Erste Ausfahrt: Die neue V-Klasse von Mercedes-Benz

Der heftige wehende Wind am Strand von St. Peter Ording könnte symbolisch für die Brise stehen, die der neuen V-Klasse entgegen weht, sobald diese ab Mai im Revier des erfolgreichen VW Multivan wildern wird. Bislang denkt man bei “Bussen” und anderen “Großraum-Limousinen” doch eher an den kühlen, eckigen Vertreter aus dem Norden der Republik, denn an einen sachlichen Mehrsitzer aus dem Schwabenland. Das will Mercedes mit der neuen V-Klasse nun ändern.  Und deswegen fand die erste Ausfahrt auch dort statt, wo man die Kunden für den “Mercedes unter den Großraum-Limousinen” vermutet. An einem typischen Ferienort für die durchschnittliche V-Klassen-Familien, in Sylt. An einem Ort, an dem sportliche Freizeit-Helden die zwischen Sand, Himmel und Wasser ihrem Sport nachgehen – in St. Peter Ording. Und dem Business-Umfeld des Hamburger Flughafens.

Vom Airport geht es über die Autobahn nach St. Peter Ording und später weiter nach Sylt. 

Bild: Die neue V-Klasse, Startpreis 42.900 €
Bild: Die neue V-Klasse, Startpreis 42.900 €
Business-Tour – die V-Klasse als Shuttle

“Fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn”

Das Fahrwerk der neuen V-Klasse wurde umfangreich überarbeitet und optional gibt es zum ersten Mal in dieser Klasse ein adaptives Fahrwerk mit drei Einstellungsmöglichkeiten. Eco, Normal und Sport sind möglich und für den Fahrer und die Passagiere auch erlebbar. Während die Eco-Taste dem Wohle des Kraftstoffverbrauches dienen soll, bringt die Sport-Taste ein agiles Handling und grobe Dämpfereinstellungen in das große Raumfahrzeug. Kein Extra ohne den Anglizismus: Agility Control nennt man beim Daimler diese Möglichkeit die Dämpfer-Wirkung einzustellen. Zusätzlich wurde die V-Klasse im Vergleich zum Vorgänger um 2 Zentimeter tiefer gelegt -der niedrigere Schwerpunkt und die viele Arbeit am Fahrwerk sollen dem Fahrer das Gefühl vermitteln, einen PKW zu fahren. Dieses Ziel wurde erreicht. Die V-Klasse vermittelt nicht das Gefühl einen Lastkahn zu lenken. Trotz des großen Aufbaues, den Einzelsitzen für sechs und der Herkunft aus der Nutzfahrzeug-Sparte, lässt sich die V-Klasse zügig und direkt bewegen. Vor allem mit dem 190 PS starken Doppel-Turbodiesel im V250 BlueTec lässt es sich wirklich zügig reisen. Eine Höchstgeschwindigkeit von 206 km/h ist zudem ganz ordentlich. Für das ungewohnt direkte Lenkgefühl in dieser Fahrzeugklasse, sorgt unter anderem eine Geschwindigkeitsabhängig arbeitende elektrische Servolenkung.  Alles PKW also?

Einzig die Sitzhöhe verwirrt. Denn natürlich sitzt man höher und aufrechter als zum Beispiel in einem Kombi, aber nach ein paar schnellen Autobahnkilometern vergisst man den großen überdachten Raum hinter dem Fahrer. Wer die Agilität auf die Spitze treiben will, der kann zum optionalen Sportfahrwerk mit 15 Millimeter Tieferlegung und dickerem Stabilisator greifen.

Neue V-Klasse Mercedes erster fahrbericht

Die V-Klasse als Freund von Familien und Aktiv-Sportlern

Die V-Klasse spielt am Gestade von St. Peter Ording den Sechssitzer-Strandkorb. 5.14 Meter lang, 1.92 Meter breit und 1.88 Meter hoch. Die V-Klasse gehört mit diesen Abmessungen nicht zu den kleinen Bussen. Allerdings verschenkt die V-Klasse Raum zu Gunsten des Standard-Antriebslayouts. Ein längs eingebauter Motor und der Heckantrieb nehmen ebenso ein wenig von der Raumfülle in Anspruch, wie die lange Nase, die der V-Klasse wuchs. Für diese dürfte der Fußgängerschutz verantwortlich sein.

Damit man trotz der Länge von 5.14 m noch in Parklücken kommt, bietet Mercedes unter anderem einen Parklenk-Assistenten an. Der übernimmt das automatische parken, sucht aber nach Parklücken die mindestens 1 Meter länger sind als die V-Klasse. Dafür bremst der Park-Assistent im Gegensatz zu anderen Varianten auf dem Markt auch von alleine.

