Mercedes-Benz E-Klasse All-Terrain: Der Berg ruft!

Wenn Ende November, Anfang Dezember der Winter in die Alpen einzieht, verändert sich die Magie der Bergwelt. Das Schroffe und Raue weicht einer glanzvollen Eleganz. Kahle Felswände werden vom unberührtem Weiß überzogen. Dem Ruf der Berge kann sich kaum jemand entziehen. Für den einen bedeutet es die Einsamkeit, die Ruhe, die Demut, die man oberhalb der Baumgrenze verspürt. Ein anderer fühlt sich vom bunten Rummel des Skifahrens angezogen. Freut sich bei der ersten Liftfahrt bereits auf den Après-Ski. Auf die Entbehrung folgt die Völlerei. Die Berge bieten das Panorama, der Mensch sucht sich seinen Platz. Und er sucht die Herausforderung. Berge besteigen. Wandern in der dünnen Luft. Zerrissen vom eisigen Wind. Die Alpen sind die Kulisse für die Premiere des neuen Mercedes-Benz All-Terrain. Herzlich willkommen am Berg!

Test und erste Fahrt: Mercedes-Benz E-Klasse All-Terrain

Der Berg ruft

Sie sind dieses Mal nicht die ersten. Ein Kombi mit Bodenfreiheit und groben Lidstrich aus Kunststoff? Das hatte Audi bereits vor einem Jahrzehnt im Programm. Doch die Idee, den SUVs einen Crossover zur Seite zu stellen, stammt auch nicht von Audi. Es ist die Idee von SUBARU. Kombi, Bodenfreiheit und Allradantrieb zu einem pragmatischen Mix zu vereinen. Ausgerechnet in der Kombi-Nation Deutschland hat es jedoch ein wenig länger gedauert. Bei Mercedes-Benz ist man derzeit aber eh dabei, jede Nische zu besetzen oder sie gleich selbst zu gründen. Nun also die E-Klasse als Crossover. Als Wanderer zwischen den Welten. Praktisch, elegant, maskulin. Oder wie es das Marketing nennt; „Tough-heit“

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Das Musketier der E-Klasse

Er soll das robuste Musketier unter den „Touristik- und Transport“ Modellen der Stuttgarter sein. Dafür haben sie ihm ordentlich Make-Up angelegt. Schwarze Plastikschweller und Kotflügelverbreiterungen. GTI-Style der späten Achtziger. Dazu eine weitere Kühlergrill-Variante mit großem Zentralstern. Lifestyle muss wohl ohne den klassischen Plaketten-Kühlergrill auskommen. Am Heck und an der Front blitzen robuste Verstärkungen, so genannter Unterfahrschutz an den Stoßstangen. Optik-Klimbim. Wichtiger die Frage nach der Bodenfreiheit. Die Antwort: Überschaubar. 29 Millimeter steht der All-Terrain höher auf der Straße.

Die größeren Räder bescheren alleine 14 Millimeter und eine Anpassung an der Mehrkammer-Luftfederung um weitere 15 Millimeter schenken so ein überschaubares Plus an Bodenfreiheit. Das Maximum an Bodenfreiheit beträgt damit 15.6 Zentimeter.

Die Anhängerkupplung verträgt nun 100 Kilogramm Stützlast (nicht Anhängelast!!) und taugt damit auch für drei E-Fahrräder oder gröberes Sportgerät. Dass man sich in Stuttgart mit Allradtechnik durchaus auskennt, demonstrieren die Fahrprogramme des All-Terrain. Auch wenn es weiterhin einen Sport-Modus gibt, der richtige Modi ist der Comfort-Modus. Wer sich auf rutschiges Terrain wagt, der wählt den neuen All-Terrain Modus. Der Allradantrieb ist dann auf „wühlen“ und „maximum Grip“ adaptiert. Wenngleich es sich bei den Lösungen um reine Software-Adaptionen handelt. Bis Tempo 35 lässt sich die Mehrkammer-Luftfeder auf ein Plus von 20 Millimetern anheben. Das schenkt noch einmal ein wenig Souveränität im Gelände. Und auch auf dem Weg in Richtung Spitze. Das Timmelsjoch ist als Ausflugsziel bestimmt. Eis-Platten unter einer dünnen Schneeschicht verwandeln sich in feste Schneelagen, je höher es geht. Kehre um Kehre wird es eisiger. Die weiße Eleganz der Berge. Eine Gefahr für den Menschen, eine Gaudi im Sport-Modus der Fahrdynamik-Programme. Ein leichter Heckschwenk, ein feines Wedeln auf der mittlerweile tief verschneiten Straße. Wintersport kann mit Sitzheizung und Massage-Sitzen gleich doppelt viel Spaß bereiten.

