41° Grad. Im Schatten. Weite Landschaft. Einsame Straßen. Sengende Sonne hoch über den Köpfen. Es fehlen nur noch die „Tumble Weed“ , die über die Straße wehen. Schwitzend stehe ich neben dem jüngsten High-Tech Kompakten der Marke smart. Viertürig, zweitürig? Egal, den jüngsten smart wird man schon bald mit einem Elektroantrieb kaufen können. Für mein-auto-blog war ich in Phoenix, Arizona, unterwegs, um die letzten Kilometer der Hitze-Erprobung mitzuerleben. Ein Blick hinter die Kulissen der Zukunft.
Heiße Sache: Der neue smart electric drive in der Hitze-Erprobung
Die Visitenkarte von Andreas Söns ist dreizeilig. Er ist (u.a.) der Leiter Gesamtfahrzeugversuch für Hybrid- und Elektrofahrzeuge. Drei Mann aus seinem Team hat er in die Wüste geschickt. Zum Testen. Und er bringt uns näher, warum man sich mit einem Auto in die Wüste verabschiedet. Staub, Sonne und Hitze. Viel mehr findet man hier in Arizona im Sommer nicht. Die Einheimischen meiden ab Mittag die Straßen, sitzen in Restaurants oder Malls, die per Schockfrostung heruntergekühlt wurden. Die Smart-Ingenieure schicken derweil die smart „ED“ Prototypen in die Hitze-Erprobung.
Auch das Death Valley steht auf dem Programm – der heißeste Platz der Erde, den man sich im Sommer aussuchen kann. Ich treffe jedoch auf einem riesigen Test-Areal auf Andreas und seine Mannen. Und den neuen smart ED. Mitten im Nichts, nur Marter-Strecken für Autos der Zukunft. Eine gute Stunde mit dem Auto von Phoenix entfernt. Es ist eine einsame Landstraße, von der es abgeht auf dieses 30 Quadratkilometer große Testgelände. Geschützt vor den Augen der Erlkönig-Jäger und der Öffentlichkeit haben die smart-Techniker hier die Endphase der Erprobung durchgeführt.
Reicht die Reichweite – Reicht die Kühlung?
Auch wenn die Reichweite noch immer das A und O für den Durchbruch der Elektromobilität darstellt und sich die großen Hersteller mit Ankündigungen von Limousinen, die sich bald schon 400 und mehr Kilometer elektrisch fahren lassen, derzeit überschlagen, darf ein smart, per Geburtsrecht für die Stadt konzipiert, auch mit „weniger als 400 Kilometern“ als sinnvoll erachtet werden. Was er aber nicht darf, ist den Fahrer im Stich lassen. Auch nicht bei 50° Außentemperatur und mehr. Hitze ist für Elektro-Autos noch einmal eine ganz besondere Anforderung. Elektromotoren wandeln Treibstoff zwar nicht zu 60% in Abwärme um, wie das die Verbrenner-Kollegen tun, aber die Leistungselektronik, die Batterien und die Steuergeräte werden durchaus ordentlich warm. Und gerade die Batterien benötigen bei starker Leistungsabfrage eine Kühlung. Das Kühlsystem – wie das Heizungssystem – teilt sich den Antrieb mit den Insassen. Was zur Frage führt: Wer hat Vorrang?
Was passiert, wenn man sein E-Auto bei 40° und mehr mit ordentlich Elan über die Pisten treibt?
Was unter dem Kleid des smart electric drive an Hardware steckt? Noch will man es nicht verraten, ein Blick auf die im Fahrzeug installierte Messtechnik offenbart aber, es wird garantiert nicht weniger sein als beim Vorgänger. 55 kW leistete die dritte smart ED Generation, 60 kW dürften es bei der vierten Generation werden. Während man zuletzt ein 17.6 kWh großes Batteriepakt von Accumotive verwendete, dürfte auch hier das Wachstum überschaubar sein. Der Akku wird aber auch in der Zukunft wieder vom Deutschen Unternehmen Accumotive kommen. Mehr Reichweite, mehr Fahrspaß für die jüngste Generation. Andreas verspricht es mir. Und kürzere Ladezeiten.
Das Kopfnicken hatte smart der jüngsten Generation schon zur Präsentation abgewöhnt. Jetzt – mit dem Elektroantrieb – fährt sich der smart, wie er es schon immer hätte tun sollen. Gefühlvoll, dynamisch, ohne den Fahrer mit Zugkraft-Unterbrechung zu nerven. Andreas Söns fährt unseren Testwagen mit Schwung in Richtung eines Dirt-Tracks. Große Kiesel, kleine Kiesel. Schotter. Eine Straße, die man später als Kunde vermeiden will. Hier, unter der erbarmungslosen Sonne Arizonas, muss der Elektro-Smart da durch. Tagelang wurden die Testwagen auf diesem Kurs gequält. Der Schutz der Batteriesysteme und des Antriebs auf eine harte Probe gestellt. Die Testfahrzeuge sind stumme Zeugen der Qual. Alles im Auftrag der zukünftigen Kunden. Und immer in der Hitze Arizonas. Unter dieser gnadenlosen Sonne. Die Klimaanlage im Dauerstress.
