Fahrbericht: Der Infiniti Q50 mit dem Schwäbischen Herzen.

Als Infiniti im Herbst 2013 den Q50 der internationalen Presse vorstellte, durfte ich bereits zugegen sein. Die Testfahrten fanden damals im spanischen Hinterland statt und der Q50 mit seiner völlig neuen Lenkung (s.u.), dem Diesel-Herzen aus Stuttgart, seinem gelungenen Design und einem aktuellen Multimedia-System, hatte mich überzeugt.

Bereits damals habe ich dem Q50 das Potential zur Revolution in der Dienstwagenklasse unterstellt.  Klar war aber auch, so richtig beurteilen kann man ein Auto erst im Alltagstest. Zwei Wochen sind das Minimum um ein belastbares Urteil über ein Auto zu fällen. Die Hybrid-Variante des Vorgängers war genial, aber in dieser Klasse gehört ein Hybrid einfach nicht zu den Top-Antriebslösungen. Was dem Vorgänger noch fehlte, bekam der Q50 nun spendiert: Einen ordentlichen Dieselmotor. Denn wer die Klasse der Dienstwagen erobern will, der muss nageln können, der darf nicht saufen und muss trotzdem kraftvoll durchziehen.

Infiniti Q50 – Die etwas andere Limousine

Business-Class mit Stil

9 Monate nach der Premiere des Q50 ist die Revolution ausgeblieben. Sicher. Das könnte man mir nun an den Kopf werfen. Auto-Blogger und ihre blumigen Wort-Auswürfe. Aber halt. Es ist nicht die Schuld des Q50. Der hat alle Talente – da bin ich mir sicher. Das Problem sitzt woanders. Bei Infiniti habe ich zwei Interviews auf Ebene der Entscheider getroffen und beide Mal war kurz danach der jeweilige Entscheider ausgeschieden. Infiniti fehlt in Europa das Durchsetzungsvermögen, weil die richtigen Köpfe fehlten. Die Marke an sich befand sich zu lange in einem Entscheidungs-Vakuum. Man distanziert sich zwanghaft von den Konzernwurzeln Renault-Nissan und will sich als eigenständige Marke verstanden wissen. Doch geht man das wiederum, vermutlich von der Konzern-Mutter aus, nicht mit genug Nachdruck an.

Infinifi Q50 erster fahrbericht 2.2 Diesel
[one_half] [=”notification_mark” ]Die Basics:
[star_list]
  • 2 Wochen im Test
  • 1.100 Testkilometer 
  • Basispreis: 34.350 €
  • Testwagenpreis: 41.170 €
[/star_list] [/one_half] [one_half last=last] [=”notification_mark” ]Testverbrauch:
[star_list] [/star_list] [/one_half]

Zurück zum Q50 2.2D

Zurück zum Auto, zurück zum Business-Talent, zurück zum Diesel. Das 2.2 Liter große Diesel-Herz im neuen Q50 ist eine Entwicklungs-Leihgabe von Mercedes-Benz. Allerdings darf der potente Nagelfreund in der edlen Japan-Limousine nur mit 170 PS ans Werk gehen – wohingegen er bei Mercedes-Benz derzeit bis zu 204 PS zum Dienst erscheinen lässt. Völlig baugleich sind die Motoren jedoch nicht. Infiniti setzt eine eigene Motorsteuerung und einen anders positionierten Ladeluftkühler ein. Doch das ist wirklich nur das kleinere Übel. Das größere Übel ist die Möglichkeit den Q50 2.2 Diesel mit dem manuellen 6-Gang Getriebe kombinieren zu können. Die Freude am schalten lässt dieses Getriebe nicht aufkommen, die Wege zu lang, der Umgang mit dem Knüppel zu ungenau. Dafür maximiert man mit dem manuellen Getriebe die Effizienz. Mit 114 g CO² je Kilometer und einem Normverbrauch von 4.5 Litern wird der Q50 endgültig zum grünen Dienstwagen. Und das ohne Verzicht auf echten Komfort – bei allem was nicht mit dem Getriebe zu tun hat.  Nachdem ich den Q50 2.2 mit manuellen Getriebe zum Test hatte und bei den Testfahrten in Spanien die 7-Gang Automatik nutzen konnte, ist die Empfehlung eindeutig: Pro Automatik!

