Blog: Round-Table mit Dr. Z.

Ein Round-Table mit dem Boss. So eine Einladung schlägt man nicht aus. Die Reise zum Automobil-Salon in Peking hielt für mich persönlich ein solches Highlight bereit. Eine Audienz beim Papst würde mich weniger reizen. Dr. Z., der charismatische Auto-Boss, der nicht nur Mercedes-Benz lenkt, sondern ganz nebenbei den gesamten Daimler-Konzern. 284.000 Mitarbeiter, 149 Milliarden Umsatz in 2015. Da hört man gerne zu und stellt sich die Frage: Ja, was kann man so jemanden fragen?

Round-Table Gespräch mit Dr. Zetsche in Peking 2016

Dank dem Engagement von Volkswagen im “Dieselherbst 2015” drängen sich “zum Glück” viele Fragen auf: Wie lange wird der Dieselmotor noch Bestand haben? Warum zögert man bei Mercedes-Benz mit den alternativen Antrieben? War es wirklich sinnvoll, sich von TESLA zu trennen und aus einer Partnerschaft eine Mitbewerber-Situation zu formen? Und dann waren da ja noch die KBA-Ergebnisse von der Nachprüfung einer Vielzahl von PKW-Modellen. Bekannt geworden am Freitag, kurz vor Abflug nach Peking. Und auch Mercedes-Benz fand sich in dieser Meldung wieder. Allerdings bestätigte das KBA auch, dass kein anderer Hersteller einer unzulässigen Abschalt-Einrichtung nach dem VW-Vorbild überführt werden konnte. Eigentlich eine Menge Themen. Doch es sollte anders kommen. Die Diesel-Probleme sind kein Thema, alles, was Mercedes-Benz hierzu zu sagen hat, wurde in einer Presse-Meldung veröffentlicht – die Themen des Round-Table sollten sich daher um andere Fragen drehen. Bitte.

Und doch, die Fragen nach dem Diesel

Doch ein Tisch voller Journalisten ist nicht leicht zu bändigen. Und so kam die Frage aus der Auto-Zeitung Chefredaktion nach der Rolle des Dieselmotors, jetzt, nach den Skandalen. Der Daimler- und Mercedes-Boss Zetsche reagierte souverän, wie immer. Nach seinem ausführlichen Statement war klar: Die Investitionen, die man bei Mercedes-Benz jetzt erst in die jüngste Motoren-Generation OM 654 gesteckt hat, die schreibt man nicht einfach ab. Die Rolle des Dieselmotors ist vor allem in Deutschland eine elementare. Zudem sind Wirkungsgrad und Effizienz erneut gestiegen. Für Vielfahrer bleibt der Dieselmotor noch auf absehbare Zeit die richtige Wahl. Dr. Zetsche wurde jedoch nicht müde, die Bestrebungen des Konzerns, neue Technologien zur Marktreife zu bringen, zu betonen. In 2017 wird Mercedes-Benz, nach aktueller Planung, den ersten SUV mit Brennstoffzelle in einer Kleinserie anbieten. Einer reinen Business-Limousine mit E-Antrieb nach TESLA-Vorbild beschied man derzeit jedoch keine Marktchancen. (Anmerkung: Der Autor wundert sich und schweigt … )

Wie wichtig ist China, wo sich aktuell das Wachstum verlangsamt?

Die Antwort auf diese Frage gab Dr. Z. an den für den China-Markt verantwortlichen Vorstand Hubert Troska weiter. Die Antwort ebenso deutlich wie wenig verwunderlich. Denn auch wenn die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten zu Ende gehen, so bleibt China auf unabsehbare Zeit ein Markt, der sich mit gesunden Wachstumszahlen hervortun wird. Hubertus Troska führte weiter aus, mit welcher Zuversicht sich Mercedes-Benz deswegen auf diesem Markt engagiert. Zudem hatte Mercedes-Benz bis 2015 deutlich mehr Potential als die Mitbewerber aus Deutschland. Darüber sprach man am Round-Table nicht, aber de facto hat Mercedes-Benz den “Elfer”, den man ihnen hinlegte, mit Bravour verwandelt.

Die Kopie: Ehre oder Ärgernis?

Ausgerechnet der Kooperationspartner BAIC stellt auf seinem Stand (direkt gegenüber vom Mercedes-Benz Stand) noch immer zwei Modelle aus, die einen an die etwas weniger ernsthaften Zeiten erinnern. Einfache Kopien westlicher Fahrzeuge. Darunter auch ein Auto, dessen Form, kneift man die Augen zusammen, auf unansehnliche Weise an die G-Klasse von Mercedes-Benz erinnert. Für Dieter Zetsche ist die Antwort einfach: “Ein Mercedes ist auch für den Kunden in China nur ein Mercedes, wenn er vom Original produziert wird. Eine Relevanz haben diese Kopien für uns nicht.”

Der Weg zum Mobilitäts-Dienstleister

In einem Land, in dem die Menschen zum Teil nur vom eigenen Automobil träumen können, startet Mercedes-Benz nun auch mit dem Carsharing-Angebot Car2Go. Ein Kollege stellt die Frage, ob dieses Land hierfür bereits reif ist. Auch diese Frage gibt Dr. Zetsche an Hubertus Troska weiter. “400 Smart wurden für Chonqing und Car2Go ausgeliefert und stehen dort im “free flow”- Carsharing zur Verfügung. Diese werden zum Teil auch von Daimler-Mitarbeitern dort, vor Ort, direkt genutzt. Man ist durchaus überzeugt von den Potentialen und einem wachsenden Carsharing-Markt, eben auch in China. Chonqing ist hierfür ein guter Start”.

Dr. Z. – der Sympathie-Sieger

Wer den Daimler und Mercedes-Benz-Boss im persönlichen Gespräch erlebt, der spürt die Ruhe und Souveränität, die von dem erfolgreichen Konzern-Lenker ausgeht. Widerworte? Schwer zu formulieren, denn Dr. Z. pariert auch kritische Fragen mit einer großen Sympathie-Wirkung. Dr. Z. dürfte jedoch mittlerweile, auch wenn er die kritischen Fragen charmant abwehren kann, der Wind zum Thema “Elektromobilität” harsch und unangenehm ins Gesicht wehen.  Dem Erfolg von Mercedes-Benz in China steht der Mangel an E-Fahrzeugen im Mercedes-Portfolio derzeit noch nicht im Weg. Noch ist Platz – und Zeit – für eine wachsende Plug-In Hybrid-Strategie und vor allem für eine Beschleunigung beim Thema “autonomes Fahren” und “Konnektivität”. Beides Themen, bei denen ausgerechnet der einst so spießige Daimler mittlerweile mit Karacho vorneweg fährt. Für die Souveränität des Lenkers gibt es also –trotz aller Baustellen – auch sehr gute Gründe.

 

Total
0
Shares
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Related Posts