Ford Focus RS – Jetzt mit Allrad

Die Ford RS-Modelle gehören zur Marke wie die Schnörkelschrift in das blaue Emblem. Der jüngste Kompakt-RS, basierend auf dem überarbeiteten Focus der dritten Generation, ist gleich in mehrfacher Hinsicht ein Hammer: Er startet ab 40.000 Euro und spielt mit 257 kW/350 PS dennoch in der Leistungsoberliga seines Segments, wo sich Hochkaräter wie Mercedes A45 AMG, BMW M2 oder Audi RS3 für deutlich teurere Kurse tummeln.

Vom Frontantrieb des vorigen RS hat sich Ford zu Gunsten von Allradantrieb verabschiedet. Binnen 4,7 Sekunden soll Landstraßen-Tempo stehen. Die Schmach der Motorenfans über den Verlust eines Zylinders (der Vorläufer war ein Fünfender) dürfte sich nach den ersten Metern Fahrt ziemlich schnell auflösen. Immerhin – richtiges Downsizing muss die Benzin-im-Blut-Fraktion nicht verkraften, denn mit 2,3 Litern schenkt der neue RS noch verhältnismäßig üppig ein.

Der Blick fällt nach dem Einsteigen sofort auf die Zusatzinstrumente mit Öltemperatur und Ladedruckanzeige – herrlich. Die Ingenieure haben ein Alltagsauto im Renntrimm auf die Räder gestellt, der dicke Dachspoiler gehört zusammen mit dem Diffusor und den beiden Ofenrohren einfach dazu. Umso frappierender ist es, wie unaufgeregt sich der 4×4 in Bewegung setzt. Die Kupplung rückt leichtgängig ein, der Schalthebel flutscht geradezu geschmeidig durch die Gassen. Das Fahrwerk gibt zwar straffe Rückmeldung, ist aber niemals brutal zu den Insassen.

Per Knopfruck wird der Focus straffer (elektronische Dämpfer), sein E-Gas spitzer und der Sound bedrohlicher. Der Kompakte giert nach Kurven, vermeidet Antriebseinflüsse im Lenkrad selbst bei vollem Leistungseinsatz gekonnt. Wie das geht? Der Zulieferer GKN hat ein Allradsystem entwickelt, das die Momenteverteilung per elektronisch gesteuerter Lamellenkupplung blitzschnell radselektiv steuern kann. Unter kräftiger Beschleunigung wird der Hinterachse mehr Kraft zugwiesen als den vorderen Rädern, um dem Athleten so ein bisschen Heckantrieb-Gefühl zu verleihen.

Im großen Gang sanften Druck mit Turboschub zu verspüren, verströmt ein Gefühl von Souveränität. Im Normal-Modus klingt der 2,3-Liter noch immer fein, auch wenn er dann nicht aus den beiden Endrohren sprotzelt. Die Recaro-Sitze haben die Insassen fest im Griff und funktionieren auch außerhalb von S-Kehren ganz gut. Lange Strecken sind kein Thema, der RS hat sich einen Hauch von Restkomfort bewahrt, wenngleich er straffer ausgelegt ist als der ebenfalls schon durchtrainierte ST. Leistungsfähige Brembo-Bremsen erlauben überdies eine feine Dosierung und packen bei Bedarf fest zu. Warum allerdings ein autonomes Bremssystem noch für 250 Euro Aufpreis erkauft werden muss, leuchtet nicht ein. Hier geht es immerhin um Sicherheit. Der Preis ist immer noch unschlagbar für einen 350 PS-Brocken, der 266 km/h schnell wird. Und dass man ihn bei gemächlicher Gangart auch mal mit unter acht Litern fahren kann, geht als nettes Bonbon durch.

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