Test: Mercedes-Benz Vito Tourer

Neben den teuren Pkw-Kleinbussen bieten die Autohersteller immer auch eine günstigere Nutzfahrzeugvariante an. Bei Mercedes taugt auch diese locker als souveränes Familienauto.

Sogenannte Großraumlimousinen sind die perfekten Autos für die große Familie: Geräumig, bequem und wohnlich ausstaffiert. Aber auch extrem teuer. Clevere Käufer wählen stattdessen die Nutzfahrzeug-Varianten der Kleinbusse und rüsten sie ein wenig auf. Besonders gut klappt das beim Mercedes Vito Tourer, dem hemdsärmeligen Bruder der V-Klasse. 

Man merkt den Unterschied

Natürlich: Mit dem Business-Class-Charakter einer voll ausgestatteten V-Klasse kann der Vito nicht mithalten. Das fängt schon beim Armaturenbrett an, das sich mit seinem abwaschbaren Plastik-Charme und dem nüchternen Design deutlich von der Prachtlandschaft aus Chrom, Holz und Leder unterscheidet, die sich vor dem V-Klasse-Fahrer ausbreitet. Auf dem Boden gibt es statt Teppich Kunststoff, die Sitze sind nicht mit Leder, sondern Stoff bespannt und Infotainment oder Elektrotüren sind im Fond keine Selbstverständlichkeit. 

Test: Mercedes-Benz Vito Tourer
Auch die Passagiere sitzen luftig

Trotz des Downgrades bietet der Vito allerdings im Wettbewerbsvergleich immer noch gehobenes Niveau. Alle Sitze sind verbindlich straff gepolstert, die Bedienung ist simpel und ergonomisch und alle beweglichen Teile sind mit bemerkenswerter Präzision zusammengefügt. Bestes Beispiel sind die Schiebetüren. Wo man sich bei vielen anderen Transporter-Modellen beim Schließen mit viel Kraft und leichtem Rütteln abmühen muss, gleiten die Mercedes-Portale fast von selbst ins Schloss. Gleiches gilt für die Heckklappe, die leichtgängig, satt und leise schließt. 

Außen fast identisch

Akustisch ist der Vito so gesehen nicht von einer V-Klasse zu unterscheiden. Und auch optisch halten sich die Unterschiede in Grenzen, wenn man ein paar Kreuze auf der Optionsliste macht, etwa bei Metalliclack, schicken Felgen und lackierten Stoßfängern. Einziges sicheres Differenzierungsmerkmal neben dem Modellnamen am Heck sind die Außenspiegel. Beim Vito sind sie nicht in Karosseriefarbe gehalten. Außerdem beherbergen sie keine Blinker-Elemente. Die finden sich stattdessen auf den Kotflügeln. 

Test: Mercedes-Benz Vito Tourer
Seit der Modellpflege ist auch die Luftfederung für den Vito zu haben

Dass der Vito im Kern ein Nutzfahrzeug ist, das von Haus aus Hotelgäste zum Flughafen shuttlet oder Arbeiter zur Baustelle fährt, kann er auf der Straße nicht ganz verhehlen. Aber ziemlich gut tarnen. Denn dank der optionalen Luftfederung (1.536 Euro) liegt er satt und ausgesprochen ruhig auf dem Asphalt. Selbst schlechte Straßen passiert er ohne übertriebenes Rappeln und Wackeln. Die komfortable Federung schlägt sich auch in einem akzeptablen Geräuschniveau nieder: Bei Autobahntempo ist es im Vito zwar lange nicht so ruhig wie in den Limousinen der Marken, mit dem ein oder anderen Kombi-Pkw anderer Fabrikate kann der Bus aber trotz seines erheblichen Resonanzraums mithalten. 

Teuer wie üblich bei Mercedes

Wer dann noch den richtigen Motor wählt, hebt das Nutzfahrzeug endgültig auf Pkw-Niveau. Im Testwagen war ein 2,0-Liter-Diesel mit 174 kW/237 PS montiert, der vom Typenschild am Heck recht prosaisch mit „124 CDI“ nummeriert ist. Welche Stelle der Selbstzünder in der deutschen Transporter-Hierarchie einnimmt, wird erst deutlich, wenn man die Bezeichnung in die V-Klasse-Terminologie überträgt. Dort nämlich firmiert das gleiche Triebwerk als „V 300d“ – und erinnert so eher an prestigeträchige und kräftige Sechszylinder-Modelle. Die Fahrleistungen zumindest passen dazu: In knapp acht Sekunden stürmt der Kastenwagen auf Tempo 100, maximal sind 220 km/h erreichbar. Das reicht locker für die linke Spur und ermöglicht auf der Autobahn ein angenehm flottes Reisetempo.

Wie erwähnt: Ohne übertriebene akustische Belastung. Und selbst der Verbrauch hält sich mit durchschnittlich 7,5 Litern in akzeptablen Grenzen. 

So gut der Mercedes im Vergleich zu den Transportern bürgerlicherer Marken abschneidet – einen großen Nachteil hat er. Rund 60.000 Euro brutto werden für die getestete Variante fällig. Auch wenn eine vergleichbare V-Klasse locker 10.000 Euro teurer wäre: Ein Schnäppchen ist der Familien-Vito nicht. Wer sparen will, kann das bei der Optik, die Luftfederung streichen und einen kleineren Motor wählen. Die günstigste Variante der Vito Tourer kommt dann brutto auf rund 42.000 Euro. In dem Fall allerdings kann man sich auch gleich bei der bürgerlichen Konkurrenz umschauen – denn einen nackten Kleinbus gibt es dort schon deutlich günstiger. Wer allerdings das Mercedes-Feeling in einen Personentransporter retten will, fährt mit einem gut ausgestatteten Vito Tourer eine Klasse besser.

Technische Daten

Mercedes-Benz Vito Tourer Pro Edition 124 CDI lang: 
Leichtes Nutzfahrzeug mit sieben Sitzplätzen, Länge: 5,10 Meter, Breite: 1,93 Meter (2,24 Meter mit Außenspiegeln), Höhe: 1,91 Meter, Radstand: 3,20 Meter, zulässiges Gesamtgewicht: 3,1 Tonnen, Kofferraumvolumen: bis zu 4.785 Liter. 

2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel mit 147 kW/237 PS, max. Drehmoment: 500 Nm bei 1.600 – 2.400 U/min, Hinterradantrieb, Neungangautomatik, 0 – 100 km/h in: 9,4 s, Vmax: 220 km/h, Normverbrauch: 6,4 l/100 km, CO2-Ausstoß: 168 g/km, Effizienzklasse: B, Abgasnorm: Euro 6d, Testverbrauch: 7,5 l/100 km; Preis ab: 47.088 Euro. Testwagenpreis: 59.987 Euro.

Kurzcharakteristik


Warum: viel Platz, ordentlicher Fahrkomfort, gute Fahrleistungen 
Warum nicht: hoher Preis 
Was sonst: VW T6.1 Caravelle, Opel Vivaro Kombi, Peugeot Traveller, Renault Trafic Combi

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