Hohenester Sport: HS 650 RR und Audi 80 R

Generationentreffen bei Hohenester Sport: 8 Ringe und ein “alter Schwede”!

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Hohenester Sport – Generationen im Überblick

Es ist schon wieder ein wenig her, aber wir hatten an einem – oder vielmehr am wohl heißesten – Freitag im Sommer diesen Jahres eine ganz besondere Einladung für ein kurzes aber prägendes Stelldichein bekommen. Da wir uns ja hier damit brüsken, DEN Fahrspass uneingeschränkt überall zu suchen, darf schließlich das Gestern nicht fehlen. Früher™ scheint ja auch eine dufte Zeit gewesen zu sein, glaubt man den Aussagen der älteren Generation: Da hört man schonmal was von „freier Liebe“, „Vollbeschäftigung“ oder aber „der besseren Zukunft“. Immer nur die neuesten Kisten beleuchten, kann und macht irgendwie jeder semi-professionelle Autofritze mit Knippse, Führerschein und halbwegs Ahnung von der Materie – wir ja auch so manches Mal.

Viel mehr (er-)freute es uns daher, als wir einen Protagonisten aus dem Jahre 1976 angeboten bekamen. Ich mag alte Autos offen gesagt. Wobei in mir schlagen zwei Herzen. Die alten Kisten: Sie haben noch irgendwie eine Seele, sind nicht so vollgepackt mit elektronischem Klimbim, zumeist ehrlich fahrende und direkt Feedback gebende „Kultkarren“. Privat fahre ich oft mit „Opas Daimler“, einem noch nicht ganz so alten W124 aus dem Jahre 1991, der aber schon das abgeschaffte Prädikat „Youngtimer“ trägt. Souverän tiefenentspannt dahin cruisen und so. Schnell und sportlich ist anders, aber speziell nach Fahrten in lauten und harten Supersportlern genieße ich den Daimlersessel und die Ruhe, die der Wagen ausstrahlt. Alte Kisten können (mir) aber auch tierisch auf den Sack gehen, denn wenn die Pflege ausbleibt, nagt sehr schnell der Zahn der Zeit daran. Es kann auch mal muffeln und ständig geht irgendwas kaputt. Liegt logischerweise in der Natur von „Altem“, aber dauernd daran schrauben zu müssen, muss man mögen. (finde das “m” im letzten Satz). Braucht eben Liebe und eine gewisse Grundahnung.

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Trotz Freude war ich dennoch ein klein wenig skeptisch, als ich erfahren habe, dass es sich um einen Audi 80 handeln sollte. Hey, ich liebe vor allem neue Audis und hatte zugegebenermaßen bis zu diesem Zeitpunkt geradezu null Erfahrung mit Audi Young- oder Oldtimern. Sind wir mal realistisch: Audi ist jetzt sicherlich nicht unbedingt erste Wahl, wenn es um Klassiker (überhaupt und) aus dem Jahre 1976 geht. Da denken die Leute doch eher an einer BMW 2002ti, von mir aus an einen Mercedes W123 oder gar an einen der letzten Strich 8er. Hat man etwas Kohle übrig, greift man zum klassischen 911er. Einen echten Golf1 lasse ich mir ja auch noch eingehen, aber der Audi 80 war immer eher Underdog in der Szene und die Interessentenschicht ist bis heute überschaubar.

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Einzig der Absender der Einladung war überaus vielversprechend. Diese kam nämlich von keinem geringeren als Hohenester Sport aus Ingolstadt.  Die Performance-Schmiede besteht bereits seit Dekaden und ist überwiegend auf Audi jeden Baujahres spezialisiert. Der Seniorchef, Alfons Hohenester, war damals™ einer der ersten Ingenieure bei der Audi AG und hat gewissermaßen als Mann der ersten Stunde den Standort Ingolstadt mit aufgebaut – irgendwie. Hohenester Sport war mir selbstverständlich schon vorher ein Begriff. Wie gerne denke ich an den Hohenester TT-RS zurück, den ich unlängst über meine schlecht bezahlte und wenig geschätzte HiWi-Tätigkeit für eine große Autozeitung unterm trainierten Hintern hatte und heute noch feuchte Hände bekomme, wenn ich daran zurückdenke. Geile Karre und messerscharf gemacht. Daher war ich schon alleine wegen des Namens höchst gespannt und sollte diesbezüglich nicht enttäuscht werden.

