Drift’sich gut!
Was sind schon 1.8%? Stellen Sie sich vor, Sie verdienen Eur 3.500 Brutto im Monat und bekommen 1.8% mehr Lohn. Dann stehen vor Steuer 63 € mehr auf dem Lohnzettel. Nach Steuern nur noch rund 23 €. Oder Milch mit nur 1.8 % Fett. Schmeckt eben so fad wie ein Low-Fat Yoghurt mit 1.8% Fett. Wir sind uns also einig. 1.8% sind nichts. Zu wenig. Es sei denn, man macht es wie FORD im neuen RS. Dann machen 1.8% den Unterschied!
Ford Focus RS im Fahrbericht
Der Trick mit dem Allradantrieb
Ford meint es mit dem neuen Focus RS so richtig ernst. Das eindeutigste Indiz? Nicht der 2.3 Liter Turbomotor, der in seiner Basis vom Mustang stammt, für seinen Einsatz im Focus RS aber mehr über sich ergehen lassen musste als einfach nur Panzertape über das Wastegate-Ventil zu bekommen. Eine hochfeste Legierung für den Alu-Zylinderkopf, Grauguss-Laufbuchsen im Alu-Motorblock, separater Ölkühler, Twin-Scroll-Lader mit üppiger Verdichterseite, neue Ventile, neue Kolben und so weiter. Am Ende stehen 350 PS zur Debatte. Aber das ist nur der eine Teil der Geschichte. Die Nummer mit der Ernsthaftigkeit kommt zurück zu den 1.8%. Und dieses Mal machen diese 1.8% den Unterschied.
Ford Focus RS Torque-Vectoring, längs und quer!
Wo die Mitbewerber auf Kosteneffizienz achten und nur die zweitbeste Lösung wählen, nämlich eine Hang-On Variante nach Haldex-Muster, spucken die FORD-Techniker in die Hände und adaptieren eine eher ungewöhnliche Lösung. Mit einem klaren Ziel: Mehr Fahrspaß! Ford verwendet auf der Hinterachse ein Torque-Vectoring Differential mit zwei Lamellenkupplungen. Der Kniff des von GKN stammenden Systems? Mit dem variablen Kraftschluss der beiden Lamellen variiert auch der Kraftschluss zwischen der Vorder- und der Hinterachse. So agiert das System mit einer fixen Verbindung der Vorder- und Hinterachse, wobei die Hinterachse immer 1.8% mehr dreht als die Vorderachse. Doch erst die beiden Lamellen stellen über die variable Schlupfverteilung den Kraftschluss und damit die Drehmoment-Verteilung sicher. Der Effekt?
Der neue Ford Focus RS fährt sich wie ein Kompakt-Sportler mit Heckantrieb. Und jedwedes Untersteuern lässt sich per Gasfuß eliminieren. Untersteuernd in die Kurve gegangen? Mehr Gas!
Ford Focus RS Bangs and Burbles
Ein Vierzylinder klingt immer fad. Es sei denn, man pumpt den 2.3 Liter-Turbomotor mit der richtigen Technik auf. Verzichtet auf den Mittelschalldämpfer und packt eine kontrollierte, aber immer wieder zufällige „Lustkontrolle“ ein. Nicht nur, dass man den RS-Motor erst aus dem Werk entlässt, nachdem man eine Klangkontrolle durchgeführt hat. Zusätzlich spendieren die Ford-Techniker dem Focus RS gleich zwei künstliche Akustik-Hilfen. Zum einen der Klang aus den Lautsprechern. Sie untermalen den kraftvoll, satten und emotionalen Sound des RS-Modells. Dabei liegt der Fokus im Focus RS auf einer Unterstützung nicht nur durch eine reine künstliche Klangwelt. Zusätzlich entflammt sich im Sport-Modus der unkontrolliert eingespritzte Kraftstoff zum legendären „Bangs and Burbles“- Sound von kraftvollen Sportmotoren der frühen Motorsport-Zeit. Als man Kraftstoff noch gütig in großen Mengen in Richtung Brennraum führte. Es klingt nach Fehlzündungen und ist doch kontrolliert. Heute wird jedem Motor-Ingenieur erst einmal Bange, wenn man ihm sagt: Spritz mal Kraftstoff ein, damit dieser als Sound-Unterstützung explodiert. Aber im Vergleich zu Marktbegleitern ist dieses Sound-Kunststück extrem elegant gelungen. Weder vulgär, noch ordinär. Einfach nur emotionaler. Authentischer.
