Lexus GS-F: Der Tanz mit dem Sumo-Sprinter

1.8 bis 1.9 Tonnen sind keine gute Basis für eine Sports-Limousine. Das ist mal die Regel. Aber keine Regel ohne Ausnahmen. Diese Ausnahme kommt aus Japan und will mitspielen im Reigen der höchst potenten Power-Limousinen aus Stuttgart, München und Ingolstadt. Und ein V8 ist da immer ein gutes Argument. Auch so eine Regel.

Der Tanz mit dem Sumo-Sprinter

Fahrbericht Lexus GS-F

Der GS-F ist die Antwort der Edelmarke Lexus auf Fragen, die vermutlich kaum einer stellen würde. Wie emotional kann eine Reiselimousine sein? Wie sportlich ein frei saugender Sportmotor in einem adipösen Betriebsumfeld? Wie wichtig ist Hirnschmalz für Rundenzeiten im Fünfsitzer? Der homöopathische Absatz der Premium-Limousinen von Lexus sollte den Auto-Fan nicht irritieren. In einem Marktumfeld, in dem drei deutsche Premium-Hersteller die Pace vorgeben, kann es tatsächlich Alternativen geben. Alternativen für Menschen, die etwas Besonderes suchen. Und ja, ein frei saugender V8 kann auch in einer Reise-Limousine mit japanischen Wurzeln, in einem Umfeld von Wohlstands-Speck und Hirnschmalz,  zu einem gefühlsechten Grinsen bei der Suche nach der quer dynamischen Grenze führen!

Lexus GS-F 037 dynamische limousine aus Japan

Regel Nummer 1: Ein V8 ist immer eine gute Idee!

4. 91 Meter lang, Platz für fünf Personen, gegen Aufpreis auch für vier, dann mit zwei Einzelsitzen anstelle der Rücksitzbank. Mindestens 1.8 Tonnen schwer. Und die ganze Konzentration fällt auf den Hauptdarsteller unter der Motorhaube. Wobei zuerst der Kühlergrill um Aufmerksamkeit buhlt. Lexus hat sich verabschiedet vom „Biedermann-Design“. Jetzt spielt man eher Manga-Kostümball denn Hallenhalma. Ein diabolisches Lächeln, straffe Tagfahrlicht-Haken und böse blinzelnde LED-Scheinwerfer. Die Front des GS-F ist kein Synonym für Völkerverständigung auf der linken Fahrspur.

Mit fünf Litern Hubraum ist der frei saugende V8 ein echter Klassiker. Ein Motor, der Emotionen aus jedem einzelnen seiner knapp 5.000 Kubik kitzelt. Ab 3.600 knallen die Sicherungen durch, der GS-F brüllt auf und springt dann wie ein vom Hafer gestochener Araberhengst nach vorne.

Lexus GS-F 019 dynamische limousine aus Japan

Wohlstands-Speck hin oder her

Der Japaner an sich, er ist ein pfiffiges Kerlchen. Vor allem, wenn er Autos entwickelt. Eine komfortable Premium-Limousine, die hat nun einmal ein gewisses Gewichtsniveau. Anders lassen sich Schwingungen, Vibrationen und Geräusche nicht unter Kontrolle bringen. Und auch der Luxus von Sitzheizung, High-End Soundanlagen, Head-Up Display und die ganze Armada an Sicherheitssystemen ist nicht ohne Ausschlag auf der Waage zu realisieren.

Will man nun dennoch eine handliche Power-Limousine realisieren, muss man den Grips einschalten. Fahrdynamik ist prinzipiell ganz simpel. Es muss sich nicht schnell anfühlen, es muss schnell auf der Uhr sein. Es muss sich leicht anfühlen und der Mageninhalt muss sich den Fliehkräften unterordnen. Zack, hat man einen Sportwagen. Gefühlt.

Und trotz der homöopathischen Absatzzahlen für diese Form der Sport-Limousinen in Deutschland, die Benchmark für Sport-Limousinen stammt aus Süd-Deutschland und die Teststrecke für die Qualifizierung liegt in der Eifel. Wer sich „sportliche Rangabzeichen“ verdienen will, der nimmt die Nordschleife zum Maßstab. Das hat auch Lexus getan und das Gefühl beim Fahren des Lexus GS-F gibt ihnen recht. Allerdings hat sich Lexus nicht lumpen lassen und tief in die Trickkiste gegriffen.

