trapezförmige Kühlergrill-Schlund, den die neuen Ford-Modelle tragen, steht ihm gut, die Silhouette wirkt gestreckt und kaum van-typisch kastig, zum Heck hin fällt das Dach leicht ab. Dass der S-Max deutlich sportlicher wirkt als das 3.000 Euro teurere Schwestermodell Galaxy – ein klassischer „Pampersbomber“ – liegt auch daran, dass er bei gleichem Radstand (2,85 Meter) und etwas weniger Länge (4,80 Meter) fast zehn Zentimeter niedriger ist.
Eine etwaige Kritik an etwas weniger Kopffreiheit wäre Klagen auf hohem Niveau, bieten doch sogar die beiden schmalen Plätze der optionalen dritten Sitzreihe (950 Euro Aufpreis) durchaus genug Raum, dass auch Erwachsene einigermaßen komfortabel auch eine längere Fahrt überstehen. Das liegt unter anderem daran, dass sich die zweite Sitzreihe verschieben lässt. In der am weitesten nach hingen geschobenen Stellung hingegen genießen die Passagiere der zweiten Reihe üppigste Beinfreiheit wie sie sonst in Oberklasse-Limousinen zu finden ist. Die drei ausgeformten Sessel sind gleich groß und – für Familien mit mehr als zwei Kindern wichtig – haben auf allen drei Plätzen Isofix. Je nach Sitzkonfiguration hat der Kofferraum Platz für 285 bis 2.020 Liter Volumen. Für den Komfort auf den Rückbänken sorgt auch die optionale 3-Zonen-Klimaautomatik (400 Euro Aufpreis), die auch den Hinterbänklern durch Düsen im Dach je nach Wunsch temperierte Frischluft ins Gesicht pustet. Blickt man vom Fahrersitz zurück, hat man fast den Eindruck, man zöge ein ganzes Wohnzimmer hinter sich her.
Dieser Eindruck verfestigt sich beim Tritt aufs Gaspedal. Dem 2,0-Liter-Vierzylinderdiesel aus unserem Testwagen (mindestens 36.200 Euro mit Automatik) standen immerhin 400 Newtonmeter Drehmoment und 132 kW/180 PS zur Verfügung, um die 1,8 Tonnen Gewicht vorwärts zu wuchten – es ist der zweitgrößte Selbstzünder in der Modellpalette. Trotzdem ließ der „Max“ von seinem „S“ wenig spüren: Recht druckvoll aber wenig dynamisch beschleunigt der Kölner, die gemütlich schaltende Sechsgang-Automatik trägt auch nicht gerade dazu bei, dass der Fahrer Herzklopfen bekommt. Die Abstimmung ist mehr komfortabel als straff, was den Ford weniger zum Um-die-Ecke-Flitzer als zum gemütlichen Reisemobil auf der Autobahn macht. In der Stadt hingegen fühlt sich der Van auch dank adaptiver Lenkung nicht nach fast fünf Metern Länge an. Der Verbrauch geht mit 7,4 Litern für ein Auto dieser Größe in Ordnung, liegt aber zwei Liter über den unter Laborbedingungen erzielten Herstellerangaben.
Entsprechend der oft preisbewussten Ford-Kundschaft ist bereits die Basisversion „Trend“ annehmbar ausgestattet, unter anderem mit Audiosystem (CD/USB), Multifunktions-Lederlenkrad, elektrischen Fensterhebern vorn und hinten, 2-Zonen-Klimaautomatik und Nebenscheinwerfern. Darüber hinaus kann man aus einer üppigen Aufpreisliste wählen, viele Extras lassen sich bereits mit der Basisausstattung kombinieren – sehr fair. Tempomat kostet 250 Euro Aufpreis, Panoramadach 950 Euro und LED-Scheinwerfer 1.520 Euro – um nur einige Optionen zu nennen. Assistenzsysteme wie Toter-Winkel-Warner, Spurhalter und Notbremsassistent sind im Technik-Paket zusammen gefasst (plus 1.350 Euro).
Das günstigere der Infotainmentsysteme (plus 350 Euro) bietet mit Freisprecheinrichtung, Sprachsteuerung und SMS-Vorlesefunktion bereits beliebte Konnektivitätsfunktionen. Im Testwagen war die teurere Variante mit großem Touchscreen montiert, die jedoch im Detail nicht restlos überzeugen konnte: So lenkte die Bedienung des kleinteiligen Menüs mit unnötig kleinen Tasten mitunter beim Fahren zu sehr ab und der Zwang, Naviziele oder Anrufwünsche immer doppelt bestätigen zu müssen nervte. Die erweiterte Sprachsteuerung, die auch Radio oder Klimaanlage befehligt, leistete sich einen Patzer, als sie geschlagene 15 Minuten den Ort Bad Honnef nicht als Ziel übernehmen wollte und die Buchstabierfunktion schließlich nicht mal mehr einzelne Buchstaben erkannte. Kurz bevor wir aufgeben wollten, hatte sie dann plötzlich ohne jegliche Diskussion die komplette Adresse parat und tat fortan ohne Murren ihren Dienst. Ob die Flüche geholfen haben?
Fazit: Für einen Pampersbomber ist der S-Max vielleicht zu stylisch, mit Sport hat er zumindest in der aktuellen Generation aber nur noch am Rande etwas zu tun. Ganz hervorragend kann zum Beispiel eine Handballmannschaft auch weitere Strecken zum Turnier zurücklegen oder das Nachwuchs-Eishockeyteam fürs Training eingesammelt werden. Dabei sorgt der Kölner bei Mutti und Vati für gute Übersicht und entspanntes Reisen – und eine Vorfahrt ohne abfälliges „Mutti-Panzer“-Geläster. (Hanne Schweitzer/SP-X)
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