Ford Ka+ – Neuausrichtung geglückt

Was muss ein kleines Auto für rund 10.000 Euro wirklich können? Gut zu fahren und einfach zu parken sein, einigermaßen Platz bieten und einige Extras für kleines Geld in der Preisliste aufführen. In seiner Neuauflage besinnt sich der Ford Ka+ auf die Kerntugenden eines Kleinstwagens und macht seine Sache überraschend gut.

Mit seinem Knutschkugel-Design warb der Ford Ka ab 1996 um die Gunst junger, urbaner Kundschaft. Das gelang dem Dreitürer zuletzt nicht mehr besonders gut: 2015 wurden hierzulande knapp 7.000 Exemplare verkauft – 2009 waren es noch gut 30.000. Mit fünf Türen, mehr Länge, günstigem Preis und einem eher auf Praxistauglichkeit als Anmut getrimmten Design soll der Ka+ – das „Plus“ weist auf die Neupositionierung hin – nun ab Oktober ganz neu durchstarten.

Dabei kommt dem kleinsten Ford vor allem die B-Plattform zugute, die auch die Basis für Fiesta oder B-Max bildet. Mit nun 3,93 Metern Länge (+ 30 cm) streckt sich der Ka+ fast auf Kleinwagen-Niveau. Fünf statt drei Türen erhöhen die Praxistauglichkeit. Und bei 2,49 Metern Radstand haben Passagiere hinten tatsächlich so etwas wie Kniefreiheit – in Kleinstwagen die absolute Ausnahme. Zu zweit sitzt man dort als mittelgroßer Erwachsener recht bequem, auch weil das Dach nicht modisch nach hinten abfällt.

Das Cockpit stammt aus dem Fiesta
Das Cockpit stammt aus dem Fiesta

270 Liter Kofferraumvolumen – fast 50 Liter mehr als bisher – ist ein Bestwert im Kleinstwagen-Segment, das der Ka+ allerdings, wie gesagt, mit seinen Ausmaßen etwas sprengt. Direkte Konkurrenten wie Opel Karl (195 Liter, 3,68 Meter) oder Suzuki Celerio (254 Liter, 3,60 Meter) können weniger zuladen. Diverse Ablagefächer machen den Ka+ zum angenehmen Alltagsbegleiter, so fassen die beiden vorderen Türfächer gleichzeitig 1,0- und 0,6-Liter-Flasche. Nettes Gimmick: Ein „Geheimfach“ in der Seite des Instrumententrägers schützt wertvolle Gegenstände vor Diebstahl: Es ist nur erreichbar, wenn die Fahrertür geöffnet ist und wird unsichtbar, sobald sie geschlossen ist.

Neben den stattlichen Abmessungen profitiert der Ka+ auch in anderer Hinsicht von der neuen Plattform: So würde das ausbalancierte Fahrverhalten auch einem größeren Modell gut zu Gesicht stehen. Der Ka+ federt straff, aber nicht unkomfortabel, lässt sich auch dank der geschwindigkeitsabhängigen Servolenkung (Serie) präzise steuern. Auch bei Autobahntempo vermittelt dieser Kleinstwagen ein souveränes Gefühl. Bei dieser Geschwindigkeit muss man allerdings erstmal ankommen.
Denn zum ansonsten so souveränen Auftritt wollen die beiden angebotenen Motoren nicht ganz passen. Kurz erinnern: Wir sprechen schließlich immer noch über einen Kleinstwagen um 10.000 Euro. Ford offeriert einen 1,2-Liter-Saugbenziner mit 52 kW/70 PS und 63 kW/85 PS. Schon der Sprintwert des stärkeren Aggregats, mit dem der Testwagen ausgestattet war, lässt es erahnen: In 13,3 Sekunden von null auf 100 km/h lässt kaum echte Fahrfreude aufkommen. Zumal der Motor recht hohe Drehzahlen braucht und der Fahrer fleißig das manuelle Fünfganggetriebe bedienen muss, um zackig vom Fleck zu kommen.
Andererseits ist das bevorzugte Einsatzgebiet eines Autos unter vier Metern eben nicht die Autobahn, in der Stadt fällt die mangelnde Durchzugskraft weniger auf. Und: Trotz exzessiven Ausfahrens der Gänge und übermäßiger Klimaanlagen-Beanspruchung am heißen Testtag blieb der der Ka+ auf der Testfahrt unter sieben Litern – nicht unbedingt selbstverständlich. Den Normverbrauch gibt Ford mit 5,0 Litern an.

Mit nun 3,93 Metern Länge (+ 30 cm) streckt sich der Ka+ fast auf Kleinwagen-Niveau
Mit nun 3,93 Metern Länge (+ 30 cm) streckt sich der Ka+ fast auf Kleinwagen-Niveau

Der Preis des Ka+ ist mit 9.990 Euro eine Kampfansage an die durchweg kleineren Opel Karl (ab 9.500 Euro), Suzuki Celerio (9.690 Euro) und Co. Dabei ist die Basisversion nicht völlig nackt: Elektrische Fensterheber und Außenspiegel, teilbare Rücksitzlehne, geschwindigkeitsabhängige Servolenkung und Zentralverriegelung mit Fernbedienung sind an Bord. Radio und Klimaanlage kosten im Paket 950 Euro. Der größere Motor kann nur mit der zweiten Ausstattungslinie kombiniert werden (ab 11.400 Euro), die unter anderem Klimaanlage sowie CD-Radio mit Konnektivitätsfunktionen beinhaltet. Extras wie Einparkhilfen vorn und hinten können hier hinzugeordert werden (im Paket 400 Euro), sind aber aufgrund der guten Übersichtlichkeit – eine heute nicht mehr selbstverständliche Kleinstwagen-Kerntugend – nicht unbedingt notwendig.

Ein Navi wird der Positionierung als Budget-Modell folgend nicht angeboten – wer ein Auto um 10.000 Euro sucht, navigiert mit TomTom oder Smartphone-App. Perfekt wäre es, wenn der Ka+ über Android Auto oder Apple Carplay verfügen, also zum Beispiel die Navikarte auf dem Autobildschirm anzeigen würde. Da der kleinste Ford die Infotainment-Basis des schon etwas älteren Fiesta übernimmt, sind lediglich einfachere Konnektivitätsfunktionen wie Freisprecheinrichtung, Sprachsteuerung, Musik vom Smartphone abspielen oder SMS vorlesen möglich.

Elektrische Fensterheber und Außenspiegel, teilbare Rücksitzlehne, geschwindigkeitsabhängige Servolenkung und Zentralverriegelung mit Fernbedienung sind an Bord. Radio und Klimaanlage kosten im Paket 950 Euro
Elektrische Fensterheber und Außenspiegel, teilbare Rücksitzlehne, geschwindigkeitsabhängige Servolenkung und Zentralverriegelung mit Fernbedienung sind an Bord. Radio und Klimaanlage kosten im Paket 950 Euro

Die Verwandlung von der Knutschkugel zum Praktiker ist dem Ford Ka gelungen, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Zum nur vier Zentimeter längere Fiesta hält der Ka+ allerdings einen Respektabstand ein. Trotzdem dürfte dieser in seiner Neuauflage kommendes Jahr etwas höher positioniert werden, ist doch die Preis-Leistungs-Lücke nun besetzt. (Hanne Lübbehüsen/SP-X)

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