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Was war überhaupt 1976 so los? Ich sollte schließlich erst einige Jahre später das holde Licht der Fahrspasswelt erblicken

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Rückblick

1976:Helmut Schmidt bleibt Bundeskanzler, Jimmy Carter wird US-Präsident. Die DDR bürgert Wolf Biermann aus. Mao Tse-tung und Ulrike Meinhof sterben, der Bürgerkrieg im Libanon eskaliert. In Seveso explodiert eine Chemiefabrik und verseucht die Umwelt mit Dioxin. Die Länder in der Dritten Welt befinden sich im Wandel und die Bundesrepublik kämpft um Bildung und den Radikalenerlass.“ lese ich im Archiv der ARD Tagesschauheader. Mhm … Könnte man mit einigen Wort- und Ortsänderungen auch in den Schmierblättern von heute publizieren. Nachrichten sind also schon immer darauf ausgelegt gewesen, Negativität zu verbreiten. Früher war somit sicherlich nicht alles besser 😉

Ansonsten gab es 1976 einige interessante Regelungen in Sachen StVO: So wurde beispielsweise die Gurt- und Helmpflicht eingeführt. Klingt für mich alles surreal – ich war damals sowieso noch nicht mal geplant. Der Onkel Ralph hat das aber schon mitbekommen. Stelle ich mir gerade vor, wie er als brav gescheitelter Schuljunge auf dem Rücksitz mit Mutti unterwegs war, ohne Gurt natürlich. Wie es sich für ein Leben am Limit gehört. Auto des Jahres war übrigens ein Simca 1307/ 1308. Simca war so eine Art Dacia von damals ™. Günstig, französisch und als Fiat Lizenznachbau für die breite Masse gedacht. Irgendwann ging der Laden an Peugeot und ist kurz darauf vom Markt verschwunden. Wohl auch besser so. Dafür dürfen wir uns ja heutzutage an Dacia erfreuen.  In anderer Richtung hat sich auch ein wenig was getan. So wurde beim Porsche 911 G-Modell der 2,7-Liter Basismotor mit 150 PS gegen ein standfesteres 3,0 Liter Triebwerk mit nunmehr 200 PS abgelöst, nachdem sich Deutschland etwas schleppend von der Ölkrise erholt hatte.  Doch das für uns bekannteste Ereignis – vor kurzem erst in einem für Motorsportfans packenden Kinofilm aufgegriffen – war der legendäre Feuerunfall von Formel 1 Rennfahrerlegende Niki Lauda. Der ist 1976 auf dem Nürburgring in seinem Ferrari 312 T2 nur knapp dem Feuertod entkommen, saß aber nur kurze Zeit danach bereits wieder im Rennauto.  In „Rush“ lebt diese legendäre Zeit wieder auf, in der es bei dem einen oder anderen Fahrer durchaus Usus war, mit Fluppe am Zahn und nach ausgiebig durchfeierter Nacht zum GP Start anzutreten. Unbedingt anschauen!

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Heute

Doch genug Geschichte(n)!

Den Termin wolle ich unbedingt wahrnehmen, wenngleich Kalenderlücken nicht immer einfach zu matchen sind mit dem Gegenüber. Ein potentieller Termin war leider nur ein Freitag – wie angemerkt zu allem Überfluss noch der wohl heißeste Tag des genialen Sommers 2015. Und ruhiger Verkehr mit entspannten Menschen sieht speziell an solchen Tagen anders aus. Plan hatten wir aufgrund der Spontanität mal wieder nur bedingt, doch man wächst mit seinen Aufgaben. Und wir wollen wachsen! Keine Kohle, kein Plan und trotzdem kein Problem! Das sind wir ja in unserer Beta-Phase gewohnt. Irgendwas würden wir stricken, da war ich mir sicher. Also Auto gepackt, Polaroid ins Gepäck und den FotoRalph am Schlawittchen gezogen. Auf gen Ingolstadt.

