WTCR Macau – Es tobt der Wahnsinn in den Gassen!

Kein vernünftiger Mensch würde sich in eine Blechkiste mit 340 PS setzen und dann zentimeternah an unnachgiebigen Betonmauern vorbei und mit bis zu 250 km/h durch ein 6 km langes Leitplanken-Gewirr rasen. Nun. Rennfahrer sind im allgemeinen dafür bekannt, nicht wie normale Menschen mit dem Auto zu fahren, sondern immer am Limit. Knapp darunter, und manchmal leicht darüber. 

Monaco im fernen Osten

Während die Steuerfrei-Oase Monaco dank der Formel 1 längst Kult-Status hat und einst von Nelson Piquet mit einem Hubschrauberflug im Wohnzimmer verglichen wurde, ist Macau im fernen Osten noch nicht ganz so berühmt. Zumindest nicht bei uns Mittel-Europäern, sobald das Blut weniger als 100 Oktan besitzt. Motorsportler aus der ganzen Welt kennen jedoch den dramatischen Stadtkurs in der asiatischen Metropole mit den portugiesischen Wurzeln. Auf einem mehr als 6 km langen Stadtkurs geht es durch eng verbaute Häuserschluchten. Immer eng an den Leitplanken entlang. In Macau liegen die heldenhaften und die tragischen Momente nah beieinander. 

Während der Volkswagen Top-Pilot in der WTCR, der Brite Rob Huff, bereits den Status „Mister Macau“ erlangt hat, zieht es einen anderen GTI-Piloten nun zum ersten Mal in den fernen Osten. Benjamin Leuchter ist für viele ein „Mister Nürburgring“ und überzeugt nicht nur auf dem komplexen Eifelkurs mit herausragenden Leistungen. 2017 gewann er auf dem Nürburgring das 24-Stunden Rennen in seiner Klasse.

Das Werkzeug Golf GTI TCR

Motorsport ist Leidenschaft. Und neben der Stangenware für Oma Erna und Onkel Kurt bieten viele Hersteller auch Fahrzeuge an, denen eine gänzlich gesteigerte Form der PS-Leidenschaft bereits ab Werk in das Blech gepresst wurde. Volkswagen hat nach einer Ära des erfolgreichen Rallye-Sports seit zwei Jahren einen Schwerpunkt auf den Tourenwagensport gelegt und bietet interessierten Kunden den Golf GTI TCR als rennfertigen Kompaktsportler an. Das Wort kompakt darf an dieser Stelle nicht über die Ernsthaftigkeit des Projektes hinwegtäuschen. Ganz egal, ob im Langstreckensport auf der Nordschleife oder eben im fernen Macau als Haudegen in den Straßenschluchten des asiatischen Glücksspiel-Hotpots. Volkswagen hat mit dem Golf GTI TCR nach dem internationalen TCR-Reglement einen FIA zertifizierten Sportwagen im Programm. Die Einstiegshürde liegt dabei bei rund 120.000 € für das „nackige“ Rennfahrzeug. Damit ist die Rennvariante des Volkswagen Golf GTI TCR derzeit ganz klar der teuerste Serienwagen, der unter dem VW-Logo geboren wird. Dafür bekommt der geneigte Motorsportler dann zwar weder Hifi-Anlage noch eine Klimaanlage, aber ein pures Sportgerät mit einer rund 15 Zentimeter verbreiterten Karosse.  

Seine von Leidenschaft geprägte Wurzel hat der 340 PS starke Sportler bei der Volkswagen Motorsport GmbH in Hannover. Dort nimmt man auch die Bestellungen von interessierten Motorsportlern an. Das TCR-Reglement sorgt hierbei für einen besonders seriennahen, aber nicht weniger anspruchsvollen Rennwagen. Der 2.0 Liter Turbomotor ist kein empfindliches oder schwer zu wartendes Technik-Spielzeug, sondern nahe an der Serie und damit für eine ganze Saison und darüber hinaus fit. Bei dem Getriebe überlässt Volkswagen Motorsport den Kunden die Wahl. Es gibt sowohl ein technisch anspruchsvolleres sequentielles Getriebe als auch eine vom Serienfahrzeug abgeleitete DSG-Variante. Der Preis-Unterschied ist dabei nicht zu übersehen und liegt bei rund 20.000 €.

Mit rund 258 km/h Top-Speed und einer Beschleunigung von 5.2 Sekunden auf 100 km/h spielt der 1.265 kg schwere Tourenwagen auch zugleich die Rolle des schnellsten verfügbaren Golf GTI. 

Der Volkswagen Golf GTI TCR hatte sich bereits in seinem ersten Rennjahr als Hot-Hatch im Wortsinne entpuppt. Bei den Langstreckenrennen ist die TCR-Variante des Golf GTI eine feste Größe geworden und zahlreiche Rennteams vertrauen auf die Motorsport-Erfahrung aus Hannover. 

Das Team von Volkswagen in Macau

Volkswagen vertraut in der TCR auf die Erfahrungen des Einsatzteams von „Sebastian Loeb Racing“ und kombiniert die technische Expertise der Hannoveraner Motorsport-Experten mit der Leidenschaft von vier Ausnahme-Piloten. Die Mischung, auf die Volkswagen Motorsport und das Team rund um SLR setzen, ist besonders bunt. Neben dem 9-fachen Macau-Sieger und britischen Formel Vauxhall Meister und Tourenwagen-Profi Rob Huff sitzen Johann Kristofferson, der FIA Motocross-Experte und 2012er Meister der Schwedischen Tourenwagenserie am Steuer. Vervollständigt wird das Aufgebot durch den Tourenwagenprofi Mehdi Bennani aus Marokko und Benny Leuchter.

