Autokauf trotz Blogger-Rant

Fehler in der Matrix

Wir müssen uns einfach daran gewöhnen. Der Blogger an sich, der ist da. Der geht auch nicht mehr weg. Ganz penetrant: Diese Auto-Blogger. Also Menschen, die Spaß an Autos haben und dann darüber erzählen möchten. 

2011 wurde dieser Blog gegründet. Seitdem blogge ich nur noch über Autos. Blogge ich? Bin ich? Schreibe ich? Urteile ich? Bin ich nicht doch eher ein Journalist? Das “über Autos bloggen” hat sich verändert. Zumindest habe ich mich verändert. Als das mit dem “Auto bloggen” ernster wurde, war mir klar: Ich muss mich anpassen. Okay. Nicht zu viel. Aber ich muss zumindest in den Strudel der Automobil-Journalisten. Nachdem mich die “motorpresse” 2009 nicht haben wollte, fing ich an, in Eigenregie zu schreiben. Autos waren ja schon immer mein Ding. Und im Gegensatz zu vielen anderen Journalisten war ich kein Journalist, sondern jemand, der einen Vergaser zerlegen, eine Spur einstellen und die OBD-Schnittstelle findet. Kurzum: Ich kam vom Auto. Nicht von der Journalisten-Schule. Und ich kann ein Auto um ein paar Pylonen scheuchen. Recht flott. Das also musste reichen für den Weg zum Auto-Blogger.

Als Auto-Blogger wollte ich aber auch ernst genommen werden. Wollte mich gar anpassen. Der “Verband der Motorjournalisten” nahm mich auf. Gab mir eine Obhut. Und ich passte mich an. Weg vom Blog, hin zu einem Magazin. Weg vom “Blogger-Stil”, hin zum Motor-Journalisten. Doch mit jedem Fahrbericht, der den Blog füllte, kamen auch die Zweifel.

Bist du im recht mit deiner Meinung? Was ist eigentlich die Meinung des Auto-Journalisten wert? Was glauben wir, bewegen zu können?

Der Journalist an sich ist ein kaum fehlbares Wesen. Habe ich schnell lernen müssen. Der Auto-Journalist an sich, der ist noch weniger fehlbar. Der Experte. Der Profi. Seine Meinung immer objektiv. Sicher. Unrüttelbar. Fest gemeißelt sein Urteil. Der Rest der Welt richte sich nun bitte danach.

Lächerlich.

Egal, wie sehr ich mich mühte, objektiv zu sein, es war doch immer ein Stück meines Weltbilds schuld am jeweiligen Urteil. Alles andere wäre auch zu naiv zu glauben. Der einzelne Autor ist ein “Einzelner Autor”. Objektivität ein Wunsch. Nicht das Ergebnis. Was also tun? Die Schläge von den “Fach-Redaktionen” kassieren? Stellt man sich dort doch nur all zu gerne hin als “die letzte Instanz der Unfehlbarkeit”.  Je länger ich das nun tue, zu bloggen, als Auto-Journalist meine Meinung in diese Welt zu posaunen, desto mehr fällt der Vorhang. Wir kochen alle nur mit Wasser. Wir haben alle nur eine Meinung. Eine Momentaufnahme.

Und der Leser? Den kümmert es doch?

Ja, sicher.  Wenn er der gleichen Meinung ist. Ist er einer anderen Meinung, dann ist der Autor ein Depp. Aber halt. Blogger sind Influencer. Journalisten sind Meinungsbildner. Nicht? Ja. Aber. Das wirkt alles viel subtiler. Die Wirkung ist vergleichbar mit der medizinischen Wirkung von Homöopathie. Die Meinung des einzelnen Auto-Journalisten nur ein Tropfen einer Zehner-Potenz im Atlantik der Meinungen.

kommentar seat ateca
Da rantet man über das Auto? Und? Der Kunde kauft es dennoch!

Die Bestätigung landet in den Kommentaren

Einen Rant nennt man das meinungspralle, negativ intonierte “geblogge”. Wenn der Autor zur Polemik greift, entfernt er sich weit vom Journalismus. Die Kolumne des Proletariats, würde der Bildungsbürger wohl sagen. Dafür muss in einem Blog Platz sein. Denn hier bestimmt der Blog-Inhaber. Keine Redaktion siebt, verdünnt, filtert und kontrolliert die höchst subjektive Meinungsmache (a.k.a. den objektiven Auto-Journalismus). Das pralle Leben. Dafür lesen die Menschen Blogs. Gänzlich frei von jedweder Rücksicht auf die Marketing-Budgets lässt es sich im Blog noch wunderbar ehrlich, frei von der Leber schreiben. Denn ein Blog hat ja keine Angst vor wegbrechenden Werbe-Einnahmen.

Oder doch? Egal. Hier muss man es dürfen. Hier muss es passieren. Die Meinung. Ehrlich dazu stehend. Und denkt denn niemand an das Produkt? Die Arbeitsplätze? Ein Rant über ein neues Auto? Was mag die Presse-Abteilung denken? Nimmt denn niemand mehr Rücksicht?

Der Kunde liest, nimmt wahr und kauft dennoch

Je länger ich versuche, Profi zu sein, desto dünner wird die Luft der Glaubwürdigkeit. Desto müder das eigene Lob für die tolle Arbeit. Denn was zählt am Ende die eigene Meinung? Für den Leser ist es eine. Unter vielen. Und so verpufft der Rant. Der Leser kauft das Auto dennoch und kommentiert dies dann fröhlich unter dem Rant.

Was zeigt: Wir sollten uns selbst nicht zu ernst nehmen. Wir schreiben über Autos. Eine Meinung. Eine von vielen …

Und ich glaube, daran krankt die ganze Branche. An einer selbst geschaffenen Obsoleszenz. So viele Meinungen. So viele Aussagen. So viel Text. Und der Leser? Der glaubt doch eh, was er bereits zuvor wusste. Passt dein Rant zu seinem Pulsschlag, bist du im Recht. Erklärst du ihm, was er zuvor schon wusste – bist du im Recht und wirkst gebildet. Wohin uns das führt?

Auf jeden Fall zeigt das Beispiel vom Rant und dem Autokäufer: Blogs werden gelesen, aber wir (und damit meine ich den Auto-Journalismus) sind lange nicht so wichtig, wie wir gerne denken. Und dieser Beitrag? Hilft der denn nun?

Eventuell. Es ist ein Stück weit das klassische “Geblogge”. Eine Ansammlung von Wörtern, um sich Luft zu verschaffen. Gedanken nach außen zu tragen. Transparenz in der eigenen Meinungsbildung zu gewährleisten. Der Blogger an sich, ein egozentrisches Etwas. Und das Lustige dabei? Der Rant über das Auto, das am Ende dennoch gekauft wurde, stammt gar nicht von mir. Er stammte von einem Gast-Autor. Also, einem Gast-Blogger. Dem Ergebnis einer Umbildung des Blogs, hin zu einem Magazin. Ein Fehler in der Matrix sozusagen.

 

Auf die Fehler in der Matrix. Und Auto-Blogger. Und die Menschen, die Autos kaufen!

 

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