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Freudig erwartet wurden wir dann von Alfons Hohenester himself, einem überaus sympathischen Ingenieur und Rennfahrer der alten Schule, der mich an meinen (bereits verstorbenen) Großvater erinnert hat. Frech symphatisch grinsend stand er da und strahlte irgendwas zwischen jugendlicher Coolness und reifer knallharter Kompetenz aus. Ein Mann, der mit wenigen Worten gezielt auf den Punkt bringt, was Petrolheads interessiert. Ob Darbietung einer Carbonkupplung für einen KTM X-Bow, ein echter Ur-Quattro oder eine extrem leichte und kompakte sündhaft teure Lithiumbatterie für den Rennsport – Alfons erklärt uns all die Spielzeuge und Teile, die dort im Autogeek-Spieleparadies bei Hohenester Sport so rumliegen. Überaus spannend.  Vor allem lausche ich sehr gerne den erfrischenden Geschichten von jemandem, der wirklich Ahnung hat.  Pseudokompetente Kompetenz von vermeintlichen Spezialisten muss ich mir nur allzu oft antun. Ob er denn mal wieder Rennen fährt, fragen wir ihn. „Wenn ich 70 werde, fange ich wieder an.“, grinst er.

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Heute hat uns der Alfons also einen alten neuen Audi bereitgestellt und als kleinen Gegensatz noch eine messerscharfe rassierklingenartige prollig wirkende Bestie mit riesiger Frittentheke, deren Design zu 100% der Funktionalität untergeordnet worden ist.  Doch dazu kommen wir später. Auf alle Fälle viel zu tun für einen langen halben Tag!

Der Audi 80 R

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Kenner werden sofort intervenieren, da es sich ja um einen Audi 80 GTE handelt, doch hier muss ich wiederum einwenden, dass nach der Hohenester Kur ebendieser 80 R vor uns steht. Alfons klärt mich auf, dass der Wagen ein unverkäufliches Unikat sei und komplett neu aufgebaut worden ist. Sein Baby, welches er extra für uns aus der Garage geholt hat. Wir sprechen also per Definitionem von einem Oldtimer, der mit heutigem Know-how stilecht veredelt wurde. Mehr Unikat geht nicht. Ein knalliges Orange, die für den Audi 80 GTE typische und serienmäßige schwarze Motorhaube und eine Armada an Nebelscheinwerfern stechen einem sofort ins Auge. Sieht aus wie vom Band. „Besser als neu!“,  grinst der Alfons und übergibt mir den Schlüssel.

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Die Grobdetails klingen schon mal spannend, denn die Modifikationen bestehen u.a. aus:

  • Hohenester Leistungssteigerung mit TÜV auf 150 PS aus 1.9 Liter Hubraum (Serie 110 PS aus 1.6 L Hubraum) bei nur 900 KG Fahrzeuggewicht
  • Fächerkrümmer mit Sportauspuff
  • Verstärkte Antriebswellen
  • Gelochte und belüftete 293 mm Bremsscheiben an der Vorderachse
  • 225 mm Bremsscheiben an der Hinterachse (Serie sind Trommelbremsen)
  • Verstärkte Sportkupplung
  • 5 Gang Schaltgetriebe mit verkürzten Schaltwegen und längerer Übersetzung (Serie sind 4 Gänge)
  • Sport Sperrdifferenzial an der Vorderachse
  • Sportsitze
  • Sportfahrwerk mit verbesserten Anlenkpunkten