Emotionaler Sound, emotionales Fahrverhalten
Zum ersten Mal bietet Ford verschiedene Fahrmodi im Focus RS an. Normal, Sport, Track und Drift. Während der Focus RS im „Normal“- Mode anfährt wie sein 1.0 Liter EcoBoost-Brüderchen, dabei jedoch ständig auf seine Chance wartet, per Overboost aus 440 Nm 470 Nm zu generieren und diese dann zur Spaß-Verteilung an den Allradantrieb zu schicken, verändert der Sport-Modus dann schon die gesamte Wahrnehmung des Focus RS.
Der Sport-Modus greift auch in das Dämpfer-Setting ein. Anstelle einer stufenlos variablen Variante hat sich Ford für ein ernsthaftes Setup entschieden. Eine Lösung über schaltbare Ventile stellt eine 40% straffere Dämpfung ein. Der Effekt ist spürbar und sorgt dafür, dass man im Alltag einen fast schon kommoden Sportler fährt, auf der Rennstrecke, im Sport-Modus, jedoch die Dämpfer zackig auf „ernsthaft“ stellen kann. Der Sport-Modus stellt auch die Logik des Allradantriebes neu ein, die Motorsteuerung und die Lenkung. Zudem entspannt sich das ESP und lässt mehr Schwimmwinkel zu. Wem das passt, die Dämpfer aber zu hart werden, der drückt auf den Taster am Blinkerhebel und schaltet die Stoßdämpfer wieder in den „soften“ Modus. Das funktioniert auch im Race-Modus und nimmt derben Landstraßen ebenso wie verwinkelten Berg-Etappen im Hinterland Valencias den Schrecken. Ford hat nicht den Fehler gemacht und den Focus RS ohne Restfederweg ausgeliefert. Für einen ernsthaften Sportler bietet der RS viel Luft im Radhaus. Mag der Optik abträglich sein, fördert aber ernsthafte Sprints auch abseits von Topf ebenen Rennstrecken.
100 Mal pro Sekunde errechnet sich das Allradsystem die korrekte Verteilung der Antriebsmomente. Das Ergebnis ist ein Kompaktsportler, der nie näher am puren Fahrspaß eines Heckmotor-Sportlers lag wie dieser Kölner. Innerhalb von Millisekunden wird zudem das Antriebsmoment der Hinterachse zwischen links und rechts verschoben. Untersteuern wird per Gaspedal-Stellung zum Übersteuern unter Last! Hier wird nichts zusammengestaucht, hier wird Asphalt gefräst.
Ford verwendet für die Vorderachse weiterhin eine elektronische Torque-Vectoring-Steuerung über Bremseneingriffe, jedoch wird im RS, anders als im Focus ST, die Musik vom Heck gespielt. Die Vorderachse kann keine Längskräfte übertragen, weil die Seitenführung maximal gestemmt werden muss? Kein Problem: Befehl der Steuereinheit: Alle Kraft nach hinten an das Kurven äußere Rad! Das funktioniert so unfassbar gut, dass man bei FORD gleich noch dem Spieltrieb nachgab!
