Kneift man die Augen ein wenig zu, blinzelt man beim Blick auf die Scheinwerfer und schaut man nur flüchtig auf die Linien des neuen Q50, dann findet man doch ein paar optische Anleihen, die an einen Premium-Hersteller aus München erinnern. Und da wollen sie auch hin, die Revoluzzer des Dienstwagen-Segments. Im Interview mit Christian Blank (Direktor Infiniti Europa) wurde deutlich, der neue Q50 ist nicht einfach nur ein Neustart für die Marke in Deutschland, sondern eine mögliche Revolution für den Dienstwagen-Markt und dank Heckantrieb und dynamischen Handling ist die Stoßrichtung klar definiert.
Revolte in der Dienstwagenklasse
Der erste Eindruck:
Der neue Infiniti Q50 ist eine klassische Limousine geworden. Mit knappen 4.80 Metern genau zwischen dem Dreier und dem Fünfer von BMW positioniert. Der Radstand streckt sich über 2.85 Meter und liegt damit abermals genau zwischen BMW Dreier und Fünfer. Die Proportionen zeichnen eine dynamisch gestreckte Limousine mit langer Motorhaube, kurzem Heckdeckel und einer markanten C-Säule. Die hintere Tür geht in eine kraftvolle Schulterlinie über, die den Q50 satt auf der Straße stehen lässt. Das Design ist erfrischend anders, zum Glück aber weniger Barock als der Vorgänger.
An der Front steht der mittlerweile zum Markengesicht gewachsene Kühlergrill mit einem selbstbewusst in die breite gegangenen Infiniti-Logo.
So fährt er sich:
So richtig Eindruck schindet der Q50 in der Verbindung mit dem „DAS“ getauften „Steer-by-Wire“ System, bei dem die Lenksäule von der Vorderachse entkoppelt wird und Sensoren, Aktuatoren und Elektromotoren die Führung übernehmen, wenn es über schlechte Straßen geht. War es bislang nur logisch, dass der Weg vom Lenkrad zu den Rädern auch genauso zurück funktioniert, also Stöße und Vibrationen von den Rädern der Vorderachse über die Lenkung an den Fahrer zurück gegeben werden, ist das „Dynamic Active Steering System“ in der Lage genau das zu vermeiden. Während man über üble Buckelpisten fährt, bleibt das Lenkrad ruhig, es schlägt nicht hin und her – das System filtert dieses Feedback der Räder an das Lenkrad einfach aus.
Was für eine neue Dimension des Lenkkomfort sorgt, wirkt auf der Straße erst einmal sehr künstlich. Es scheint als wolle uns die Zukunft im Automobil dorthin entführen, wo Flugzeuge heute bereits sind. Auch wenn der Q50 noch immer eine mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Vorderachse besitzt – bleibt dies nur die „Back-Up Lösung“ für den Notfall. Im Alltag wird es möglich die Reaktion der Lenkung auf die Eingabe des Fahrers nach Wunsch einzustellen. Sportlicher, direkter und mit mehr Widerstand – oder extrem leicht, mit größeren Lenkwinkel? Die Software des „DAS-System“ spielt den Übersetzer zwischen den Wünschen der Fahrer und der Lenkung. Beeindruckend demonstrieren lies sich das auf einer speziell vorbereiteten Slalom-Strecke. Während der Q50 in der Version ohne „DAS“ bei Tempo 30 beim durchfahren des Slalom ein überkreuzen der Arme notwendig macht, fuhr der Q50 mit „Dynamic Active Steering“ und aktivierter Sport-Einstellung mit nur halb soviel Lenkradarbeit durch den gleichen Parcours.
Zurück auf die Straße
Auch beim neuen Q50 bietet Infiniti weiterhin den sportlichsten Hybriden im Segment an. Mit einer Systemleistung von 364 PS sprintet der Q50 mit der Kraft aus Benzinmotor und E-Antrieb binnen 5.1 Sekunden auf Tempo 100 und bleibt dennoch unter der 150 Gramm / KM CO² Marke (NEFZ kombiniert)
Er versteht sich auch mit neuem Namen, neuem Gesicht und neuen Talenten als der Dynamiker unter den Hybriden – eben wie sein Vorgänger der M35h. Doch mit dem neuen Q50 zieht eine sinnvolle Alternative mit in die Preisliste ein: Der „kleine Diesel“.