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Der Motor wurde eigens auf 1982 cm³ vergrößert und mit Schmiedekolben sowie Ur-Quattro Pleuels versehen, die ihre Kraft an eine 92,8er Kurbelwelle übertragen. Auch die Einspritz- und Zündanlage ist entsprechend adaptiert. Das normale 4 Gang Getriebe wurde gegen ein sportliches und länger übersetztes mit 5 Gängen getauscht. Gescheit oder gar nicht, so Alfons Hohenesters Devise. So sind mit dem Oldie theoretisch echte 203 Km/h drin. Viel wichtiger ist aber die Tatsache, dass sich die rd. 150 PS auf nur 900 KG Leergewicht verteilen müssen und somit liegen wir – zumindest in der Theorie – in Sachen Leistungsgewicht auf 7er Golf GTI Niveau. Ebendiese Kraft bringen 15“ ATS Felgen über 195/45 R 15 Continental SportContact2 auf die Strasse – serienmäßig gab es ab Werk 185/55 R 14.

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Auf den ersten Blick kommt einem alles Spielzeug ähnlich und klein vor. Ich bin mit 1,92m sowieso eher groß gewachsen und damals™ waren die Autos eben kleiner und viel filigraner. Kein Touch-Elektronik-Gadget-usw. Gedönse, keine Schnittstellen oder Gestikmodi,  keine Carbonteile oder pompös belederte Armaturen, keine Ansammlung von Schaltern und Wählhebeln. 1976 war schon harter Tobak für uns auf modern getrimmte Haptik und Style orientierten Tech-Freaks. Back to basic kann trotzdem cool sein.  Der Innenraum ist es absolut. Einfach gehalten, funktional  und weitestgehend original Audi 80 GTE – bis auf spezielle Sportsitze. Alles in überaus gepflegtem Zustand. Keine Kratzer oder Beschädigungen. Rd. 91.000 KM stehen auf dem Tacho, wobei es grundsätzlich auch 191.000 KM sein könnten, da die Anzeige nur 5-stellig ist. Macht aber nichts, denn Alfons hat bei dem Audi 80 alles auf links gedreht und erneuert, überholt und mit viel Detailliebe wieder zusammengesetzt. Das 3-Speichen-Sportlenkrad ist im Vergleich zu einem neuen Audi  filigranst und fühlt sich an wie der sanfte Händedruck der Queen. Dass mich die liebe Queen mit ihrem ach so sanften Händedruck gleich fast übers Knie legen würde, ahnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ich brauche wohl nicht erwähnen, dass Airbag, ABS, ESP und all der sonstige elektronische aktivpassive Fahrhilfen-Firlefanz hier vergeblich gesucht werden muss. Gurte allerdings gab es. Sind ja seit 1976 Pflicht, wie wir oben gelernt haben.

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Platz genommen und gefunden. Schlüssel umgedreht und mit leichtem Rotzen erweckt der vergrößerte Motor zum Leben. Klingt anders – retromäßig anders. Schwer zu beschreiben. Rotzt und läuft ein wenig unrund im Stand. Ein leichter Tritt aufs Gas und der Motor spricht direkt und willlig an. Sauber rastet der erste Gang ein und los geht es. Obligatorisch ein wenig Warmfahren und warm werden mit dem Gefährt. Warm war es uns sofort und heiß begrüßt wurden wir von Ingolstadt.

Es fällt nämlich sofort auf, dass man auffällt mit dem Wagen. Ich würde behaupten, wir liegen hier irgendwo zwischen Audi R8 und Lamborghini Aventador . Nur sympathischer. Ich bin beide schon gefahren. Einen R8 kennt man speziell in Ingolstadt zu Genüge. Beim Aventador schwingt immer ein neidvolles Vorurteilsdenken (Zuhälter/ Vollassi mit Leasingkarre/ bestimmt von Papa, der bestimmt Zuhälter ist, o.ä) mit, aber man kann damit ohne Probleme ein Verkehrschaos anrichten, weil jeder sein Smartphone zückt und nur noch Augen für den Stier hat. Beim Audi 80 R ist es nicht ganz so schlimm, aber durchaus merklich.  Alleine schon die knallige Farbe lässt wirklich jeden Passanten auf das Gefährt blicken. Speziell von älteren Menschen erhält man direkt Feedback. „Der ist aber schön“ – und damit war nicht der FotoRalph gemeint, der überwiegend bei attraktiven Damen mittleren Alters mindestens ebenso gut ankommt wie der Audi bei der breiten Masse.