Fahren & sparen

Als Fahrer fühlt man sich zum ersten Mal in einer japanischen Limousine richtig integriert. Tief genug sitzend, schön eingerahmt von der Mittelkonsole, perfekt platziert hinter dem griffigen Lenkrad. Infiniti ist der erste Hersteller, der eine entkoppelte Lenkung anbietet. Anstelle einer direkten mechanischen Verbindung, wird die Lenkung ähnlich der “Steer-by-wire” Technik von Flugzeugen bedient. Allerdings erlaubt die Gesetzgebung dies nicht als “stand alone” Lösung, daher bleibt die Mechanik erhalten und dient als “Fall back” für den Fall eines Ausfalls. Das Ergebnis dieser Entkoppelung ist sagenhaft und wurde von mir damals so beschrieben:

Eine neue Qualität beim Thema Lenkkomfort. 

Der gefahrene Testwagen kam in der Premium-Line und war nicht mit der “DAS direct-adaptive-steering” Lenkung ausgerüstet. Und was soll ich sagen? Der Q50 fährt sich immer noch gut – wenngleich auch die Faszination der Entkopplung ein wenig vermisst wird.

Er bleibt eine sportlich handliche Limousine im Segment von Dreier BMW, Mercedes C-Klasse und Audi A4. Dank Heckantrieb ist die Lenkung auch ohne das “DAS-System” frei von Antriebseinflüssen, die Run-Flat-Reifen rollen zwar ein wenig hölzern ab, dafür wirkt die Zusammenarbeit und Abstimmung von Federn und Dämpfern umso besser.  Das manuelle Getriebe plagt den Fahrer mit hakligen und langen Schaltwegen, dafür entschädigen die 400 Nm des Diesel und das gelungene Fahrwerk. So nah dran am bayerischen Dienstwagen-Helden mit der Drei im Namen, war bislang kein Exot.

Exoten-Status

Er bleibt vermutlich ein Exot. Doch dieser Exoten-Status könnte der Anfang eines echten Erfolges sein. Ist es nicht oft so? Erst werden diese Exoten belächelt, verspottet und später ändern genau sie den Lauf der Geschichte. Sicher – es geht um ein Auto. Um eines aus einer aktuell japanisch-französischen Allianz, mit einem deutschen Motor, unter einem Brand der ursprünglich in den USA entstand. Der Infiniti Q50 ist bereits heute gelebter Multikulti-Status. Er will das beste aus allen Welten vereinen. Die Qualität und Zuverlässigkeit eines Japaners, den Service-Gedanken eines Amerikaners, die Emotionen einer deutschen Premium-Limousine – das muss einfach zwangsläufig zu einem Exoten-Status führen. Der Q50 trägt diesen Status mit Fassung.

Online & sein

Im Cockpit wurden gleich zwei große Displays untergebracht. Wo andere Hersteller noch mit DIN-Norm-Schächten und Dreh-Drück-Dingensbummens hadern, präsentiert Infiniti die vermutlich schönste Möglichkeit, den eigenen Fett-Fingern die richtige Geltung zukommen zu lassen. Wie genial wäre der Touchscreen, wenn wir mit unseren Fett-Griffeln nicht immer Spuren hinterlassen würden? Betrachtet man die Smartphone-Historie, dann hat uns dieses Manko aber auch nicht davon abgehalten den Touchscreen als die sinnvollste Lösung zu betrachten .

Im Q50 gibt es neben der Möglichkeit über den Touchscreen zu arbeiten, zusätzliche “Direktwahltasten” für die am häufigsten genutzten Einstellungen. Die Temperatur mal schnell anpassen? Kein Ding, keine Menüs, einfach rechts oder links neben dem großen unteren Monitor drücken. Die gesamte Integration der beiden Monitore wirkt höchst gelungen. Der obere arbeitet vor allem als Navi-Display, kann aber ebenso mit anderen Inhalten gefüttert werden. Der untere ist primär die Schnittstelle zur Bedienung – aber ebenso zum darstellen von Inhalten genutzt werden. Zum Beispiel für die Apps. Oder als Schnittstelle zum Handy. Wobei die aktuelle Umsetzung mit der Infiniti-App, deren Funktionen und Möglichkeiten, noch einiges an Raum für Verbesserungen offen lässt. Eine Integration der Apple-CarPlay Standards oder des Mirror-Link Systems würde ich einer Verbindung via – umständlich – zu konfigurierenden Smartphone-App vorziehen!

