Öko-Konzepte in Genf – Neue Wege

Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus? Die Autoindustrie ist emsig auf der Suche nach Antworten auf diese Frage, einige davon sind auf dem Genfer Autosalon zu sehen.  

Man braucht keine Glaskugel, um vorhersehen zu können, dass der Verkehr in den Megastädten dieser Welt eher früher als später kollabiert – wenn nicht bald neue Mobilitäts-Lösungen auf die Straße kommen. Die Idee ist simpel: Entweder man besetzt die mit vier, fünf oder mehr Sitzen ausgestatteten Mobile, die heute zum Großteil nur mit einem Passagier unterwegs sind, mit weiteren Fahrgästen. Oder man steigt auf kleine, handliche Transportmittel um, die mit nicht mehr Platz als unbedingt nötig ausgestattet sind. 

Einen Mover im Mini-Format zeigt Citroën: Ami One Concept nennt sich die nur 2,50 Meter lange Schachtel, die Platz für zwei bietet

Einer, der beide Wege gehen will, ist Günter Schuh. Der Professor für Produktionssystematik bringt mit seinem jungen E-Auto-Unternehmen e.Go dieser Tage den Life auf den Markt. In dem Viersitzer haben auf 3,35 Metern immerhin vier Personen Platz. Damit bei aller Vernunft der Spaß an der neuen Mobilität nicht zu kurz kommt, zeigt Schuh in Genf jetzt die Sport-Studie Life CS, die aggressiver gezeichnet und stärker motorisiert ist. Auch beim e.Go Lux setzt die in Aachen beheimatete Elektro-Schmiede auf mehr Freude – am Gefahrenwerden. Der knapp fünf Meter lange Kasten basiert auf dem Mover, der ab 2020 bis zu 15 Personen autonom durch die City kutschieren soll. In der Luxus-Ausstattung wird der Großraumtransporter zum Wohlfühl-Bus mit Wohnzimmerambiente; auch eine Büro-Version zum Arbeiten während der Fahrt ist denkbar.  

Unsicher ist die Zukunft des Fiat Centoventi: Der elektrische Kleinwagen ist an sich nicht besonders spektakulär, dafür aber das Akku-Konzept

Einen Mover im Mini-Format zeigt Citroën: Ami One Concept nennt sich die nur 2,50 Meter lange Schachtel, die Platz für zwei bietet und zumindest in einigen Ländern ohne Führerschein gefahren werden darf; in Deutschland wäre für den Würfel auf Rädern eine Mofa-Lizenz nötig. Ganz nach eigenem Bedarf soll man dem Ami One in Carsharing-Manier zwischen fünf Minuten und mehreren Tagen per Smartphone-App mieten können, aber auch Leasing-Modelle mit fünf Monaten oder fünf Jahren Laufzeit sind denkbar. Eine Kaufoption schließt Citroën ebenfalls nicht aus. Wann der Ami One kommt, steht noch in den Sternen. Dass er in Serie geht, ist – anders als bei zahlreichen, vergleichbaren Rinspeed-Studien, die Jahr für Jahr in Genf aufschlagen – aber ziemlich wahrscheinlich. 

VW will mit dem Cargo e-Bike vor allem Handwerker ansprechen: Das Dreirad sieht aus wie die in Holland beliebten Bakfiets und hat zwischen seinen beiden Vorderrädern Platz für einen kleinen Kofferraum

Unsicher ist die Zukunft des Fiat Centoventi: Der elektrische Kleinwagen ist an sich nicht besonders spektakulär, dafür aber das Akku-Konzept: Ab Werk ist ein Stromspeicher für 100 Kilometer Reichweite montiert, drei weitere dieser Batterien können bei Bedarf beim Händler gekauft oder -mietet werden. Außerdem kann ein zusätzlicher 100-km-Stromspeicher vom Fahrer selbst unter dem Fahrersitz montiert werden. Sollte sich dieses Konzept realisieren lassen, dürften andere Hersteller nicht schlecht staunen.     