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Das normale Fahrverhalten ist erstaunlich direkt und modern, wenngleich natürlich nicht mit einem neuen Audi vergleichbar. Schon aus Zeitgründen konnten wir uns diesem Thema nur bedingt widmen. Aber einmal richtig Gas geben wollte ich. Und das kann der Wagen richtig gut! Wieselflink spurtet er auf der Landstrasse nach vorne und dreht dabei freudigst hoch. Beim Herausbeschleunigen aus engen Kurven im zweiten Gang zerren die Vorderräder regelrecht am filigranen Volant – das Sperrdifferenzial leistet hier ganze Arbeit. „Queen Mum“ kann einen also doch übers Knie legen, wenn erforderlich.  Ein ehrlicher Sauger vom alten Schlag, der mich positiv beeindruckt hat. Nochmal: Ich war im Jahre seiner Geburt noch nicht einmal in Planung. Relativ knackige Schaltwege, ein ruhiger Geradeauslauf und durchaus sportlich anmutende Kurvenlage Dank dem modernen Sportfahrwerk, gepaart mit den modifizierten Bremsen stehen dem Oldie in Sachen Fahrspass überaus gut zu Gesicht. Ich habe keinen Vergleich zu einem normalen Audi 80 GTE, aber der Wagen hat mich auf seine Art wirklich beeindruckt. Er ist zwar rein vom Baujahr her alt aber hat Charakter und Seele. Vor allem kann er in Sachen Fahrspass noch richtig begeistern und sorgt bei allzu zügigen Ampelstarts problemlos für vehementes Durchdrehen der Pneus vorne. Man erinnere sich an die gerade mal 900 KG Leergewicht mit denen die 150 PS leichtes Spiel haben. Die sonst üblichen Zahlen zu Beschleunigung, Platz, Verbrauch (ein normaler GTE schluckt ca. 11 Liter) und Verarbeitung entfallen in dieser Geschichte wegen Irrelevanz. Früher waren 15.815 DM für einen neuen Audi 80 GTE fällig. Der von uns gefahrene dürfte nach der Hohenester Kur mindestens dasselbe in EUR Wert sein, vom unbezahlbaren ideellen Wert einmal vollkommen abgesehen.

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An dieser Stelle herzlichen Dank für die Ausfahrt!

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Der HS 650 RR

Doch gelangen wir vom vermeintlichen Biedermann zum Brandstifter des noch verbleibenden Tages. 4 weitere Ringe warten auf uns. Heute ist schließlich das Früher von morgen und ich möchte mal mitreden können, wenn es um “Früher” geht. Also wollen wir uns selbst ein Bild von dem machen, was bei Hohenester Sport auf der Website als „Herausforderer, Herausforderung und Maßstab zugleich“ angepriesen wird. Der Vollständigkeit halber sei explizit darauf hingewiesen, dass es sich hierbei nur um einen kurzen Fahreindruck handelt und wir das Potential dieses eigens auf Performance ausgelegten Fahrzeuges nicht ansatzweise testen konnten.