Positiv-Liste:
[one_third]+++ LED-Licht

Modernes Auto ohne modernes Licht? Geht nicht. Daher hat INFINITI im Q50 LED-Scheinwerfer im Angebot. Ab der Sport-Ausstattung in Serie, darunter gegen 850,– € Aufpreis. Zusätzlich gibt es ein erstklassig arbeitenden Kurvenlicht. Ein absolutes “must have”!

[/one_third] [one_third]++ Durchzug

400 Nm sind eben 400 Nm und auch wenn die maximale Leistung des 2.2 Liter Diesel auf 170 PS beschränkt wurde, macht der Mercedes-Motor im Q50 einen excellenten Job. Das Getriebe ist hakelig, aber gut abgestuft. Der Q50 zieht in jeder Lebenslage ordentlich an!

[/one_third] [one_third last=last]+ Verbrauch

Der NEFZ-Normverbrauch des Q50 2.2 D mit dem manuellen Getriebe liegt bei 3.7 Litern auf 100 Kilometern. Das hat auch die Öko-Tour leider nicht auf die Uhr bekommen. Aber 4.3, 5.5 und vor allem die 7.8 Liter im Max-Test sind wirklich extrem gut!

[/one_third]

Ganz aktuell:

auto, motor und sport hat in Heft 16 ein Problem in der Abstimmung des ESP bei den Hybrid-Modellen des Q50 aufgedeckt. Hier kam es bei “µ-split-Bremstests” zu einem ausbrechen des Fahrzeuges. Infiniti hat reagiert und einen neuen Softwarestand entwickelt und verspricht, diesen binnen eines Monats für alle Hybrid-Q50 zur Verfügung zu stellen. Ich muss dazu sagen: Genau diese Art von Arbeit erwarte ich von einer Automobil-Zeitschrift wie der ams. Aber auch genau diese Art von Reaktion erwarte ich von einem Hersteller. Da wird nicht herum geeiert, da wird asap gehandelt.  Zudem scheint das Problem ein auf Hybrid-Varianten begrenztes zu sein. Der von mir bewegte Q50 (zudem ohne DAS) war eine Ausgeburt an Fahrfreude. Klassisch, solide, gut abgestimmt.

Das Fazit

Der Q50 hätte es  verdient, besser vermarktet zu werden. Der Q50 ist eine extrem anständige Business-Limousine, mit einem guten Fahrwerk, einem extrem guten Dieselmotor, gelungener Qualität im Innenraum und einer (fast) State-of-the-Art Entertainment-Lösung. 

Als Handschalter kann der Q50 jedoch nicht vollständig überzeugen, aber er bleibt extrem sparsam. Meine Empfehlung: Auf den letzten gesparten Tropfen Sprit verzichten und dafür das 7-Gang Automatikgetriebe (auch eine Daimler-Leihgabe) ordern. Und auf dem Parkplatz wird man sich nie wieder zwischen den gleichen Limousinen herum irren sehen, den Q50 findet man auf Anhieb! Der hebt sich aus dem tristen Alltag der ewig gleichen Dienstwagen einfach ab! Und wer bietet in diesem Segment denn bitte sonst noch einen Service a la Infiniti? 3 Jahre Garantie und einen Hol- und Bring-Service für die Inspektionen – inklusive kostenfreien Leihwagen.

Eben – niemand – aber genau das macht eine gute Business-Limousine aus! Selbst wenig nehmen, aber viel geben! 

Technische Daten:Verbrauch und Emissionen:
Leistung: 170 PS
Kraft: 400 Nm
Beschleunigung 0-100 km/h: 8.7 Sek. 
Höchstgeschwindigkeit: 231 km/h 
Effizienzklasse: A+ 
Abgasnorm: EU5
Verbrauch kombiniert nach NEFZ: 4.4 l/ 100 km 
CO²-Emission kom.: 114g/km
Daten lt. Hersteller.
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