Test: Aston Martin DB 11 Volants – Echt schön

Es gibt jede Menge Autos, denen man mit Vernunft nicht beikommen kann. Aber nur die wenigsten sehen auch noch so gut aus, wie unser Testfahrzeug. Doch bleiben wir bei den Tatsachen.

Ein bisschen wirkt dieses Fahrzeug wie aus der Zeit gefallen. So schön, schick, elegant und wohltönend mit leichtem Hang zur akustischen Übertreibung dürfen Autos in Zeiten von „Fridays for Future“ eigentlich gar nicht mehr sein. Was unsere 16-jährige Nichte sofort bestätigt, indem sie den Aston Martin DB 11 Volante zwar ansehnlich findet, aber auf keinen Fall ein Foto für ihr Instagram-Profil machen möchte, auf dem sonst ja durchaus Luxusgegenstände gezeigt werden. Aber für derlei kann der DB 11 nichts und er wurde auch nicht dafür gebaut, um die Welt zu retten. Obwohl er natürlich wie alle Sportwagen der Marke seit 1962 gewissermaßen genau dazu prädestiniert ist, als ziemlich häufiger offizieller Dienstwagen von James Bond im Einsatz gegen das Böse der Welt.

Dass die beiden hinteren Sitze nur zur Ablage von Handtaschen und nicht zur Mitnahme von Personen, die noch über Beine verfügen, gedacht sind, ist bei Sportwagen nichts Ungewöhnliches

Der uns zum Test übergebene Volante ist ein Luxusprodukt. Hand made in Great Britain, das heißt, feinstes Leder, perfekter Lack, hübsche Schrulligkeiten, wie eine elektrisch schließende Mittelkonsole oder die ebenso verfahrende Motorhaube. Es heißt aber auch, Chromzierleisten, deren Abschlüsse nicht ganz dem Spaltmaß entsprechen, welches wir von Premiumautos hiesiger Provenienz gewohnt sind. Hand made eben.

Der zum Test übergebene Volante ist ein Luxusprodukt

Während uns und alle, die während des Tests das Auto genauer betrachten durften, das Design außen nachgerade entzückte, leistete sich das Design-Team beim ziemlich edlen Interieur ein paar Schwächen. So ist das Display auf der Mittelkonsole keinesfalls besser, als das, was Technikpartner Mercedes den Kunden anbietet, die kein Command- oder MBUX-System ordern. Die Plastik-Luftausströmer könnten auch von einem beliebigen Kleinwagen stammen und das Display vor dem Fahrer mit dem zentralen Drehzahlmesser nebst digitalem Tacho wirkt unnötig rennmäßig. Hier würden klassische analoge Anzeigen dem Stil des Briten sehr viel eher gerecht. Dass die beiden hinteren Sitze nur zur Ablage von Handtaschen und nicht zur Mitnahme von Personen, die noch über Beine verfügen, gedacht sind, ist bei Sportwagen nichts Ungewöhnliches.

Knapp 200.000 Euro müssen an den Händler des Vertrauens überwiesen werden

Funktional gibt es nichts zu meckern, Mercedes-Fahrer fühlen sich ob der verwendeten Elektronik nebst Bedienelement sofort heimisch. Das Aston Martin auf einen klassischen Gangwahlhebel verzichtet und die Achtgangautomatik via Knopfdruck steuert, passt zum Stil des Autos. Wer will, schaltet mit Paddeln von Hand, aber das ist im Alltag unnötig und nur bei forciertem Fahrspaß eine Option.

Der Volante schafft die Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h auch offen

Unter der, wie erwähnt, elektrisch schließenden Haube vorne ist noch Platz. Im Coupé wohnt hier ein Zwölfzylinder, den Aston Martin im Cabrio nicht anbietet. Der Vierliter-Achtender von AMG ist deutlich kürzer und leichter. Das gleicht den dezenten Gewichtsnachteil des Cabriodachs locker aus. Ohnehin ist der Achtzylinder wegen des geringeren Gewichts direkt hinter der Vorderachse die agilere Wahl. Wem 375 kW/510 PS zum Offenfahren nicht genügen, ist entweder Berufsrennfahrer oder ziemlich unsensibel, was äußere Einflüsse angeht. Der Volante schafft die Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h auch offen. Wir haben das weder so noch mit geschlossenem Verdeck ausprobiert, schenken der Werkangabe aber Glauben.

375 kW/510 PS genügen zum Offenfahren

Eher kann man schreckhaften Mitfahrern mit der Beschleunigung den Blutdruck nach oben treiben. 4,1 Sekunden vergehen, bis zum Erreichen des zulässigen Landstraßentempos. Da man beim Ausprobieren kaum rechtzeig den Fuß von Gas bekommt, ist man doch recht oft schneller, als es die Polizei erlaubt. Überhaupt reagieren Motor und Schaltung auf kleinste Regungen des rechten Fußes. Wer selbigen sensibel bewegt, gleitet mit dem Volante flink und elegant am liebsten über kurvige, aber hinreichend breite Straßen. Mit schweren Fuß wird der Fahrstil automatisch ruppiger, weil man ständig wieder Bremsen muss, der Legalität der Fahrt zu liebe. Gut ausgebaute Straßen sind die erste Wahl, weil der DB11 hinten doch recht ausladend und allemal breiter ist, als man denkt.

Funktional gibt es nichts zu meckern, Mercedes-Fahrer fühlen sich ob der verwendeten Elektronik nebst Bedienelement sofort heimisch

Lässt man den Achtzylinder im sanften Brabbelmodus, hält sich sogar die Verbrauchsanzeige dezent zurück, was wir an dieser Stelle nur der Form halber erwähnen. Man kann den Volante mit weniger als 12 Litern Verbrauch fahren, wer Spaß mit Dynamik gleichsetzt, hat dazu aber keine Chance. Ein Cabrio wie dieses ist aber auch nicht dazu gedacht, mit dieseligen Verbräuchen die Welt zu retten. Entweder ist es mit James Bond im Notfalleinsatz oder es wird zum Sonntagsausflug aus der Garage geholt und ohnehin eher selten bewegt, weil die Käufer gerne auch noch das eine oder andere Alltagsfahrzeug besitzen.

Apropos Besitz. Wer diesen anstrebt, sollte in der Lage sein, knapp 200.000 Euro an den Händler seiner Wahl zu überweisen, natürlich nur für ein Autos ohne jede Extras. Was diese angeht, bietet Aston Martin eine Fülle von Möglichkeiten, die sich im Wesentlichen um Farben und Materialien innen und außen drehen. Alleine die üppige Auswahl an Kolorierungen für die unterschiedlichsten Interieurdetails macht es unwahrscheinlich, dass jemand anderes den exakt gleichen Volante erhält. Nicht auf der Optionsliste sind übrigens die von James Bond bekannten Extras: Raketen, Rauchbomben und nicht mal ein Schleudersitz.

Günter Weigel/SP-X

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