Driften wie Ken Block
Während sich der Focus RS auf öffentlichen Straßen bewegt, als wäre der Allmächtige persönlich hinter ihm her, entstehen dennoch keine Schweißflecken unter den Armen des Fahrers. Quer aus dem Kreisverkehr? Einfach mehr Gas, Lenkung auf, der Focus RS schwingt den Hintern in Richtung Ausgang und am Lenkrad fühlst du die volle Kontrolle. Das ist kein Spiel am Abgrund, es ist die erstmalige volle Kontrolle am Limit. Das gleiche Spiel im Supersportler? Du würdest es lassen. Zu schmal der Grenzbereich. Zu gefährlich der Konter der Bestie. Im Focus RS spielt der „beste Kumpel“, das aktive Hinterachs-Differential, den Magier. Am Steuer wird aus jedem ein Ken Block.
Drift-Modus aktiviert, eingelenkt, voll auf den Stempel und 15 Sekunden lang fallen 470 Nm über die 235er Michelin an der Hinterachse her. Die Fuhre geht quer, Lenkung leicht auf und von da an verteilt der Drift-Assistent die Leistung. Wer jetzt nicht völlig Talent frei am Lenkrad agiert, der lässt den Focus RS stundenlang im Kreisverkehr quer gehen. Alternativ bis zum rauchigen und stinkenden Ende des französischen Gummis. Während sich der Focus RS qualmend durch eine größer werdende Gummi-Wolke dreht, fühlt man sich am Volant allmächtig wie Gymkhana-Held Ken Block.
Dass Ford „natürlich“ auch eine Launch-Control verbaut ist, eh klar. Oder?
Dass Ford dem selbst geschalteten Getriebe und seinem Fahrer aber auch den Gangwechsel bei voll getretenem Gaspedal erlaubt, eher ungewöhnlich. Es klingt nach der Rallye-WM, es fährt sich derbe geil! In 4.7 Sekunden auf 100? Kein Ding. Launch-Control an, Vollgas, Kupplung schnalzen lassen, der Kopf schwingt in Richtung Kopfstütze. Den rechten Fuß auf dem Gas lassen, der linke tupft die Kupplung, zeitgleich den zweiten Gang durchreißen. Volle Laderdrehzahl, leichtes Schnattern, sofort Druck vom Motor – der Sprint beeindruckt den letzten unwilligen Geist vom „Hot Hatch“.
Der Ford Focus RS – 5:0 für Köln!
Die 1.8% sind eine Detaillösung mit großer Wirkung. Ebenso groß die Wirkung des Startpreises: Glatte 40.000 € werden für den neuen Focus RS fällig. Und wer bei den Fahrleistungen bereits zweifelnd in Richtung Ingolstadt, Affalterbach und München schielte, der wird sicher beim Kölner Kampfpreis endgültig schwach. Dabei ist der Focus RS nicht einfach nur billiger als der A45, der RS3 oder ein M235i, er ist schlicht schneller! Das sportlichere Auto. Der bessere Spagat im Alltag. Der überzeugendere Rennstrecken-Knaller. Das Drift-Tier, mit dem man um alle anderen Kreise fährt. Selbst die scharfen Spiel-Hansel von Seat (Cupra 290) und Renault (Megane RS) dürften sich auf eine Nordschleifen-Zeit des Kölners gefasst machen. Wer den ultimativen Fahrspaß sucht und nicht dem Spaltmaßfetischismus oder der Aura von drei Buchstaben aus dem Schwabenland erlegen ist, der greift ab sofort zum Focus RS.Zuviel zu lesen? Schaut Euch das Video von Jan an:
Der Fahrzeugschein für den Ford Focus RS (2016)
Verkaufsstart: | Sofort |
Basispreis: | Ab 40.000 € |
Motorleistung: | 350 PS |
Antrieb und Getriebe: | 6-Gang Manuell |
Beschleunigung: | 4.7 Sekunden für 0-100 km/h |
Verbrauch – kombiniert: | – interessiert das wirklich?- |
Höchstgeschwindigkeit: | 266 km/h |
Länge, Breite, Höhe, Radstand | 4.390, 1.858, 1.470, 2.648 mm |
Alle Fotos: Ford.