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RC-F und GS-F, Brüder nicht nur im Geiste

Der im letzten Herbst gefahrene Lexus RC-F, das Sport-Coupé der Japaner (RC-F im Fahrbericht), spendet viele Komponenten an die viertürige Limousine. Das fängt beim fulminanten Achtzylinder an, geht über das Achtgang-Automatikgetriebe und endet bei technischen Baugruppen wie dem „Torque Vectoring Differential„.

Posted by MEIN AUTO BLOG on Montag, 30. November 2015

Die Wirkung des TVD ist spielerisch und auf Knopfdruck zu erfahren. Hat man sich im ersten Spieltrieb durch die Fahrmodi gezappt, den Antriebsstrang von Normal auf Sport+ konditioniert (ECO, Normal, Sport und Sport+ stehen zur Auswahl), ist der nächste Schritt, das Torque Vectoring Differential zu meistern. Anders als bei einem Differential üblich, wird hier nicht einfach nur der Drehzahlunterschied zwischen innerem und äußeren Rad ausgeglichen, man verteilt bewusst ein Kraftmoment auf das jeweils äußere Rad in einer Kurve. Das sorgt für ein Eindrehen des Fahrzeuges. Kompliziert in der Theorie, unfassbar wirkungsvoll im Alltag.

Lexus GS-F 025 dynamische limousine aus Japan

Sumo-Sprinter im Tanzkurs

Brabbeln gehört zum Handwerk des V8, infernalisch um Aufmerksamkeit schreien kann der Lexus zudem auch. Die Acht-Stufen Automatik von Aisin kann zudem beides: Sanft und locker durch die Gänge scrollen oder heftig und hart die Übersetzung wechseln. Das Fahrmodi-Schalterrädchen auf Sport+ gestellt, das Torque-Vectoring Differential auf Slalom und gefühlt verschwinden 500 der 980 Kilo von der Vorderachse des GS-F. Untermalt vom Bärensound des V8, lässt sich die fast fünf Meter lange Limousine zwischen den Hütchen umher werfen. Wobei die Hinterachse auch ohne Turbobumms trotz der montierten 275er Gummisocken jederzeit zum launigen Drift bereit ist. Allerdings ist dieser Tag auf dem Flugplatz in Mendig auch nicht für Bestzeiten gedacht. Kühl und feucht ist der Asphalt der Eifeler-Landebahnen.

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Lexus GS-F: Der Sumo mit den Ballettschuhen

Dass man sich an Bord des GS-F wohlfühlen kann, daran gibt es keinen Zweifel. Die Verarbeitung des Lexus ist auf Premium-Oberklasse Niveau, ebenso wie der Fahrspaß. Dass man weder an Sound noch Entertainment an Bord spart, es erfreut die paar GS-F Käufer, die man finden wird. Sicherlich.

Die paar? Ist das abwertend? Nein. Lexus ist im allgemeinen eine Wahl für Menschen, die anders denken. Premium ja. Aber bitte nicht BMW. Der GS-F ist noch einmal spezieller. Ein Auto für Menschen mit der Suche nach Emotionen. Zugleich aber bitte außergewöhnlich. Und das bringt Lexus im GS-F zusammen. Ja, die Turbo-Motoren der Marktbegleiter haben mehr „bumms“ – aber dieses launige, unmittelbare, fast telepathische Ansprechen des Motors auf das Gaspedal, dieses derbe bis 7.600 Umdrehungen brüllen, das können nicht viele.  Und dass man hier auch noch 520 Liter Kofferraumvolumen mitgeliefert bekommt – ach, es interessiert ja doch niemanden … 

Daher gibt es jetzt auch noch das „Voice-Over-Cars“ Video von Jens, immerhin hat er meine Meinung zum GS-F auch hören wollen:

Wer sich für weitere Details interessiert, der findet noch einen aktuellen Lexus GS-F Artikel bei Jens von rad-ab.com und einen Fahrbericht vom m-a-b Redakteur Axel, er durfte mit dem GS-F sogar auf die Rennstrecke