Kleiner Diesel
Pssst. Interessierte Dienstwagen-Käufer werden es nicht gerne lesen, aber der 2.2 Diesel macht aus dem sportlich gezeichneten Q50 die Buchhalter-Variante im Infiniti-Programm. Plötzlich sind 170 PS genug und mit 4.4 Liter (NEFZ-Norm) auf 100 km wird der Q50 zu einem echten Sparbrötchen. Nicht gespart wird am Drehmoment. Der von Technologie-Partner Mercedes-Benz gelieferte Bi-Turbo Diesel stemmt 400 Nm in Richtung des Siebengang-Automatikgetriebes. Das reicht um den klassisch per Heckantrieb bewegten Edel-Japaner kraftvoll durch die Landschaft zu schieben. Es reicht wirklich. Das 7-Gang Getriebe bleibt dabei wohltuend cool in seiner Schaltstrategie und vertraut auf den Drehmomentschwall des kleinen Diesels.
Im Gegensatz zum Hybrid-Q wird der Diesel-Q in der Stadt jedoch nicht zum „Flüsternden Firmenwagen“, der Q50 2.2 Diesel nagelt hörbar vor sich hin, wenn nicht gerade die Start-Stopp-Automatik an der Ampel eingreift. Der Hybrid-Q (den es übrigens sowohl mit reinem Heckantrieb, als auch mit Allradantrieb gibt) kann dank 67 PS Elektromotor den Stopp&Go Alltag in den Städten auch völlig geräuschlos und ohne lokale Emissionen meistern.
Varianten, Versionen, Verkaufspreis
Infiniti meint es ernst. Auch wenn die Marke im Prinzip erst 2012 als eigenes Unternehmen gegründet wurde, seit 24 Jahren gibt es die Edelmarke des Nissan-Konzern bereits in den USA und mit dem Q50 will man nun in Europa für Bewegung im Segment der klassischen Limousinen sorgen. Und die Zeichen stehen gut.
Zum Marktstart im November bietet Infiniti zwei Motoren, zwei Ausstattungslevel, zwei Getriebevarianten und zwei Antriebstechniken an. Der 2.2 Liter Diesel von Mercedes gehört nicht zu den verschliffenen Aggregaten auf dem Markt, aber zu den sportlichsten und vor allem, zu den sparsamsten.
Der Q50 Hybrid ist ein großer Sprung und bedeutet eine vollständige Charakterverwandlung des Q50. Vom sparsamen Dienstwagen, zum edlen Sonderling mit fulminantem Antriebsstrang.
Den absoluten Einstieg markiert der 2.2 Diesel mit manueller Sechgangschaltung und 34.350 € in der Preisliste, dafür bekommt man eine Limousine mit Heckantrieb, 114 Gramm CO²-Emissionen je Kilometer und einer A+ Effizienz-Einstufung.
Die kraftvolle Hybrid-Version kostet mindestens 51.356 €.
Fazit:
Die Marke Infiniti hatte in Deutschland keinen leichten Start. Als man 2008 auf den Markt kam, schlug gerade die Wirtschaftskrise zu und auch bei den Fahrern von Firmen- und Dienstwagen war man erst einmal nicht in der Laune, Experimente zu starten. Der Q50 könnte sich zum Geheimtipp unter den Limousinen-Käufer dieser Republik etablieren. Die Verarbeitung stimmt, die Technik-Features sind wirklich gut und was die Fahrdynamik angeht, so gehört der Q5o zu den Dynamikern seines Segments. Wird dabei aber nicht zum Säufer.
Die Zeichen in der Klasse der Firmenwagen stehen auf Sturm, der Q50 ruft die Revolte aus! Ich bin gespannt auf seine Erfolge!
Technische Daten:
Hersteller: | INFINITI |
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Modellname: | Q50 |
Karosserievariante: | Limousine 4-Türig |
Motor: | 2.2 Diesel oder V6-Hybrid |
Getriebe: | 6-Gang Manuell oder 7-Gang Automatik |
Antrieb: | Heckantrieb, oder Allrad |
Hubraum: | 3.498 ccm | Q50 3.5h |
Leistung: | 364 PS | Q50 3.5h |
Drehmoment: | – |
Von 0 auf 100 km/h: | 5.1 Sek. | Q50 3.5h |
Höchstgeschw.: | 250 km/h | Q50 3.5h |
Verbrauch nach Norm: | 6.2 Liter / 100 km | Q50 3.5h |
CO2-Ausstoß nach Norm: | 144 g/km | Q50 3.5h |
Testverbrauch: | nicht ermittelt |
Räder: | – |
Leergewicht: | ab 1.641 kg |
Länge, Breite, Höhe: | 4790 / 1820 / 1455 |
Lustfaktor / max 10 Punkte: | 6 von 10 |
Preis: | ab 34.350 |