Fahrbericht: Kia Sportage

Mein erster Koreaner. Auch als jemand der wirklich versucht ausgesprochen subjektiv zu bleiben, weiß ich um die Vorteile von “objektiven” Sichtweisen.  Und trotzdem waren “die Koreaner” für mich immer eine Nation, die im Bereich der Automobil-Fertigung doch am Ende nur eines fertig bekommen haben: Extrem farblose und geschmacksneutrale Fließband-Autos ohne tiefer gehenden Sinn für Gestaltung und Geschmack.

Soul aus Seoul. Am Ende meiner 14 Tage im neuen KIA Sportage war mir jedoch klar, dass die Koreaner noch schneller als die Japaner, in den zwanzig Jahren zuvor, gelernt haben den Geschmack der Mittel-Europäer zu treffen und Fahrzeuge mit beeindruckender Wertigkeit zu fabrizieren. Und um mich besonders weit aus dem Fenster zu lehnen: Ich glaube – KIA hat bereits mehr als einen japanischen Hersteller überholt. Warum ich das so sehe – das zeigt mein Fahrbericht:

Die rasante Aufholjagd der Koreaner am Beispiel des neuen KIA Sportage:

Ein Wagen für das Volk – der KIA Sportage!

Kia Sportage Foto front schräg

Kompakte SUV: Die Klasse der kompakten SUV ist Klassenlos geworden und man kann heute nicht mehr sagen, wer sich hinter dem Steuer eines solchen Teilzeit-Feldwege-Helden befindet. Und um die Klassenlosigkeit zu unterstreichen, spielen auch alle Hersteller mit und haben eigene Interpretationen der weich gespülten Offroader im Programm.

Diesel und Allrad:  KIA hat in der Konzeption des Sportage alles richtig gemacht und bietet gleich 3 unterschiedlich starke Diesel-Motoren an. Zudem lassen sich die Motoren mit reinem Frontantrieb, Allradantrieb und auch mit einer modernen Automatik kombinieren.  Die Spannweite der Leistung geht hierbei von 115PS bis hoch zu 184PS und man gibt dem verwöhnten deutschen Autokäufer das Gefühl der Auswahl.

Design für das Volk: Waren die Koreanischen Modelle früher Autos ohne Stil und Gesicht, die nur allzu schnell in der grauen Masse des Marktes untergingen, darf sich KIA heute mit einem Design schmücken, dass allgemeine Zustimmung findet. Dafür verantwortlich ist der Ex-Volkswagen Designer Peter Schreyer. Und mit diesem Mann am Design-Brett wurde aus der grauen Maus KIA ein gefährlicher Global-Player für das Automobile Establishment in Europa. Ich kann an dieser Stelle bereits zugeben: Mir persönlich gefällt die Designlinie des Peter Schreyer und es verwundert daher nicht – wenn man als Freund des “cleanen VW-Style” auch Gefallen an der neuen Formensprache von KIA hat.

Doch was taugt dieser kompakte SUV denn nun? Geht Design über Qualität? Bleiben neben dem Blendwerk auch überzeugende Fakten übrig? Mein Fahrbericht über den Koreaner soll für Aufklärung sorgen:

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  • Modellbezeichnung: KIA Sportage Spirit
  • Ausstattung:  Spirit
  • Testwagenpreis: 31.750€
  • Grundpreis Baureihe: 19.950€  (135PS Benziner)
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  • Hubraum: 1.995 ccm³
  • Leistung: 136 PS
  • Höchstgeschwindigkeit: 181 km/h
  • Beschleunigung: 0-100: 12,1  Sekunden
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KIA Sportage Happy Face

Zur großen KIA Sportage Galerie

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Das will er sein:

Ein Sportler unter den kompakten SUVs

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Das kann er:

Alte Vorurteile in Wohlgefallen auflösen
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Das kann er nicht:

Offroad überzeugen. Der Sportage ist ein Supermarkt-SUV.
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Kia Heck Banderole

Design Außen: Design für das Volk

Dynamisch, kraftvoll und dennoch sachlich im Design. Das ist eine Design-Sprache die man so schnell nicht selbst entwickeln kann. Die Handschrift des Ex- VW Designers Schreyer zeigt sich nahezu in jedem Winkel des adretten Sportage. Die Kühlermaske geht fliesend in das Styling der Scheinwerfer über, die Seitenline ist geprägt von athletisch geformten Radhäusern. Mit stämmiger Erscheinung prägt der Sportage seine Außenwirkung.  Dabei wirkt er behände und dynamisch – im Styling haben die Koreaner alles richtig gemacht.

