Zwischen dem luxuriösen Jeep Grand Cherokee und dem rustikalen Jeep Wrangler klaffte die letzten Jahre eine Lücke. Gerade im Segment der aktuell besonders erfolgreichen SUV gab es bei der Traditionsmarke Jeep kein echtes Angebot. Nachdem der nicht besonders erfolgreiche Liberty vom deutschen Markt verschwunden war, hatte der Kunde nur die Wahl zwischen „rustikaler Tradition (Wrangler)“ und „großem Luxus (Grand Cherokee)“. Das ändert sich jetzt mit der jüngsten Jeep Cherokee-Generation.
Staubpisten und Shopping-Mall Parkplätze aufgepasst, hier kommt der neue Jeep Cherokee.
Stock, Stein & Shopping
Der neue Jeep Cherokee im Fahrbericht
Während des Auto-Salon in Genf konnte ich bereits den Fahrersitz des Cherokee erklimmen und den jüngsten US-SUV über einen zum Teil anspruchsvollen Offroad-Kurs lenken. 20 Minuten Fahrzeit sind jedoch eindeutig zu wenig und der erste Fahrbericht zum Jeep Cherokee war entsprechend überschaubar.
Auf dem Testgelände von FIAT in Balocco war nun mehr Zeit, um den Cherokee ein wenig näher kennen zu lernen.
Dass aus den Boxen der Boss „Bruce Springsteen“ tönte und nicht Eros Ramazotti, war auffällig. Auch wenn die Chrysler-Tochter Jeep nun zum FIAT-Konzern gehört, der Cherokee bleibt ein US-Boy. Okay, die Botschaft ist damit angekommen.
Born in the U.S.A
Er mag sich die Plattform mit der Giulietta von Alfa Romeo teilen, aber er ist dennoch ein Jeep. Die Ansage der Verantwortlichen von Jeep ist klar formuliert: „Auch der jüngste Jeep Cherokee ist ein echter Jeep“. Um diesen Spagat und die Spreizung zwischen Offroad-Talenten und Onroad-Fahrspaß zu schaffen, ging man bei Jeep einen technisch sinnvollen Weg. Wenn auch die Entscheidung, ein „entweder / oder“ vor die Kaufentscheidung des Kunden zu setzen, für Diskussionen sorgen wird.
Entweder / Oder
Der Markt für SUVs ist derzeit der noch immer am schnellsten wachsende. Die Kunden stehen auf SUVs und das, obwohl Unkraut am Randstein und Blumenkübel vor den Spielstraßen oftmals die heftigste Begegnung abseits des Asphaltbandes sein wird, die viele der „4×4-Talente“ jemals haben werden. Was liegt da näher, als SUVs gleichermaßen für die Landstraße und Autobahn fit zu machen, anstatt Offroad-Talente zu pflegen? Der Mercedes GLA hat dies bereits vor kurzem in vergleichbarer Form präsentiert.
Jeep geht einen ähnlichen Weg und bietet den neuen Cherokee in zwei Versionen an: Eine Varianz, die vor allem „on the road“ überzeugen soll und eine Version, die „off the road“ den Jeep-Namensvettern in nichts nachstehen soll.
Für den Kunden bedeutet dies aber auch eine Entscheidung, die er VOR DEM KAUF treffen muss. Einen „echten Jeep“ – oder einen „echten SUV“ kaufen? Auch bei der Traditionsmarke aus den USA geht nicht beides auf einmal.
Jeep Trailhawk
Der Trailhawk ist die Version, die ich in Genf über den Beton-Muffin herum fahren durfte. Mit einem mechanischen Sperr-Differential an der Hinterachse und einer Gelände-Untersetzung für das Getriebe (2,92:1), ist der Trailhawk der Cherokee für Menschen mit Offroad-Sehnsüchten. JEEP bietet ihn jedoch nur mit einer Motorisierung an: Der große 3.2 Liter V6-Benziner mit 272 PS und 315 Nm Drehmoment soll es im Gelände richten. Auf dem FIAT-Testgelände in Balocco zeigte er dann, was in ihm steckt. In seiner Klasse dürfte der Cherokee Trailhawk nicht nur über die größten Böschungswinkel verfügen, 29.9° vorne und 32.1° hinten, auch die Bodenfreiheit kann sich – mit mehr als 22 Zentimetern – mehr als sehen lassen. Und dank Untersetzung genug Kraft in allen Lebenslagen. Bei 70% Steigung anhalten und wieder los fahren? Kein Problem für den Cherokee Trailhawk.
Limitiert oder koordiniert? Die Motorenfrage.