Überhaupt wimmelt es in der neuen V-Klasse nur so von Assistenzsystemen – eine kurze Aufzählung gefällig? Bitte: Seitenwind-Assistent, Attention Assist, aktiver Park-Assistent, Collision Prevention Assist, Verkehrszeichen-Assistent, Falschfahr-Warnfunktion, Totwinkel-Assistent, adaptiver Tempomat Distronic Plus, Spurhalte-Assistent, adaptiven Fernlicht-Assistenten und eine 360° Kamera. Das Bild der vier vernetzten Kameras wird auf dem Zentraldisplay angezeigt. Wer sich nur die kleine Audio-Einheit gönnt, erhält ein Display mit fast 18 Zentimeter Diagonale. Wer das große Comand-System wählt, der darf seine Blicke über das 21.3 Zentimeter messende Display gleiten lassen. Die Finger gleiten derweil über das neue Touchpad. Mit der Integration des vor kurzem erst in der neuen C-Klasse eingeführten, neuen Bedienkonzepts für das Comand-System, eine Kombination aus dem bekannten Dreh-Drückrad und einem Handflächen großen Touchfeld konnte ich mich beim ersten Test nicht anfreunden.

Das Cockpit der neuen V-Klasse ist in der Tat noch nie so nah an einer Limousine gewesen, der kühle mufflige Charme eines Nutzfahrzeuges wurde der V-Klasse ausgetrieben. Doch das Touchfeld und der darunter versteckte Dreh- Drücksteller sind nicht ideal platziert. Anders als in der neuen C-Klasse liegt das Touchfeld nicht ideal in Armlänge und man greift danach, wie nach einem Fremdkörper. Noch immer sträubt sich Mercedes-Benz gegen die Umsetzung eines Touchscreens – doch die neue Kombination aus Touchfeld und dem darunter angebrachten Controller wirkt noch nicht ausgereift. Die zweistündige Testfahrt hat mir auf jeden Fall nicht ausgereicht um mich mit den Funktionen und der Tiefe der Menü-Strukturen anzufreunden.

Kurz zum Motor

Mercedes bietet derzeit einen Vierzylinder-Dieselmotor in der V-Klasse an. Diesen bekommt man als V200, V220 und V250 in drei Leistungsstufen von 136 PS über 163 PS, bis hin zu 190 PS. Bei Beschleunigungsvorgängen bekommt der Fahrer des V250 anstelle der 190 PS kurzzeitig sogar bis zu 204 PS und maximal 480 Nm (440 Nm normal) geboten. Das reicht um den aktuell stärksten Vertreter der V-Klasse zum schnellen Autobahn-Shuttle werden zu lassen. Vor allem der V250 BlueTec bietet genug Kraftreserven um die bis zu 4.630 Liter Kofferraumvolumen (ohne Sitze!) mit allerlei Freizeit-Equipment zu beladen und dennoch zügig von der Stelle zu kommen.

Die Motoren haben alle 2.143 ccm³, zwei Turbolader in Reihe und werden mit der bekannten 7-Gang-Automatik angeboten. Start & Stopp ist bei allen Motor-Varianten in Serie vorhanden.

Während der ersten Ausfahrt mit der neuen V-Klasse lassen sich keine ordentlichen Rückschlüsse auf den Verbrauch ziehen. Mercedes gibt den Verbrauch des V250 BlueTEC selbst mit 6.0 Liter (kombiniert) an. Die teilweise flott gefahrenen Autobahn-Etappen lassen die Verbrauchswerte natürlich leicht zweistellig werden. Eine genügsame Runde von St. Peter Ording in Richtung Sylt war mit guten 7 Litern abzuhandeln.

Mercedes V250

Kurz zum Preis

Mercedes-Benz ist nicht bekannt für billige Autos. Die neue V-Klasse wurde jedoch mit attraktiven Preisschildern versehen. Die Basis-Version V200 CDI startet bei 42.900 € und damit rund 2.000 € unterhalb des ärgsten Konkurrenten aus dem Hause Volkswagen. Eher ungewöhnlich – ein Mercedes-Benz der günstiger ist als der Volkswagen. Und das obwohl der VW Multivan nach 9 Jahren nun so langsam vor der Rente steht.

Kurz in die Zukunft gedacht

Auch wenn unter der Haube noch Platz für zwei weitere Zylinder bleibt, ein V6 wird immer unwahrscheinlicher für die V-Klasse. Sicher ist dagegen eine Allrad-Version, die Handwerker-Variante “Vito” und Sonderlösungen für Camper.

Fazit

Die neue V-Klasse verbindet großen Reisekomfort mit noch größerem Raumangebot. Um die Ernsthaftigkeit der eigenen Ansprüche zu untermauern: “Der Mercedes unter den Großraum-Limousinen” hat Mercedes-Benz das volle Paket an aktuellen Sicherheits-Elementen und einem Multimedia-System in die V-Klasse gepackt. Neben so feinen Dingen wie der großen elektrischen Heckklappe mit separat zu öffnender Heckscheibe, dem doppelten Ladeboden und ordentlicher Verarbeitung – fährt sich der große Van auch noch ausgesprochen handlich.

Ziel erreicht? Das wird die Zukunft zeigen. 

[=” ” ]Fakten zur neuen V-Klasse V250 BlueTEC

Verkaufsstart:  Mai 2014
Basispreis:  49.138 €
Motorleistung:  2.2L Turbodiesel R4, 190 PS
Antrieb und Getriebe:  7-Gang Automatik, Heckantrieb
Länge, Breite, Höhe, Radstand:  5140, 1928, 1880, 3200
Normverbrauch:  6.0 l / 100 km
Höchstgeschwindigkeit:  206 km/h
Beschleunigung von 0 – 100 km/h  9.1 Sekunden

 

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