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Der HS 650 RR sieht augenscheinlich aus wie ein normaler Audi A4 vom Typ B7 aus dem Jahre 2006. Wobei offen gesagt passt das Adjektiv „normal“ an dieser Stelle überhaupt nicht! Der Wagen sieht auf den ersten Blick wie irgendwas zwischen“ McDonalds-Tankstellen-Tuningkiste“ und „bei-der-DTM-geklaut“ aus. Schön ist anders.  Geil trifft es schon eher. Wobei auch ein wenig „Ach Du Scheiße“ mitschwingt. Was soll man sagen?! Man steht vor einem zunächst undefinierbaren Etwas an Flügel, Breitbau und Spoilern, was man gar nicht einzuschätzen vermag. Hat da ein übermotivierter Bastler an Muttis altem TDI Hand angelegt? Einen Audi A4 aus 2006 bekommt man heutzutage wirklich für kleines Geld und es gibt zu Genüge Leute, die das pseudo Liberty Walk Breitbaupaket mit XXL Frittentheke vom freundlichen chinesischen „ist-alles-original“ Händler verbauen, was Sie für 129,12 € zzgl. Versand bei eBay geschossen haben.

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Doch der Schein trügt, denn dieser Wagen hat mit einem Audi A4 aus 2006 gerade einmal die Karosse und einige sehr wenige Teile gemein. Der Rest ist Rennsport und Eigenentwicklung pur!  „DTM für die Strasse“ quasi, denn das RR steht für Road Racing. In der DTM hatte man 2006 übrigens um die 470 PS. Der HS 650 RR hat – wie der Name schon vermuten lässt – 180 PS mehr, also 650. Ihr denkt:  „Klingt erstmal ganz nett, aber Ihr habt da ein Auto mit Strassenzulassung. Der ist bestimmt vollgepackt mit allen möglichen schweren Gadgets.“  Von wegen! Ich darf es vorweg nehmen: Der Wagen ist so leergeräumt, dass es nicht weiter möglich ist zu reduzieren, ohne die sowieso schon erstaunliche TÜV Absegnung  zu gefährden. Das Auto ist leerer als Euer Geldbeutel nach einer Shoppingtour mit der Angebeteten! Keine Klima, keine Rückbank, keine Dämmung, kein Radio, keine Teppiche, kein Dachhimmel usw. – sogar die Fenster wurden durch feststehende und ultraleichte Makrolonsicherheitsgläser ersetzt.  Unter dem Strich kommt man je nach Ausführung auf ein Leergewicht ab 1250 KG – ein DTM Auto aus 2006 wiegt 1070 KG. Unser Audi hat aber Allradantrieb!

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Das Sahnestück ist gut versteckt. Unter der Haube steckt ein eigenentwickelter über zwei 3K Lader auf 650 PS beatmeter 3,0 l Bi-Turbo Motor mit speziell gefertigten Auslassventilen, Stößeln, Ventilfedern, Sportkolben- und Pleueln. Der bearbeitete Zylinderkopf nebst Performance-Saugrohr und Spezialzündkerzen steuert sein übriges dazu bei.

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Hier einfach mal ein paar Hardfacts, die für sich sprechen:

Fahrzeugtyp: Hohenester HS650 RR
Fahrzeugart: 4-türige Limousine, Zweisitzer,
Karosserie-Typ HS 650 RR / Audi A4 B7
Leistungsgewicht: 2,62 kg/kW (1,93 kg/PS)
Leergewicht: je nach Ausführung, ab 1.250 kg
Fahrleistungen:
Vmax: 320 km/h (oder je nach Übersetzung)
Beschleunigung:
0 – 100 km/h 3,0 Sek
0 – 200 km/h 9,4 Sek
Motor:
Leistung in kW (PS) 478 (650) bei 7.300 U/min
Drehmoment in Nm 720 bei 3.800 U/min
Verdichtung 7,8:1, Kurbelwelle mit 92,8 Hub.
Schadstoffklasse: Euro 4 Abgasnorm
Antriebsstrang:
Getriebe: 6 Gang H-Schaltung, manuell, Short-Shift
Allradantrieb: Audi quattro modifiziert, spez. Quer- und Längssperren
Bremse:
Vorderachse: 4-Kolben, Bremsscheiben Ø 365 x 34 mm, schwimmend gelagert
Hinterachse: 1-Kolbenzange mit integrierter Handbremse, Bremsscheiben Ø 340 x 25
Fahrwerk:
Vorderachse: Doppelquerlenker, Hohenester-Racing
Dämpfer-Federn-Stabilisator auf Einsatzzweck einstellbar, H&R
Hinterachse: Audi RS4, modifiziert Gelenklager, Geometrie und Gewichtsoptimierung
Räder: ATS 11×18 vorn und hinten
Reifen: Toyo Proxes R888 315/30 ZR 18 vorne und hinten
Karosse: umfangreich erleichterte, örtlich verstärkte Karosserie auf  Basis Audi A4 B7, MJ06
Aerodynamik: komplett geschlossener Hohenester-Unterboden in Sandwichbauweise mit Diffusor, Hohenester Heckflügel, Kotflügelverbreiterung um ca. 165 mm vorne und hinten,
Frontspoiler, Frontsplitter, Schweller und Kotflügel (inkl. Abluftschächte Motorraum), tiefe Seitenschweller