Benjamin Leuchter fährt den Golf GTI TCR mit der Startnummer 33

Der Hammer, für Benjamin Leuchter

Für Benjamin Leuchter geht mit dem Einsatz in Macau ein Traum in Erfüllung. „Diese Strecke steht schon immer auf meiner Bucket list – und ich freue mich riesig auf diese Herausforderung“. Der Duisburger Benny gehört zu den schnellsten Rennfahrern auf der komplexen Nürburgring Nordschleife und auch schon seit vielen Jahren zum festen Fahreraufgebot im bunten Programm von Volkswagen Motorsport. Benny hält zudem einen Rundenrekord für die schnellste Runde über die Nürburgring Nordschleife, in einem serienmäßigen Golf GTI, dem Genspender des TCR-Rennwagens, mit dem er den dramatischen Stadtkurs von Macau in Angriff nimmt. 

Rob Huff siegte bereits 9 mal in Macau – der Mann hat gut lachen 😉

Rob Huff – Der Vollstrecker in Macau

Der klare Favorit für das Rennen in Macau ist im Team von Sebastian Loeb Racing und Volkswagen Motorsport der Brite Rob Huff. Bereits neun Mal konnte er auf dem selektiven Stadtkurs die Motorsport-Fans beeindrucken und die Gegner bezwingen. 

Und so lief es in Macau 2019 in der WTCR

Eigentlich war die Sache klar geplant. Aber Motorsport ist, wenn nach dem Verlöschen der roten Lampen alle Pläne obsolet werden.  Die Pole Position von Rob Huff hielt nur wenige Meter. Der Brite Andy Priaulx im Lynk & Co des Teams Cyan Racing hatte von P2 den besseren Start und konnte sich noch vor Turn 3 vor die Schnauze des Wolfsburger GTI TCR von Rob Huff setzen. Wie Rob Huff nach dem Rennen verriet, hatte er alle Hände voll zu tun, dem präzise durch die Schluchten von Macau rasenden Lynk & Co von Andy zu folgen. Auf den drei langen Geraden, die den ansonsten winkligen Kurs von Macau vervollständigen, hat die Limousinenform des Lynk & Co einen aerodynamischen Vorteil und damit auch einen Vorteil bei der Topspeed. In den engen Ecken und Haarnadelkurven war der Golf GTI TCR dem Lynk klar überlegen, aber ein Tourenwagen-Profi wie Andy Priaulx lässt sich nicht so einfach in einen Fehler treiben und in den engen und welligen Kurvenabschnitten blockte der eine Brite den anderen perfekt. Rob musste zudem immer wieder den Rückspiegel im Auge behalten, denn der hinter ihm als drittplatzierter Verney im Audi RS3 TCR hatte, ebenso wie der Lynk & Co, einen Tipspeed-Vorteil auf der Geraden. Für Rob Huff war die Pole Position in Macau in 2019 nicht der ideale Glücksbringer – aber mit Platz 2 darf man sich auf so einem Kurs durchaus auch zufrieden geben. Für Rob Huff ist das nur Anreiz, dann eben 2020 den zehnten Sieg in Macau einzufahren. Wie der Brite, verschmitzt wie immer, auf der Presse-Konferenz nach dem Rennen angab. Als Trostpreis nimmt der Brite nicht nur den Pokal für P2 mit nach Hause, sondern auch die Gewissheit, die schnellste Runde des Wochenendes in Macau hingelegt zu haben – seine 2:29.040 auf dem Qualyfing hat erst einmal Bestand. Zumindest bis zum nächsten Jahr.

Rookie des Rennens war ganz klar der Schwede Kristofferson auf dem Golf GTI TCR mit der Startnummer 16. Für Benny Leuchter war Macau eine Erfahrung, die sich mit den nackten Ergebnissen als ernüchternd bezeichnen lässt. Doch blickt man tiefer, so zeigt sich, dass der Duisburger auch in Macau zu den schnellen Experten gehörte, wenn auch das Rennglück dieses Wochenende für ihn keine Zeit hatte. Bei den Rundenzeiten zeigt sich: Ganz egal, wie gut man ist, wenn man auch nur einen Bruchteil einer Sekunde Pech hat, lässt Macau keine Wiedergutmachung zu. Benny Leuchter hat auf seinem GTI TCR in Macau die Rundenzeiten der Spitze immer in Reichweite gehabt – und es wäre ja gelacht, wenn nicht auch Benny in 2020 einen neuen Anlauf auf der innerstädtischen Nordschleife Asiens nehmen würde. 

Ob Volkswagen indes auch 2020 mit dem Team Sebastian Loeb Racing, einem GTI TCR auf Basis des Golf 8 und dem Engagement der letzten zwei Jahre antritt, ist noch nicht beschlossen. Doch Macau hat eigentlich gezeigt, wie schlagkräftig, schnell und konkurrenzfähig der Wolfsburger mit den Hannoveraner Genen auf jeglichem Terrain ist. Und dass Volkswagen Motorsport mit dem Engagement in der FIA WTCR goldrichtig liegt, zeigt das große Interesse der Menschen an dieser Motorsport-Serie. Doch ganz egal, welche Entscheidung man im Dezember trifft, einen Golf GTI TCR könnte man sich ja im Zweifel auch gebraucht kaufen. 

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