Linde ersetzt beim H2-Bike die Batterie durch eine Mini-Brennstoffzelle, die ihren Wasserstoff-Vorrat für rund 100 Kilometer Reichweite aus einer kleinen Kartusche bezieht

Gestaunt haben dürften dieses Jahr auch die Renault-Verantwortlichen, wenn sie bei ihrem Messerundgang am Seat-Stand vorbeikamen. Dort stand eine ziemlich originalgetreue Kopie ihres 2011 präsentierten Renault Twizy – der Seat Minimo. Vier ausgestellte Räder, zwei hintereinander angeordnete Sitze und das alles auf zweieinhalb Metern Länge und nur knapp über 1,20 Metern Breite. Anders als Renault setzen die Spanier allerdings auf geschlossene Türen und auf einen Austausch-Akku, der in wenigen Minuten gewechselt werden kann. Genauere Angaben macht Seat zwar noch nicht, dass der Minimo kommt, ist aber ziemlich wahrscheinlich.

Beim e.Go Lux setzt die in Aachen beheimatete Elektro-Schmiede auf mehr Freude – am Gefahrenwerden. Der knapp fünf Meter lange Kasten basiert auf dem Mover, der ab 2020 bis zu 15 Personen autonom durch die City kutschieren soll

Ähnlich, aber doch ein ganzes Stück skurriler, sind die beiden Konzepte von Sbarro. Das „Atelier d’Etude de constructions automobiles“ wie das Schweizer Unternehmen offiziell heißt, zeigt unter dem Namen El-Richo einen 1+3-Sitzigen Elektro-Flitzer mit langer Schnauze und Rikscha-ähnlichem Aufbau. Rein elektrisch fährt dagegen der Dreisitzer, in dem die Passagiere Tridem-ähnlich hintereinander Platz nehmen und von einer Glaskuppel  beschirmt werden. Dass solche Fahrzeuge in die Realität umgesetzt werden können, ist wahrscheinlich, ob man sich damit auf der Straße sehen lassen will, steht auf einem anderen Blatt. 

Der e.Go Life kommt dieser Tage auf den Markt, in Genf zeigt die Firma die Sport-Studie Life CS, die aggressiver gezeichnet und stärker motorisiert ist

Dann vielleicht lieber aufs Fahrrad umsteigen? Skoda zeigt mit dem Klement, wie das E-Bike der Zukunft aussehen könnte. Zwei Lithium-Ionen-Akkus stellen bis zu 62 Kilometer Reichweite bereit, statt klassischer Pedale gibt es Fußstützen; neigt man den Fuß nach vorne, sorgt der 4-kW-Motor am Hinterrad für Vortrieb – und macht das rund 25 Kilogramm schwere Klement bis zu 45 km/h schnell. Bedient wird das Bike per Smartphone-App, eine Halterung auf der Mittelstange ist vorgesehen. Eine ähnliche Vision hat auch Linde, allerdings ersetzen die Gas-Experten bei ihrem H2-Bike die Batterie durch eine Mini-Brennstoffzelle, die ihren Wasserstoff-Vorrat für rund 100 Kilometer Reichweite aus einer kleinen Kartusche bezieht. Die soll sich, Tankstelle vorausgesetzt, in wenigen Minuten füllen lassen. Während die beiden Radl nur zum Personentransport geeignet sind, will VW mit dem Cargo e-Bike vor allem Handwerker ansprechen: Das Dreirad sieht aus wie die in Holland beliebten Bakfiets und hat zwischen seinen beiden Vorderrädern Platz für einen kleinen Kofferraum. Nach dem der elektrische Lastesel in Genf schon seinen zweiten Auftritt hat, dürfte eine Serienversion bald folgen. 

Zum ersten Mal in der über einhundertjährigen Firmen Geschichte schickt der Motorrad-Dino Harley-Davidson ein elektrisches Bike ins Rennen

Die ist auch bei der LiveWire beschlossene Sache: Zum ersten Mal in der über einhundertjährigen Firmengeschichte schickt der Motorrad-Dino Harley-Davidson ein elektrisches Bike ins Rennen. Es soll mehr als hundert Kilometer schaffen, danach muss die Harley für gut dreieinhalb Stunden an die Steckdose. Spannend dürfte vor allem der Sound sein: Der für tief-röhrende Zweizylinder berühmte Moped-Bauer verspricht: „Das lauteste was Sie hören, ist ihr Herzrasen.“ Bleibt nur abzuwarten, ob die Herzen der Motorrad-Jünger auch für das E-Bike höher schlagen. 

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