KIA sportage Rücklicht

Punktabzug gibt es jedoch für die Rücklichter, deren Design in der Nacht eine hochwertige LED-Technik nur “vorspielen”.

Design & Haptik Innen: Best in class

Hatte man vor einigen Jahren noch gut eingespielte Kritikpunkte und immer wieder bewährte Vorurteile gegenüber der asiatischen Innenraum-Kultur, so kann der KIA Sportage im Innenraum nun als die Bechnmark der Asiatischen Kompakt-SUV-Bewegung gesehen werden.  Ein weitläufiges Armaturenbrett, frei von Schnörkeln und überzeugend in Technik und Verarbeitung. Ist das noch ein Koreaner?

Kia Sportage Fensterheber

Punktabzug gibt es für die Fensterheber-Schalter die eine vermeintliche Brücke in die Vergangenheit schlagen und die wenig solide wirkenden Türverkleidungen.

KIA Sportage Innenraum

Fahrleistungen & Fahrgefühl: Alles easy.

Typisch für die Klasse der kompakten SUV erfüllt der KIA den Wunsch nach leicht erhöhter Sitzposition. Der Mittlere der drei Dieselmotoren ist eine sinnvolle Kraftquelle und überzeugt durch einen geringen Lärmpegel und eine angenehme Laufruhe. Die Schaltung des Sportage wirkt gut übersetzt und der Kontakt zur Straße ist nicht unnötig entkoppelt.  Besonders wohl fühlt sich der 136PS starke Sportage auf der Landstraße. Auf der Autobahn ist das mitschwimmen im Verkehr Problemlos möglich.

KIA Sportage Fahrbericht Heck

Alltagsfaktor: Keep it simple

Das Platzangebot in der ersten Reihe kann vollständig überzeugen, in der zweiten Reihe wünscht man sich jedoch ein wenig mehr Beinfreiheit und durch die ansteigende Fensterlinie fühlt man sich  eingeengt. Die Laderaumkante des Sportage ist für einen SUV noch auf einer erstaunlich niedrigen Höhe und sorgt zusammen mit der großen Heckklappe für eine gute Nutzbarkeit des Kofferraums. Die Parkpiepser hinten helfen beim rangieren – nur vorne, da wünscht man sich entweder eine bessere Übersichtlichkeit – oder eben auch Parksensoren. Diese sind jedoch leider nicht erhältlich!

Wenn der KIA auch mit einem Allradantrieb im Test war – die überschaubare Bodenfreiheit und die auf Asphalt optimierten Reifen setzen dem Offroad-Drang eine frühes Ende. So bleibt vor allem der Traktionsvorteil auf nassen Straßen als Punkte-Bringer übrig.

Serien-Ausstattung: Full-House

6 Airbags sind immer mit an Bord, dazu zählen die obligatorischen Fahrer- und Beifahrer-Airbags, die Seitenairbags auf Höhe der Vordersitze und so genannte “Vorhang-Airbags” für die Fensterbereiche. Ebenso in Serie sind ABS, ESP und eine Traktionskontrolle. Für SUVs sinnvoll sind die in Serie gelieferte Berg-Anfahrhilfe und die Berg-Abfahrhilfe.

In der Spirit-Ausstattung ebenso enthalten: 18 Zoll Aluminium-Felgen, Getönte Schreiben für die zweite Reihe, Sitzheizung vorne und hinten, KIA Navigations-System, Bluettooth-Freisprecheinrichtung, Xenon-Scheinwerfer, Keyless-Go mit einem Startknopf, Regensensor, 2-Zonen Klimaautomatik.

Kia Sportage Motor

 

Der Motor

Der Klassiker im aktuellen Motorenbau kommt auch im Sportage zum Einsatz: Ein zwei Liter großer Vierzylinder Turbodiesel mit Direkteinspritzung und Partikelfilter. Im Falle des Koreaners wird dieser Motor in zwei Leistungsstufen angeboten: Mit 136PS und 184PS. Im von mir gefahrenen 136PS Diesel empfindet man vor allem die gut gedämpfte Laufruhe und den kraftvollen Antritt bis knapp unter die 3.000 Umdrehungen als positiv erwähnenswert. Darüber hinaus wirkt der Motor eher zugeschnürt. Ein wenig enttäuscht war ich vom späten Antritt des 373 Nm starken Diesels. Hier bleibt eine spürbare Gedenkpause zu Beginn des Drehzahlbandes.  Wer den 136PS Diesel nicht mit dem 4WD System der Koreaner verbandelt, sondern statt dessen, dass weniger anspruchsvolle 2WD System wählt, der erhält auch nur 320Nm. Klingt komisch – ist aber so.

