Weniger ist genug

Wir sollten bescheidener werden in diesen schweren Zeiten. Das könnte auch für eine Autogattung gelten, in der „mehr“ eigentlich auch immer für „besser“ steht und genug eigentlich nie genug ist – also Sportwagen und sportliche Coupés. Zumindest im Fall der neuen Toyota GR Supra 2.0 kann man das aber auch anders sehen.

Fahrbericht des neuen Toyota GR Supra 2.0

Seit vergangenem Herbst gibt es bei Toyota endlich wieder eine Supra. Wieso endlich wieder? Für die Jüngeren unter uns: Die Japaner bauten bereits von 1978 bis 2002 ein Sportcoupé gleichen Namens über insgesamt vier Generationen. Zunächst war die Supra nur eine Art Spitzenversion des Coupés Celica, ab 1986 wurde das Modell allein unter dem Namen Supra vermarktet, in der vierten Generation sogar als eine Art teurer Supersportler, in Deutschland zu Preisen von über 100.000 D-Mark. Und ja: Kein Schreibfehler – es muss DIE und nicht der Supra heißen.

Soviel zur Historie und zum großen Namen, den nun wieder ein Toyota-Modell trägt. Bei der neuen Supra ist allerdings einiges anders, im Vergleich zur letzten Generation ist sie mit Basispreisen von unter 50.000 Euro geradezu ein Schnäppchen und das Coupé hat eine Schwester, die auf den Namen BMW Z4 hört und im Gegensatz zur Japanerin ausschließlich als Cabrio antritt. Zudem werden beide Modelle nicht etwa bei BMW oder Toyota gebaut, sondern bei einem Spezialisten für kleinere Auflagen, nämlich bei Magna im Graz. Für einen Supra-Puristen vielleicht schon fast zu viel der Kompromisse. Sei´s drum.

Bisher gab es für die Supra nur eine einzige Motorisierung, einen 3,0-Liter-Reihensechszylinder mit 340 PS. Falls Ihnen die Liter/PS-Relation irgendwie bekannt vorkommt, haben Sie recht: Es handelt sich um einen BMW-Antrieb. Und dies gilt auch für die jetzt nachgeschobene schwächere Variante mit Namen GR Supra 2.0. Wobei GR für die Toyota-Rennsportabteilung Gazoo Racing steht und 2.0 wenig überraschend für einen 2,0-Liter-Vierzylinder mit Turbolader.

Der leistet mit 190 kW/258 PS exakt 82 PS weniger als der 3.0, bringt aber laut Toyota auch 100 Kilogramm weniger auf die Waage. Dies scheint sich einigermaßen auszugleichen, denn beim Standardspurt auf 100 km/h verliert der Vierzylinder mit 5,2 Sekunden weniger als eine Sekunde auf den Sechser. Bei der Höchstgeschwindigkeit ist sowieso in jedem Fall bei 250 Schluss. Wenn auch der 2.0 für die letzten km/h in Richtung Vmax deutlich länger benötigt.

Tatsächlich ist aber auch der kleinere BMW-Motor ein wunderbares Stück Ingenieurskunst, er zieht – unterstützt von einem Twin-Scroll-Turbo – willig von ganz unten bis fast 7.000 Umdrehungen durch. Bis zu 400 Newtonmeter werden an die Hinterräder geleitet, die in speziellen Situationen, etwa in einer engen, nicht ganz trockenen Kurve, mit dieser Kraft kurzzeitig deutlich zu kämpfen haben.

Trotzdem entpuppt sich auch die kleine Supra als echte Fahrmaschine, die nach jeder Kurve giert und sich dank der perfekt darauf abgestimmten, kurz gestuften ZF-Achtgangautomatik auch aus jeder wieder schnell herausarbeitet. Der kleinere und leichtere Motor lastet spürbar leichter auf der Vorderachse als sein größeres Pendant – die Gewichtsverteilung auf beide Achsen liegt bei idealen 50:50. Zum Fahrspaß passt die präzise Lenkung, nur die Bremsen sind deutlich zu indifferent ausgefallen. Hier schafft wohl nur eine weitere Investition von 4.500 Euro in das Sportpaket Abhilfe, für diesen stolzen Preis erhält man neben deutlich sattelfesteren Bremsen gleich auch ein adaptives Fahrwerk und eine aktive Differentialsperre und für die Ohren ein JBL-Soundsystem dazu. Letzteres hat den Vorteil, dass man mit schöner Musik den eh eher blassen Sound der Fahrmaschine überdeckt. An dieser Stelle war Toyota sichtlich zu vorsichtig.

Sonst noch was zu meckern? Ja, schon. Wie so häufig bei japanischen Autos ist auch in der Supra der Sitz für einen normalen Mitteleuropäer etwas zu hoch montiert. Das ist nicht nur weniger sportlich, sondern erschwert auch den Zugang durch den engen Türausschnitt. Einmal im Innenraum angekommen, sollte man zudem auf keinen Fall unter Platzangst leiden, denn dieser ist klar auf Taille geschnitten.

Dafür passt die von BMW übernommene Bedienung mit dem bekannten Dreh-Drück-Steller und einer aufmerksamen Sprachsteuerung. Neben der Motor-/Antriebskombination wirkt sich die Zusammenarbeit mit den Bayern vor allem an dieser Stelle, also bei Bedienung und Infotainment, sehr positiv aus.

Exakt 48.900 Euro ruft Toyota für die kleinere Supra auf, mit der empfehlenswerten Zusatzinvestition von 4.500 Euro für das Sportpaket landet man bei immer noch relativ günstigen 53.400 Euro. Zum Vergleich: Die GR Supra 3.0 hat einen Basispreis von 62.900 Euro. Da fällt die Entscheidung zur Mäßigung leicht: Weniger ist in diesem Fall genug.

Toyota GR Supra 2.0 – Technische Daten

Zweitüriges, zweisitziges Sportcoupé; Länge: 4,38 Meter, Breite: 1,85 Meter, Höhe: 1,30 Meter, Radstand: 2,47 Meter, Kofferraumvolumen: 290 Liter

2,0-Liter-Turbobenziner (Twin-Scroll), 190 kW/258 PS, Hinterradantrieb, 8-Gang-Automatik, 0-100 km/h: 5,2 s, Vmax: 250 km/h, maximales Drehmoment: 400 Nm bei 1.550 – 4.400 U/min, Normverbrauch: 5,9-6,3 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 156-172 g/km (WLTP), Abgasnorm: Euro 6d-temp, Effizienzklasse: k.A.

Preis: ab 48.900 Euro

Toyota GR Supra 2.0 – Kurzcharakteristik:

  • Warum: drehfreudiger Motor, reaktionsschnelle 8-Gang-Automatik, belastbares Fahrwerk, tolles Handling, deutlich günstiger als die 3,0-Liter-Variante
  • Warum nicht: beschwerlicher Einstieg, Innenraum eng, kümmerlicher Sound, Sitzposition zu hoch, Bremsen könnten härter zupacken
  • Was sonst: doch die Supra 3.0 oder das offene Schwestermodell Z4 von BMW
  • Wann kommt er: jetzt
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