Der Schweizer, der gegenüber Audi-Boss Stadler die Wahrheit enttarnte

Vor ein paar Tagen hat ein Schweizer Motor-Journalist einen Artikel verfasst, der viel geteilt wurde – auf Facebook tauchte er gleich mehrfach in meiner Timeline auf und die Kommentare zu den Ausführungen von Peter Ruch – so sein Name – waren oftmals eher zustimmend, denn kritisch.

Worum ging es?

Peter Ruch fuhr den Alfa Romeo 4C und wurde von diesem mitten hinein in sein viertaktendes Herz getroffen.

Und dann: fahren Sie den 4C mal aus. Sie werden ein nervöses, fieses Teil erleben, das den Fahrer jede Sekunde des Weges fordert. Man will mit ihm nicht von München nach Hamburg fahren, dafür ist er zu laut, zu grob, zu aktiv, man würde schweissgebadet ankommen. Doch dafür will man am Sonntagmorgen um 5 aufstehen, zwei, drei Pässe fressen, sich dann unter die Dusche stellen – und der Familie bestens gelaunt das Frühstück servieren.

Zitat: http://ps.welt.de/2014/05/13/sehr-geehrter-herr-stadler/

Im restlichen Text war Peter Ruch nicht minder emotional am Thema.

Die Schweizer Motor-Journalisten und die Kollegen aus Österreich sind in vielen Themen deutlich direkter. Das hat vielerlei Gründe, gehört aber jetzt nicht hierher.

Der Artikel von Peter Ruch hat nun eine so polarisierende Wirkung entfaltet, dass sich ein arrivierter deutscher Motor-Journalist zu einem eigenen Beitrag hat hinreißen lassen. Nicht auf der welt.de Domain – auch nicht bei den wichtigen deutschen Web-Angeboten von ams oder autobild, sondern auf automotive-opinion.com. Der Verfasser der Antwort: Peter Groschupf. Kein unbekannter Motor-Journalist, ein Mann der seit 30 Jahren in der Branche arbeitet. Seine Antwort:

Dass der Autor kritisert, im Volkwagenkonzern würden zu viele Gleichteile verbaut und die Marken verwässert, ist typische Autotester-Denke. Wer jede Woche das Auto wechselt, mag sich schwer tun, noch große Unterschiede zu finden. Für den Käufer sind solche Überlegungen völlig irrelevant. Er will sein Auto haben und fährt es bein paar Jahre. In guter Qualität zu einem für ihn erschwinglichen Preis. Ob der Motor noch in einem anderen Fahrzeug des Konzerns arbeitet, ist ihm egal. Und wenn der Alfa ein so gutes Spaß-Auto ist, wie der Autor jubelt, dann wird er zweifellos seine Kunden finden. Ob der Alfa dem Audi TT das Wasser reichen oder gar abgraben kann, bleibt abzuwarten. Rupert Stadler hat jedenfalls keinen Grund, seine Planung und Strategie über den Haufen zu werfen. Der Erfolg wird ihm Recht geben. Audi baut seine Autos schließlich nicht für die Minderheit gekonnt quer fahrender Motorjournalisten.

Zitat: http://automotive-opinion.com/2014/05/15/ein-offene-brief-an-den-audi-chef-gegen-die-automobile-bevormundung-ist-zwar-gut-geschrieben-geht-aber-an-der-wirklichkeit-vorbei/

Zuerst einmal: Den Artikel von Peter Ruch werden mehr Menschen lesen, als den von Peter Groschupf. Das könnte man bereits als Statement verstehen. Auf der anderen Seite aber, verstehe ich beide Meinungen. Verstehe die Aussage von Peter Ruch jedoch nicht als “Fürsprache” zu mehr “gefährlichen Autos”, wie dies Peter Groschupf implizieren will (im übrigen war der erste TT – ohne Flügel und bevor er in Stückzahlen zugelassen wurde, vermutlich gefährlicher zu fahren als der 4C) – doch um den “Thrill-Faktor” der fahrlässigen Gefährdung ging es Peter Ruch (wie ich ihn verstand) gar nicht.

Es geht um Emotionen. Und die fehlen den Ingolstädter-Technokraten. Sie bauen perfekte Autos. Und sie machen Gewinne wie blöd. Das ist kein Zufall, es ist das Ergebnis von perfekter Arbeit.

Aber es ist auch die Abwesenheit von natürlichen Makeln. Und eben diese Makel sind es, die Emotionen auslösen. Peter Ruch hat völlig recht mit seinem – zum Teil – auch grob polemischen Ausführungen. Aber eben diese Polemik, dieses zuspitzen, dass gehört dazu. Das braucht ein solches Statement. Nur so wird aus einem Artikel ein Beitrag der Leser bewegt und teilt und nur so wird man in Ingolstadt auch merken, wie groß doch der Wunsch bei vielen Autokäufern ist – lieber etwas mit mehr Spaltmaßen, als ein Auto mit der Gefühlsprägung eines Miele Vollwaschautomaten.

Denn das ist doch die Endstation auf die man bei Audi zusteuert. Fachlich perfekt. Technisch oberhalb des notwendigen – nur emotional völlig abseits dessen, was ein solches Auto leisten sollte. Und die Aufgabe eines Motor-Journalisten sollte doch sein, genau solche klaren Statements zu formulieren. Audi verteidigen? Das ist unnötig wie ein Kropf. Deren Absatzzahlen und Umsatz-Rendite ist Argument genug. Aber die Fürsprache zu mehr Emotionen – zu einem puren fahren, zu einem “nachdenken” über Alternativen, das ist die Aufgabe des Journalisten und von diesen gibt es in unserer Branche doch eh zu wenige. Daher noch einmal ein “fettes Danke” in die Schweiz!

 

 

Total
0
Shares
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Related Posts

42,8 Prozent…

…niedrigere Preise verlangten Privatpersonen im Vergleich zu gewerblichen Anbietern vergangenes Jahr für ihre inserierten Gebrauchtwagen auf der Online-Plattform…