Doch sehr gefühlvoll lässt sich der Elektromotor auf diese Qual ein. Der Leiter der Hybrid- und Elektro-Entwicklung lässt das Heck des smart forfour keck aus der Spur hängen. Spaßarm? Ein Elektroauto in der Kleinwagenklasse? Ganz sicher nicht. Das leicht gestiegene Gewicht spürt man nicht. Zu freudig und überzeugend summt sich der E-Motor durch seine Welt. Drehmoment ab Drehzahl Null. Keine Verzögerung durch Ladedruckaufbau oder den falschen Gang. Selbst die – noch vermuteten – 60 kW des E-Motors sind mehr als ausreichend, um Fahrspaß zu erleben.
Tausende Kilometer haben die smart-Techniker in den letzten Wochen auf diesen Pisten abgespult. Reicht die Klimaleistung? Bleiben Batterien und E-Antrieb bei Kräften, oder muss aufgrund der hohen Temperaturen die Leistung reduziert werden, um die Technik zu schützen? Es ist ein Spagat und eine Gratwanderung zur gleichen Zeit. Viel Hirnschmalz wird auf diese finale Abstimmung der Komponenten und Regelsysteme verwendet. Wir wissen ja, der smart ist ein Kooperations-Produkt. Da muss man Kompromisse eingehen. Nur davon soll der Kunde nichts merken. Nicht der smart-Kunde. Die Halle, die zu dem Testgelände gehört, wird vom ganzen Mercedes-Benz Konzern für Testfahrten genutzt. Zahlreiche leere Pizza-Kartons und ungezählte Kaffeebecher in den Mülltonnen erzählen die Geschichte von Arbeitstagen, die lange vor Sonnenaufgang starten und bei Sonnenuntergang noch nicht zu Ende sind.
Testfahrer zu sein ist kein Glamour-Job. Doch man sieht den Mannen rund um den Chef Andreas an, wie viel Spaß und Lust sie in diese Abstimmung und die Testtage in Arizona stecken.
Die Klimaanlage des smarten Stadtmobils pustet mit viel Elan und Druck die kalte Luft in den Innenraum. Höchstleistung für die Klimatisierung. Doch Batterie und Insassen, beide fühlen sich wohl. In der Zwischenzeit hat Andreas unseren smart forfour auf einen Hügel gefahren. Anfahren am Berg. Eine Sache, bei der sich die Bits- und Bytes im Motorsteuergerät ordentlich anstrengen müssen. Gefühlvoll, smooth und dennoch kraftvoll soll das Fahrerlebnis des Fahrers sein. Dutzende Male. Immer und immer wieder müssen sich die smarts hier beweisen.
Per WLAN mit der Heimat verbunden
Das Feedback der Testfahrer ist das eine. Die gesammelten Daten aus den Steuergeräten des smart ED das andere. Alles wird gesammelt. Die Daten wandern per WLAN direkt in Richtung Heimat. Also erst auf einen Server in der Halle in Arizona und von dort, via Internet, direkt auf die Server nach Sindelfingen. Während die Testfahrer in Arizona noch schwitzen, kann man in der Heimat die Daten kontrollieren.
Zwei Tage habe ich den zukünftigen Elektro-Smart in Arizona begleitet. Wohl klimatisiert hat er sich gezeigt, trotz unfreundlicher Hitze und unwirklicher Landschaften. Wie erwachsen der smart geworden ist, zeigt sich, als ich für Foto-Aufnahmen in einen typischen Pick-Up Truck steige. Fullsize, wie erwartet. Der smart könnte auf der Ladefläche geparkt werden. Während sich der Asphalt immer mehr teilt und wir uns am Ende auf einer sandigen Buckelpiste bewegen, demonstriert der kleine smart den Stand seiner Evolutionsgeschichte. Nach getaner Arbeit steige ich wieder zurück zum Testfahrer in den smart ED. Weil der „Kleine“, selbst in dieser Welt, einfach überzeugender ist. Bequem. Er dämpft weicher. Und leiser ist der Elektro Smart sowieso! Von den nicht erzeugten Emissionen will ich erst gar nicht reden.
Soon!
Im November dürfen wir dann ganz offiziell selbst an das Steuer des elektrischen Winzlings. Wir werden erleben, ob der Kleine dann der „ganz große“ Durchbruch im Feld der elektrischen Stadtmobile ist.
Und für die Fans des bewegten Bilds: Merkt Euch den Youtube-Kanal von fuenfkommasechs, dort wird in Kürze das Video von der Abnahmefahrt online gehen!