Wenn die Queen ruft, dann leistet man augenblicklich folge. In diesem Fall rief „her Majesty herself“ nicht persönlich, sondern Jaguar Land Rover aber das Ergebnis ist das selbe: man folgt und zwar pronto. Leider ging es nicht in die schillernde Metropole an der Themse, sondern „nur“ nach Mendig in Rheinland-Pfalz, aber die royale Begrüßung war nicht minder beeindruckend. In einem Hangar am Flughafen Mendig, der als Teststrecke dient, erwarteten uns neben den aktuellen Jaguar XJ Modellen auch altehrwürdige Fahrzeuge wie zum Beispiel die Limousine von Queen Mum. Mit dem königlich ausgestatteten XJ 12 S1 Vanden Plas Saloon erfüllt sie ihre repräsentative Pflichten und wollten zeitlebens kein anderes Auto mehr fahren. Verständlich. Die Langversion war mit einem 4,2-Liter-Sechszylinder ausgerüstet. Der vom Londoner Spezialisten Vanden Plas ausgestattete XJ der Serie 1 ersetzte 1973 den in die Jahre gekommenen Jaguar Mk VII von 1955 der Queen Mum, die dem Auto bis ins hohe Alter von 101 Jahren und bis zu ihrem Tod treu blieb.
Very british
„Very british“ zeigten sich auch die bereitgestellten Oldtimer für die Rennstrecke. Mit entsprechendem Respekt und der nötigen Vorsicht kutschierten wir die Fahrzeuge über den Asphalt. Ein denkwürdiger Moment. Ganz anders war da die Fahrt mit dem Jaguar XE SV Project 8. Mit stolzen 600 PS ausgestattet wollte man damit nicht minder vorsichtig über die Rennstrecke, aber um weiten schneller schon. Mit einem fähigen Instruktor an der Seite, ging es möglichst über die Ideallinie ins Ziel. Natürlich wollte ich noch wissen, wie es ist, mit einem Profi in dem Fahrzeug zu fahren. Also schwang ich mich auf den Beifahrersitz und erntete erstmal einen mitleidigen Blick. „Are you sure?“ lautete die Frage. Na logo! Scheinbar hat er eher selten eine Frau neben dran. Bei der Fahrt haute es mir auch fast meine Kamera aus der Hand, aber man, hat das Spaß gemacht. Er wollte es erst nicht glauben, dass ich am liebsten noch eine Runde gedreht hätte. Wer so viel fährt wie ich, hat (eigentlich) einen festen Magen. Ich liebe die Geschwindigkeit, doch kombiniert man sie mit Serpentinen, kann das auch schnell nach hinten los gehen.
Mit dem Adrenalinspiegel im Anschlag ging es dann endlich zur eigentlichen Probefahrt mit dem Jaguar XJ 30d LWB. Nach dem gänsehautverursachenden Fauchen des Jaguar XE war hier nur sehr wenig mit „Grrr“. Entspannend und sehr luxuriös ausgestattet doch wer in aller Welt hat sich die verchromte Mittelkonsole ausgedacht? Schonmal was von Sonnenblendung gehört? Ach ne, die Briten haben ja immer nur Regenwetter. Ich vergaß. In Mendig und Umgebung aber schien bei knapp 28 Grad die Sonne und sorgte durch das verchromte Mittelteil ständig dafür, dass ich nichts sehen konnte. Handtasche drauf und weiter ging es. Frau weiß eben wie es geht. Das restliche Interieur konnte das Gemüt aber schnell wieder beruhigen: Softgrain-Ledersitze mit Diamanten- oder Rautenmusterung in Ebony oder Ivory sowie Kopfstützen mit eingeprägtem Jaguar Springer sorgen für hohen Sitzkomfort. Optische Akzente setzen neben XJ50-Einlagen in den beleuchteten Einstiegsleisten und an den Türinnenseiten eine XJ50-Prägung auf der Mittelarmlehne, ein Drive Selector mit silberfarbigen Applikationen, Schaltwippen in Silber, eine Pedalerie aus Edelstahl und Dekorelemente in Gloss Shadow Walnut.
Hallo Wroom Wroom, wo bist du?