Getriebe: 6-Gang Manuell

KIA sportage 6-Gang Schaltknauf

Wer sich für die manuelle Variante des Sechsgang Getriebes entscheidet, der freut sich vermutlich über die gut abgestimmte Kupplungsbetätigung und ist weniger begeistert von den zu langen Schaltwegen. Auch an der Genauigkeit könnte man noch ein wenig feilen.  Gut gelungen ist hingegen die Abstufung des Getriebes. Auf langen Autobahn-Etappen sorgt ein relativ lang übersetzter sechster Gang für ein niedriges Drehzahl-Niveau und zugleich für angemessene Verbrauchswerte.

 

Kia Sportage Haube offen

Multimedia & Audio: Volltreffer

Voll und ganz überzeugen konnte mich das 7-Zoll große Navigations-System im Sportage. Sowohl in der logischen Benutzerführung, als auch in der Geschwindigkeit für die Routenberechnung und auch in der grafischen Darstellung. Großes Kino und mit Abstand das Beste was ich bislang in einem Asiatischen Kompakt-SUV nutzen durfte!

Der Sound des 4×50 Watt starken Systems überzeugte durch einen warmen und gut betonten Klang.  Schön dargestellt wird auch die Radiofunktion des Systems und wie man es sich wünscht, kann man fast alle Funktionen sowohl über den Touchscreen steuern, als auch über die akkurat an den Seiten platzierten Knöpfe. Logisch – flink und genial praktisch. Volle Punktzahl für dieses Navi-Entertainmentsystem.

 

KIA Sportage Navigation

Lifestyle: Was ist das?

“Ist das so ein KIA?”  Während des Test-Zeitraums wurde ich des öfteren von Passanten angesprochen, ob das “so ein KIA” sei – oder ganz generell, was das denn für eine Marke sei. Es scheint, als wäre meine Empfindung zum aktuellen Design-Style der Koreaner nicht völlig verkehrt. Die Passanten waren durchweg positiv angetan vom Sportage. Und – was auch interessant ist – durch die Bank wurde der Kaufpreis des Sportage falsch geschätzt. Fast 10.000€ Differenz zu Gunsten des Sportage, was in den überwiegenden Fällen für weitere gute Beurteilungen sorgte.

“Einen auf dicke Hose machen” – kann ich grundsätzlich nicht als positiv erachten, für den Sportage scheint es jedoch ein Pluspunkt zu sein. Ich selbst konnte mir vor einiger Zeit noch nicht vorstellen, dass ein Koreaner “wertiger” eingeschätzt wird, als er ist. Volle Punktzahl in dieser Bewertung, weil man hier am Besten sehen kann, welchen “Sprung” die Marke hingelegt hat!

 

KIA Sportage Rückansicht

Der Kostenfaktor:

Über 30.000 Euro für einen Koreaner? Und trotzdem ein Schnäppchen.

Vergleicht man den Sportage mit Volkswagen Tiguan und BMW X1 bis X3 – so darf man wie nie zuvor von einem interessanten Angebot sprechen. Denn nie zuvor war die Lücke zwischen deutschem Premium und Koreanischem Angebot so übersichtlich klein.

Dank des adretten Stylings, eines sparsamen Diesel-Motors und einer guten Neuwagen-Kalkulation steht der KIA Sportage ganz klar als “Schnäppchen” im Programm.

