#getaway – Corvette C7 am Hahntennjoch

Hart am Berg, weich im Herzen

Alltagsflucht in der US-Legende

Es gibt diese Tage, da wollen dir andere erklären, was du alles falsch machst. Zu schwer. Zu rücksichtslos. Zu derbe. Altbacken nennen sie dich. Ja, mag sein, eine Ikone, aber eben aus einer anderen Welt. Nicht adaptierbar in dieses Umfeld. Sportlich? Nein – dafür bist Du doch zu schwer. Zu massig. Und dein Antrieb? Innovationsfrei. Das gleiche, was die anderen machen – nur hübsch verpackt. 

 

Wenn dir am Schreibtisch das Bullshit-Bingo zu viel wird, wenn dich das ewig oberflächliche Gespräch langweilt, dann ist es Zeit, in die Berge zu fahren. Suche Dir einen einsamen Pass, finde dich selbst. Am besten im Zwiegespräch mit dem Small Block von Chevrolet. 6.2 Liter Selbstvertrauen. 6.2 Liter Gewalt. 6.2 Liter Ausgleich.

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Wenn der Sonntag 69.900 € wert ist

So eine Flucht aus dem Alltag muss dich nicht arm machen. Nicht einmal, wenn du dir das Werkzeug deiner Wahl neu beim Iconic-car Dealer um die Ecke kaufst und so richtig mit Geld bezahlst. Das derbe Erlebnis bereits mit weniger als 70.000 € in den Himmel der Supersportwagen aufsteigen zu können, ist ähnlich prägend wie der Zwischengasstoß im “Titel-Modus” am Hahntennjoch, kurz bevor du zurück in Welle zwei wechselst. Der Reihe nach. Wie bei den sieben Gängen.

Am Anfang blendet dich die Corvette mit den Vorurteilen, die man gegen sie pflegt. Zu amerikanisch. Kraftvoll ja, aber doch nur auf dem Dragstrip sinnvoll. Es ist eben wie mit dir selbst. Einmal in der Schublade verschwunden, kommst du da nicht mehr so schnell raus. Auch nicht, wenn du mit 466 PS und 620 Nm dagegen ankämpfst. Wobei es nicht die Gewalt des Small-Block ist, die am Ende überzeugt – es ist das Paket der Überraschungen, die in der Form der Cabrio-Corvette auf dich einprügeln.

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7:45 Uhr – 29 km Hahntennjoch warten

Am besten startet man direkt aus Imst. Hinter dem Hotel “Zum Hirschen” geht es hinauf zum Hahntennjoch, vom Inntal führen 29 km in das Tiroler Lechtal. Es ist ein grober Wechsel zwischen rauhen Felswänden und grünen Gebirgstälern, der sich auf dieser engen, aber gnadenlos attraktiven Passstraße abspielt. Am Ortsausgang wecken die 8-Töpfe der Corvette – die Zylinderabschaltung im Eco-Modus haben wir ignoriert und direkt den “Titel-Modus” gewählt – die freilaufenden Kühe am Straßenrand. Das zweite Viehgatter hinter sich, trifft man maximal noch auf Radfahrer, keine Rinder mehr. Zeit, die Gangart zu verschärfen. Der Anstieg aus dem Ort heraus hat das Öl im Block des  Leichtmetall-V8 auf gesunde 50° steigen lassen, im Drehzahlmesser ist die Mahnung zur bedachten Gangart verschwunden. Per Drehknopf verlässt man den Eco-Modus (Zylinderabschaltung auf V4 aktiv), wandert über den Sport-Modus bis zum “Track-Modus”, von irgendeinem Praktikanten mit “Titel” in das Deutsche übersetzt.

Das große voll digitale Display ändert sich in den Sport-Modus, zeigt die wichtigsten Informationen. Im Head-Up-Display animiert dich eine G-Kraft-Anzeige, das Grip-Niveau der Sportreifen zu testen.

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Kalter Reifen, Nebelschwaden

Während sich das Hahntennjoch auf der Ostseite karg, felsig und zum Teil von Nebel verhangen zeigt, öffnet es sich nach der Paßhöhe in eine grüne Landschaft. Der Abstieg ist weniger spektakulär wie der Aufstieg. Auch weil es sich mit dem Ami eben leichter beschleunigen als bremsen lässt.

Das Anvisieren der schmalen Fahrbahn, der Tanz zwischen Felswand und Abgrund, für die Corvette ein Spaß am Rande des Wahnsinns. Der kurzhubige V8 saugt frei, 6.2 Liter lassen genug Drehmoment vorhanden sein. Aufladung wird nicht vermisst. Man labt sich stattdessen an der willigen, an der hypnotischen Gasannahme. Zwei, drei mal wild am virtuellen Gaszug gerupft und du bist den Reaktionen des weiter hinter der Vorderachse montierten, ja er sitzt eigentlich fast auf Kniehöhe, Small-Block verfallen.