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Natürlich hat der All-Terrain nicht die Geländefähigkeit unserer SUV-Modelle, das geht schon rein geometrisch nicht wegen Maßen wie Böschungswinkeln und Überhängen. Aber dennoch hat er uns auf den Testfahrten immer wieder gezeigt, was er offroad kann. Spontane Abstecher ins Gelände, über Feldwege, Schnee und Sand sind mit dem All-Terrain jederzeit möglich – kombiniert mit dem hohen Fahrkomfort und der Dynamik und Agilität der E-Klasse.

Dipl.-Ing. Michael Kelz, Chef-Entwickler der E-Klasse Baureihe

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Das Schweizer Taschenmesser

Gefahren sind wir den All-Terrain als E220d. Unter der Haube die junge OM654 Motorengeneration der Schwaben. Mit 194 PS und guten 400 Nm fühlt sich das Triebwerk ausreichend kraftvoll an. Die 9-Stufen Automatik gibt ihr Bestes, um immer den richtigen Gang parat zu halten und gemeinsam sind die beiden in der Lage, selbst eine wuchtige E-Klasse so richtig sparsam erscheinen zu lassen. Gefühlt bewegt sich die All-Terrain Variante mit spürbar mehr Rollneigung durch die Kurven, lässt sich aber auch durch Querfugen erst später aus dem Tritt bringen. Die Luftfederung und die Freiheit, nicht der Querbeschleunigung verpflichtet zu sein, entschleunigt den fahrerischen Alltag. Der All-Terrain mag einen auf „harte Schale“ machen, besitzt aber noch immer den sympathisch warmen weichen Kern aller E-Klassen. Die Business-Class mit dem Wohlfühlfaktor. Dass der All-Terrain als 220d bei Bedarf Tempo 230+ erreicht, ist in der Bergwelt kein Thema.

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Hat die Welt auf den All-Terrain gewartet? Sicher nicht. Es ist ein Nischenmodell, wenn man nicht SUBARU ist. Und dennoch, die All-Terrain Variante der E-Klasse bietet eine Antwort auf Fragen die man zuvor nicht gestellt hat. Man sitzt einen „Tick“  höher, man fährt einen größeren „Tick“ komfortabler, trotz der feisten Räderwahl, und man fühlt sich einen „Tick“ besser vorbereitet auf all die Dinge, die da im Leben eines Automobils kommen mögen. Mit dem 4matic-Allradantrieb macht man eh nichts verkehrt und wenn man dann noch die grobe Kosmetik des All-Terrain mag, dann stellt man sich eventuell plötzlich eine Frage, auf die es nun eine Antwort gibt.

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Ach so, ja, Subaru-Fahrer werden bei den Ansätzen zur Offroad-Tauglichkeit nur milde lächeln. Denn um die edle Kombi-Version der Mercedes-E-Klasse wirklich durch den Wald in Richtung Wildschwein-Jagd zu schicken, reicht die Bodenfreiheit nicht. Das „Lachen“ jedoch, das wird ihnen spätestens beim Preis vergehen. Knapp 4.000 € wird der All-Terrain über dem jeweils vergleichbaren „normalen“ T-Modell liegen. Für den gefahrenen E220d dürften das dann wenigstens 54.000 € sein. Gut, die großen 20-Zoll Räder sind dann schon inkludiert, ebenso die Luftfederung und auch die restliche Aufpreisliste wird etwas kürzer auffallen. Markteinführung des All Terrain ist im Frühjahr 2017. Bis dahin dürfte der Ski-Zirkus in den Bergen abgeklungen sein und es übernehmen wieder die Wanderer das Kommando. Der Berg ruft.

Einsamkeit und Ruhe? Maximal ein kurzes Verschnaufen am Gipfel. Den Ausblick genießen, dann zurück hinter das Lenkrad. Die Alpen, die Berge – für die einen das große Glück. Für mich nur eine Ansammlung von viel Fels, dann doch lieber weiter touren, im All-Terrain. Neues Gelände suchen.

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