Mercedes E 400d T-Modell

Das T-Modell der E-Klasse steht seit Jahren für familienfreundlichen Platz und markentypische Solidität. Das gilt auch für das aktuelle Modell, wobei in der teuren Variante E 400d noch andere Stärken hinzukommen. Ganz frei von Schwächen ist aber auch die Kombi-Ikone nicht.

Ein Freund, ein guter Freund, das ist nicht nur das Beste was es gibt auf der Welt, sondern heute leider auch selten geworden. Zumindest als automobiler guter Freund zeigte sich jener Schwabe, den wir kürzlich für zwei Wochen zum Test vor die Tür gestellt bekamen: ein Mercedes der E-Klasse, als T-Modell mit dem starken Diesel, was Allradantrieb und Luftfederung hinten immer einschließt.

Deutscher Luxus

Wobei ja jede gute Freundschaft auch Belastungen standhalten muss, in diesem Fall wäre es vor allem eine Belastung des Bankkontos gewesen. Denn bei Unterschrift unter einen Kaufvertrag wäre dieses, also das Bankkonto, um mindestens 70.000 Euro erleichtert worden, der Testwagen war gut und gerne nochmals 20.000 Euro teurer. Nicht wirklich überraschend bei einem deutschen Luxusprodukt der Businessklasse. Bemerkenswert ist daran nur, dass bei diesem mit allem Zipp und Zapp ausgestatten Fahrzeug ausgerechnet der schlüssellose Zugang und die Lenkradheizung nicht zur Ausstattung gehörten. Was im ersten Fall nur ab und zu mal lästig war, im zweiten Fall jedoch dazu führte, dass wir in diesen Mercedes stets nur mit Handschuhen einstiegen, war er doch ausgerechnet in der kältesten Zeit dieses Winters unser Begleiter.

Andererseits konnte der Kombi gerade bei dieser Witterung und auf eisigen Straßen sein Können unter Beweis stellen. Stoischer Geradeauslauf und narrensicheres Kurvenverhalten wären hier als zwei der wichtigsten positiven Eigenschaften zu nennen. Der nur im Kaltlauf leicht brummende Diesel entpuppte sich als wahre Wucht, durchzugsstark mit knapp über Leerlauf anliegenden 700 Newtonmetern Drehmoment und vielleicht gerade deswegen auch überraschend sparsam. Für ein Fahrzeug von fast 5 Metern Länge, knapp 2 Tonnen Leergewicht, das durchaus auch mal auf längeren Etappen gefordert wurde, sind keine 7,5 Liter Diesel als Durchschnittsverbrauch bemerkenswert. Wer es drauf anlegt, kann den Sechszylinder dieser E-Klasse ohne sich allzu sehr zurücknehmen zu müssen nahe an die rund 6,5 Liter Normverbrauch bringen. Ein weiterer Beweis dafür, dass man den Diesel in Deutschland leider viel zu früh abgeschrieben hat.

War schon leichter zu bedienen

Neben seinen dynamischen Qualitäten, die sich unter anderem in einer Sprintzeit von 5,3 Sekunden und 250 km/h Spitze sowie einer für ein Fahrzeug mit diesen Ausmaßen überraschenden Handlichkeit und Agilität zeigt, überzeugt der Fünftürer auch in den für Mercedes üblichen und typischen Kategorien. Als da wären ein toller Fahrkomfort, ohne dabei gar zu sanft zu werden, und eine augenscheinlich für die Ewigkeit gedachte Verarbeitung, bei der jede Fuge passt, absolut nichts wackelt oder knistert und das gesamte Interieur inklusive der herausragenden Sitze für eine Weltumfahrung ausgelegt zu sein scheint.

Ist das jetzt zu dick aufgetragen? Keineswegs. Gibt es denn außer dem Preis nichts zu meckern? Doch, Mercedes leistet sich überraschenderweise den einen oder anderen Fauxpas in der eigentlichen schwäbischen Spezialdisziplin Bedienfreundlichkeit. Nicht alles erschließt sich dem Neu-Mercedes-Fahrer hier auf Anhieb, manches – wie etwa die Lautstärkeregelung via Wischtechnik über kleinste Tästchen am Lenkrad – gerät gar zur Glückssache. Und selbst beim hochgelobten MBUX-System hatten wir das Gefühl, dass die Dame hinterm Armaturenbrett unsere Fragen und Anweisungen in anderen Modellen schon mal besser und schneller verstanden hätte. Aber vielleicht lag das ja auch nur an unserer winterheiseren Stimme. 
Nun wollen wir aber wieder auf eine der ganz großen Stärken des Fahrzeugs, besser gesagt der ganzen Baureihe, zu sprechen kommen. Das E-Modell bietet, zumal in seiner Kombi-Ausführung als T-Modell, so viel Platz wie kaum ein anderes Auto. Platz vorne, Platz auf den Rücksitzen und nicht zuletzt Platz im Kofferraum. Hier bleibt der Schwabe weiterhin König seiner und aller anderen Klassen. Mit 640 Liter Kofferraumvolumen, die sich auf 1.820 Liter erweitern lassen, mit einer angemessenen Zuladung von 680 Kilo und immerhin 2,1 Tonnen gebremster Anhängelast, zeigt sich der Mercedes auch freundlich zu größeren Familien, kleineren Sportmannschaften oder aufwendigen Hobbys, die etwa mit Pferden zu tun haben könnten.

Ein Fahrzeug fast ohne Fehl und Tadel also, dass man sich aber leisten können muss: Preis, Unterhalts- und Werkstattkosten sind beunruhigend hoch und die knausrige Zweijahres-Garantie geziemt sich einfach nicht für einen echten Kumpel. Von Kritik an den kleineren Bedienschwächen sehen wir dagegen ganz freundschaftlich ab. Und das Häkchen für die Lenkradheizung lässt sich irgendwo in der langen Aufpreisliste sicher auch noch setzen.

Technische Daten

Fünftürige, fünfsitzige Limousine der oberen Mittelklasse, Länge: 4,95 Meter, Breite: 1,85 Meter (Breite mit Außenspiegeln: 2,07 Meter), Höhe: 1,47 Meter, Radstand: 2,94 Meter, Kofferraumvolumen: 640 – 1.820 Liter
2,0-Liter-Reihensechszylinder-Turbodiesel; 243 kW/330 PS, maximales Drehmoment: 700 Nm bei 1.200 U/min, 9-Gang-Automatik, Allradantrieb, Luftfederung hinten, 0-100 km/h: 5,3 s, Vmax: 250 km/h, Normverbrauch je 100 Kilometer: 6,3 – 6,6 Liter, CO2-Ausstoß: 166 – 174 g/km, Emissionsklasse: B, Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM, Testverbrauch je 100 Kilometer: 7,4 Liter
Preis: ab 70.215 Euro

Kurzcharakteristik

Warum: komfortabel; viel Platz; für die Größe agil; für die gebotene Leistung sparsam
Warum nicht: teuer; Bedienung und Instrumentierung nicht perfekt
Was sonst: Audi S6 TDI Quattro; BMW 540d xDrive; Volvo V90D5 AWD

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