Dank Spaßtaste konnte auch die Diesel-Variante auf der Strasse zeigen, wo die Katze hängt. Bei 99.000 Euro Kosten darf man neben luxuriösem Interieur auch ein bisschen was unter der Haube erwarten, immerhin handelt es sich dabei um das Jubiläums-Modell. Das vom bewährten 3,0-Liter-V6-Turbodiesel mit 221 kW (300 PS) angetriebene Modell basiert auf der Ausstattungslinie Premium Luxury, die jedoch auf einmalige Weise um Elemente des XJ Portfolio und die diamantgedrehten schwarzen 20-Zoll-Felgen mit fünf Doppelspeichen des XJ R-Sport ergänzt wird. Neben XJ50-Emblemen am Heck und auf den seitlichen Luftauslässen verraten ein schwarzer Frontgrill und die vom Portfolio entlehnten Stoßfänger die Jubiläums-Edition.
Schickes Ding, keine Frage, aber mir fehlte das aggressive Fauchen, welches man oftmals bei einem Jaguar wahrnimmt. Beim Tausch der Fahrzeuge schnappte ich mir dann den laut Hersteller „mächtigsten XJ aller Zeiten“: den XJR 575. Als ich da den Motor anließ wusste ich genau, wo das Fauchen hingekommen war: Genau unter diese Haube. Mein lieber Scholli. 575 PS wollen eben gezügelt werden. Von 0 auf 100 km/h in 4,4 Sekunden und bis zu 300 km/h, DAS musste ich ausprobieren, wenn schon allein der Sound des angelassenen Motors für Gänsehaut sorgte. Wie musste da erst das Fahrgefühl werden?
Der sowohl mit normalen wie langem Radstand erhältliche XJR575 kommt sogar als Renntaxi auf der Nürburgring-Nordschleife zum Einsatz. Zu den für ihn maßgeschneiderten Exterieur-Teilen zählten eine Heckspoilerlippe, breitere und ausgestellte Türschweller, Luftauslassöffnungen auf der Motorhaube und größere Einlassöffnungen in der Frontschürze. Exklusive 20’’ Felgen mit fünf Doppelspeichen in Farallon glänzend Schwarz und rot lackierte Bremssättel setzen den XJR575 von den übrigen XJ-Modellen ab. Allein die Farbe sagte alles: „Velocity Blue“. Da ist das „Wroom Wroom“ gerade zu mit eingearbeitet. Eine weitere nette Spielerei, die allen neuen XJ innewohnt, ist die Tatsache, dass der Schaltknauf automatisch beim Anlassen des Fahrzeugs hochfährt. Wirklich cool.
AvD-Oldtimer-Grand-Prix
Bei der Fahrt in den Kurven Strassen rund um Mendig war ich sehr froh, alleine im Fahrzeug zu sein. Bei den Quietsch-Geräuschen die meinen Mund verließen, wäre jeder Beifahrer taub geworden. Das Ding macht einfach Spaß und man kriegt einfach nicht genug. Einzig der Land Rover SVR, den ich noch kurz ausprobieren durfte, konnte dem XJR den Rang ablaufen. Aber hey, bleibt ja in der Familie. Der nächste Tag war eher zum entspannten gedacht. Auf dem Nürburgring ließen sich die Rennfahrer in ihren Oldtimern nicht lumpen und ließen so manchen Motor beim AvD-Oldtimer-Grand-Prix aufheulen. Sehr zu meinem Vergnügen, war ich doch das erste Mal an der Rennstrecke und dann gleich passend zu meinem Lieblingsthema: Oldtimer. Zum Glück hatte ich einen Bloggerkollegen an meiner Seite, der mir zu fast jedem Fahrzeug Insights vermitteln konnte, nur zum ältesten Fahrzeug von 1910 nicht. Aber das wäre auch zu viel verlangt. Das einer Kutsche ähnliche Gefährt konnte sogar käuflich erworben werden, doch mal eben eine knappe Million hat nicht jeder mal eben in der Portokasse.
Fazit: Zwei wunderbare Tage mit noch besseren Autos. Neben den Jubiläums Modellen trumpfte Jaguar mit altehrwürdigen Fahrzeugen aus der Geschichte und natürlich ihren Sportskanonen, dem XJR und dem Projekt 8, auf. Autos, die echt Spaß machen, wahnsinnig luxuriös sind und einfach das typisch englische Gefühl vermitteln. Die wahren Gentlemen eben. So fühlt sich „Frau“ wohl und auch dem einen oder anderen Herren dürfte vor lauter Verzückung zumindest das Grinsen ins Gesicht geschrieben gewesen sein. Wiederholung hoffentlich garantiert.
Fotos / Text: Jaguar und Simone Amores