Punktabzug gibt es hier nur für die typisch asiatisch mangelnde Kreativität in der Aufpreisliste. Wer Xenon-Licht möchte, muss mindestens die “VISION” Ausstattung wählen und dann ein Paket aus Xenon-Licht, vollwertigem Reserverad (!!), automatisch abblendendem Innenspiegel, Lichtsensor und teil beheizbarer Frontscheibe wählen. Das Paket kostet extrem günstige 670€ – ist aber wie gesagt erst ab der VISION-Ausstattung erhältlich und somit summiert sich der Aufpreis auf  2.930€

 

Kiqa Sportage Leinwand 2

Kurz erwähnt:

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Konzept:

Ausnahmslos alle Hersteller schwimmen erfolgreich auf der Welle der “kompakten SUV”. Einer Fahrzeug-Gattung die im Prinzip nichts besser kann, als ein sinnvoller Familien-Kombi, aber durch weniger Offroad-Talente besitzt als ein echter Geländewagen. Sinnvoll sind diese Fahrzeuge nicht wirklich. Erfolgreich dafür umso mehr. KIA dürfte mit dem Sportage zum erfolgreichsten Asiaten in diesem paradoxen Segment werden!
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Verbrauch:

Bewegt man den Sportage mit angemessener Ruhe und primär über Land, lassen sich Verbrauchswerte von um die 6 Liter realisieren. Leider verzichtet KIA auf eine im Stadtverkehr den Verbrauch reduzierende Start-Stopp-Automatik. Wer mit dem Sportage gerne lange Strecken fährt und dann auch das gesamte Leistungspotential des 136PS Diesel anfordert – bleibt locker unter 10 Liter Grenze. Was ich als sparsam bezeichne!
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Haptik:

Nein – auch wenn der KIA erfolgreich im Designfeld der Volkswagen-Familie wildert, gänzlich auf dem Niveau von Audi oder Volkswagen ist auch dieser Sportage noch nicht angekommen. Aber und an dieser Stelle müssen in JAPAN die Alarmglocken schellen, kein Asiate zuvor hat mit derart großen Schritten und mit einer so überzeugenden Vorstellung den Abstand zur selbst definierten Premium-Qualität aufgeholt und eingeholt!
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Garantie:

“7 ist mehr als 2”. 7 Jahre Hersteller-Garantie (bzw. 150.000km). Das ist ein echtes Pfund beim Kauf eines Neuwagen – vor allem dann, wenn man sich privat nach einem neuen Auto umschaut. Deutsche Automobil-Hersteller blamieren sich hier bis auf die Knochen, gewährt man teilweise doch nur “2 Jahre gesetzliche Gewährleistung”. 7 Jahre Garantie, neben der soliden Vorstellung im Test und dem attraktivem Preis – ein echtes Argument, “pro KIA”!

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KIA Sportage Frontmaske

Fazit:

Es war einmal…” So fangen nicht nur alle Märchen an, so muss ich in der Zukunft auch über meine Vorurteile gegenüber den Koreaner sprechen. (ja, ich hab diese Formulierung bereits beim DS4 benutzt 🙂 – aber es trifft nun einmal auch hier zu!)

Kia Leinwand

Die Koreaner machen derzeit alles richtig. Attraktive Fahrzeuge mit einem Design, das voll und ganz den Geschmack der Kontinental-Europäer trifft. Ganz nebenbei wird der Sportage im übrigen auch in Europa gebaut (Slowakei).  Design und Verarbeitung sind die eine Sache, etwas anderes ist das Fahrgefühl – aber auch hier ist KIA mit großer Sorgfalt darauf bedacht, sich keine Blöße zu geben. Und in der Tat – der Sportage  vermittelt auch im Alltag ein Gefühl von besonderer Wertigkeit. Nichts an ihm wirkt billig. Und das man hinter dem eigenen Produkt steht, demonstriert auch die lange Hersteller-Garantie von 7 Jahren.

Der Kia Sportage ist ein extrem gut gelungenes Fahrzeug und das sagt dann auch die Gesamt-Punktzahl aus:

Mein Fazit:

Da gibt es keinen Spielraum  für Diskussionen:  Die Punkte ergeben ein Gesamt-Ranking und sind über alle Fahrzeugklassen vergleichbar – da direkt objektiv auf Modellklasse und Zielgruppe eingerichtet. Je mehr Punkte, desto besser ist das Fahrzeug. Ein Sportwagen kann keine 100 % erreichen, weil der Alltagsnutzen gering ausfällt. Ein Familien-Van fällt eventuell in der “Straight-Performance” durch. Das Ranking ist natürlich ein völlig subjektives – es ist das mein-auto-blog Ranking. Bjoern Habegger

[toggle title=”Disclosure:”] Mein Testurteil ist  unverkäuflich und wurde daher ohne Einfluss und Kontrolle des Herstellers erstellt!
Dennoch: Danke an KIA Deutschland  für das Testfahrzeug.[/toggle]

Text/Fotos: Bjoern Habegger | autohub.de | 2012

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