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Doch genau der grauen Zahlentheorien. Bei dem Wagen wurde ganz klar Performance dem Design und der Alltagstauglichkeit untergeordnet – und das mit erheblichem Aufwand. Bedenkt man die vielen Eigenentwicklungen, so kann man sich in etwa die Mühe vorstellen, die in das Projekt geflossen ist.

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Und wie fährt er sich jetzt?

Unter uns gesagt hat es sich ein wenig angefühlt, als würde man mit einem stählern trainierten Rennpferd zum Kinder-Ponyreiten auf der Kirmes erscheinen. Der HS 650 RR im Freitagsverkehr um Ingolstadt ist in etwa vergleichbar damit. Aufgrund der fehlenden Klimaanlage nebst nicht versenkbaren Seitenscheiben kam auch echtes Rennfahrerfeeling auf. Allerdings fühlte es sich an wie bei einer Wüstenrallye. Ich habe noch nie in meinem Leben derart geschwitzt muss ich gestehen. Ich wollte aber unbedingt einige Runden damit drehen und kann Euch sagen, es war einDRUCKsvoll, wenn die Lader ordentlich zum Appell blasen. “Alter Schwede”, denke ich mir wieder einmal!

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Spartanisch, direkt, schwer am Lenkrad zerrend – die Servolenkung kann aktiviert werden nach Bedarf –, rasselnd und Lader pfeifend ging es von statten. Ich konnte den FotoRalph zu dem Zeitpunkt beim besten Willen nicht mehr davon überzeugen den üblichen Blödsinn im Auto mit mir darzubieten. Es war einfach zu heiß! Der HS 650 RR ist eine rasiermesserscharfe Bestie, die keinen Wert auf Understatement, Schönheit oder Eleganz legt. Das Auto ist eine kompromisslose selbstentwickelte Rennmaschine für die Strasse und ich bin mir sicher, dass man damit auf dem Track ordentlich Laune hat und so manchem Supersportler in der 600 PS Klasse die Stirn bietet. Leider wurde der Wagen für einen Event benötigt, so dass wir nicht weiter das Vergnügen hatten uns daran zu erfreuen und einen fundierteren Fahreindruck zu vermitteln.

Nichtsdestotrotz haben wir Euch auch noch ein kleines Video von beiden Fahrzeugen gedreht und einige Bilder gemacht. Klickt Euch hier einfach mal rein.

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Falls Ihr Lust bekommen habt, so könnt Ihr Euch den HS 650 RR übrigens zulegen, denn er steht derzeit zum Verkauf.

Danke lieber Alfons für den Termin, es hat uns großen Spass gemacht und wir kommen ganz sicher wieder – dann mit mehr Zeit und vielleicht der einen oder anderen Trackidee.

Eine Info zum Wagen findet Ihr übrigens auch hier.

In diesem Sinne und bis bald liebe Fahrspassfreunde!

Euer MotorOli & FotoRalph

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