Von wegen Lethargie und Adipositas in der Haltebucht eines Fast Food Restaurants. Selbst ohne Kompressor und Trockensumpf, wie in der scharfen C7 Z06, zieht der US-Boy den Schwaben, den Niederbayern und Nord-Italienern die Lederhosen aus. Da zerrt es ganz gewaltig am eigenen Weltbild. Und an den breiten 20-Zöllern im Radhaus.

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Blattfedern und Rev-Match

Um die Bergprüfung am Hahntennjoch korrekt einzuschätzen, muss man kurz unter die GFK-Carbon Haube der Corvette tauchen. Die vordere, die lange Haube, backt man für die Corvette in der Tat aus Carbon. Spart dort Gewicht, wo man es nicht braucht. Der Rest der Hülle besteht aus Kunststoffen. Sieht man an den Spaltmaßen. Kümmert mich nicht. Denn sitzt du erst einmal im intimen Cockpit, kümmert dich das alles nicht mehr. Dann geht es um dich, um die Straße, um den V8 unter der Haube. Und das ist alles, was man wissen muss.

Die Corvette stellt sich in den Mittelpunkt und als Cabrio macht sie das dann auch mit den Insassen. Bei 1.894 Meter über normal Null schaut jedoch niemand zu. Nicht um diese Zeit.

An der Hinterachse wohnen nicht nur das vom US-Profi Tramac zugelieferte 7-Gang Getriebe und ein variables Differential, das binnen einer Zehntelsekunde von offen auf komplett gesperrt schaltet. Lenkwinkel, Gaspedal-Position, Geschwindigkeit und Fahrmodi, die Corvette rechnet sich ständig einen Wolf, nur damit du mit den 630 Nm auf der Hinterachse zurecht kommst. Sowohl Getriebe als auch Sperr-Differential haben einen eigenen Kühler, beide entlassen die warme Luft über die Gitter neben den Rückleuchten. Soviel echte Technik.

Und dann ist da noch diese “Blattfeder” an der Hinterachse. Ein Erbstück, so etwas wie Tradition für die Corvette. Dazu gesellen sich variable Bilstein-Dämpfer. Es entsteht? Ein Traum.

Wer sich am Hahntennjoch hart in die letzten zwei Kehren vor dem Passgipfel bremst, der wird dankbar die Rev-Match Funktion der Corvette nutzen. Beim harten Anbremsen passt sich die Drehzahl dem avisierten Tempo beim Einkuppeln an, auch wenn der Small Block auf Befehl dreht wie der ** höchstpersönlich, das Schleppmoment des V8 will man nicht über die Hinterachse herfallen lassen. Ein ungewollter Ausfallschritt könnte die Folge sein.

Dank Rev-Match alles im Griff. Auch die Ohren. Die freuen sich über die Zwischengas-Salven.

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Können ist kein Zufall

Natürlich lässt sich bei der Fotopause an einer Hütte trefflich mit der Bäuerin über die vier Auspuffrohre fachsimpeln. Man könnte einwenden, beim Einparken muss man nach Gehör fahren, weil die Berge im Sichtfeld zwar Platz für Radhäuser und Stösselstangen-V8 bieten, aber eben auf Höhe der Fahrernase erst enden. Aber nach Gehör fahren ist bei der “Vette” eh viel geiler. Am liebsten im “Titel-Modus” mit Rev-Match. Klingt dann alles ein wenig prollig, ein wenig derb, entbehrt jeder Zurückhaltung – aber das ist doch auch das, was die anderen von einem denken. Warum bei der Erfüllung der Vorurteile nicht wenigstens selbst ein wenig Spaß haben?

Dass die Corvette in Wahrheit ganz anders ist. Dass man unfassbar gut über lange Strecken mit einem mehr als fairen Benzinkonsum im Drehzahlbereich eines Schiffsdiesels reisen kann? Dass die Blattfeder an der Hinterachse dir Zeit und Raum für die Korrekturen deiner Fehler hinter dem Lenkrad gibt? Dass man auch mit der amerikanischsten aller Ikonen nach Belieben Zuffenhauser lang macht? Mein Gott, wenn sie es nicht wissen wollen – dann bleibt mehr Zeit für dich – am besten, du suchst dir für diese Erfahrung dann einen Pass. In Österreich. Zum Beispiel das Hahntennjoch …

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GETAWAY – Der Corvette-Trip im Detail

[tabgroup] [tab title=”Map – Straßenkarte”] [/tab] [tab title=”Details”]
  • Idealer Startpunkt: Imst, Übernachtung im Hotel zum Hirschen (direkt dahinter geht es zum Anstieg des Hahntennjoch!)
  • Ziel: Elmen (beliebig erweiterbar!)
  • Routenlänge: 30 km
  • Zeitfaktor: 45 Minuten
  • Getaway-Fun Faktor: 4 von 5 Sterne!
[/tab] [tab title=”Weiterfahrt”]
  • 30 km sind nicht genug? Dann die Weiterfahrt nach Schnepfegg einplanen, von dort dann weiter nach Bregenz. So wird aus einer 60 Minuten Flucht, ein schöner Sonntag.
  • my Map Routenplanung
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