Wer dem Benzindurst des V6-Pentastar nicht traut und lieber den Drehmomenten aus sparsamen Dieselmotoren vertraut, der wird vor die Wahl gestellt: 140 PS oder 170 PS aus dem zwei Liter großen Multijet Dieselmotor. Beide Motoren bringen 350 Nm Kraft für den Alltag mit, werden aber nur als „Limited“ oder „Longitude“ angeboten. Der Basis-Diesel ist zudem als Variante mit reinem Frontantrieb erhältlich. Verzichten muss man dann allerdings auf die neue ZF 9-Stufen Automatik, die man bei Chrysler in Lizenz selbst fertigt. Der 140 PS Diesel ist als 6-Gang Handschalter mit Frontantrieb in der Longitude-Ausstattung der Einstieg in die Cherokee-Welt und kostet 34.800–€.
In dieser Fahrzeugklasse gehört das „schalten lassen“ (imho) zum guten Ton, weswegen der sinnvollste Basis-Cherokee aus meiner Sicht der 170 PS Diesel mit der 9-Gang Automatik und Allradantrieb ist. Als Longitude überschreitet man hier jedoch bereits ganz selbstbewusst die 40.000,– € Marke. Der ernsthaft gut ausgestattete Limited kostet so bereits 45.500,– €.
Nein, ein Schnäppchen ist der Jeep Cherokee nicht. Dafür sind alle Varianten extrem gut ausgestattet.
Den für unseren Markt eher uninteressanten V6-Benziner bekommt man immer mit der neuen 9-Stufen-Automatik und Allradantrieb. Ob man die „Stadt-Cruiser-Version“ Limited wählt oder die Freiheit abseits der Zivilisation im Trailhawk sucht – beide Varianten kosten 48.000,- €
Schönes Detail – schwache Verarbeitung
Eine Liebe zum Detail, die mich überrascht hat. Der Cherokee zeigt in der Windschutzscheibe am unteren Rand, knapp oberhalb des Armaturenträgers, die kleine schwarze Silhouette eines „Willys-Jeep“, der über einen Erdhügel fährt. Ähnlich viel Detail-Liebe hätte ich mir beim Rest des Innenraums gewünscht, der zum Teil doch arg viel Platz für Verbesserungen bereit hält. Knarzende Kunststoffe sollten in der Premium-SUV-Klasse kein Thema mehr sein!
Die Optik bleibt ein Gesprächsthema
Sieht er nun nach der Jeep-Interpretation des seligen FIAT Multipla aus oder hat man bei Jeep einfach nur das Thema SUV mit frischen Details wiederbelebt? Ich habe mich damals bereits mehrfach und vor allem deutlich zum Design des Jeep Cherokee ausgelassen und will deswegen an dieser Stelle nur noch sagen: In echt wirkt er besser.
Und wie fährt er sich denn nun?
Während der Trailhawk im Gelände zu überraschen weiß, liefern Longitude und Limited auf der Straße eine solide Vorstellung ab. Eine straffe Lenkung lässt genug Rückmeldung von der Straße übrig, ohne verheimlichen zu können, dass man hier im SUV-Segment unterwegs ist. Die Federung ist verbindlich straff, unterbindet so aber auch übermäßige Seitenneigung.
Die von ZF entwickelte 9-Gang Automatik sorgt für eine große Spreizung der Gänge und lässt sowohl Diesel als auch V6 jederzeit im idealen Drehzahlbereich rotieren.
Fazit:
Auch mit zwei Rädern in der Luft – der Jeep lässt seinen Fahrer nicht hängen. Dass man selbst auf einer gemeinsamen Plattform mit der Alfa Romeo Giulietta einen echten Geländewagen fertigen kann – der Cherokee hat es auf dem Offroad-Parcours bewiesen. Ob der Kunde den Zwang zum großen Motor akzeptiert, um dieses „echte Jeep-Feeling“ zu erhalten, wird jedoch die Zukunft zeigen müssen.
[=“ “ ]Fakten zum neuen Jeep Cherokee
Verkaufsstart: | 5. April 2014 |
Basispreis: | 34.800 – 48.000 € |
Motorleistung: | 2.0 Turbdiesel 140 / 170 PS, 3.2 V6 272 PS |
Antrieb und Getriebe: | 6-Gang manuell, 9-Gang Automatik |
Länge, Breite, Höhe, Radstand: | 4.626, 1.904, 1.722, 2.719 (Trailhwak) |
Normverbrauch: | 5,3 – 10,0l / 100km |
Höchstgeschwindigkeit: | 187 -206 km/h |
Beschleunigung von 0 – 100 km/h | 8,1 – 12,0 Sekunden |