News: Mercedes Plug-in-Hybride – Schwäbische Sparsamkeit

Als Hybrid-Pioniere gelten zweifelsfrei Toyota und seine Luxus-Tochter Lexus. In Sachen Plug-in-Hybrid jedoch lassen sich die Japaner von den deutschen Premiumherstellern derzeit die Wurst vom Brot nehmen, allen voran von Mercedes. Die Stuttgarter starten durch. „Wir werden in weniger als zwei Jahren zehn Plug-in-Modelle auf der Straße haben, bringen im Schnitt alle vier Monate ein solches Modell auf den Markt“, verspricht Thomas Weber. Der Entwicklungschef sieht Plug-in-Hybride als Schlüsseltechnologie an. Im Markt sind bereits die S- und die C-Klasse. China wird die Hybridtechnik in der verlängerten Version der C-Klasse (V 205) erhalten. Der neue GLC, Nachfolger des GLK, bekommt ebenfalls den Ökoantrieb. Die Markteinführung der Plug-in-Hybrid-Version 350 e 4Matic ist für Anfang 2016 geplant. Im selben Jahr folgt die neue E-Klasse (W 213). Der Kombi S 213 als Teilzeitstromer lässt noch bis 2017 auf sich warten. Auch hier gilt: In China bieten die Stuttgarter ihre Plug-in-Power in der verlängerten Version (V 213) an, ebenso im GLC. Beide Modelle werden dort auch gebaut. Das ist wichtig, weil sonst der Kunde vom Staat keine finanziellen Boni erhält.

Zumindest in Europa soll das Plug-in-Projekt nicht nur mit Benzinern kombiniert werden. Zum Einsatz kommen auch Dieselmotoren – ausschließlich Vierzylinder. Die elektrischen Reichweiten, so der Plan, sollen von jetzt 35 Kilometer auf 50 und später sogar auf 70 Kilometer wachsen. Ein geschicktes Package und leistungsfähigere Lithium-Ionen-Zellen sind Voraussetzungen dafür. Eine Vereinfachung strebt Mercedes bei den Elektromotoren an. Derzeit steckt in der C-Klasse eine 60 kW starke E-Maschine, in der S-Klasse und im GLC dagegen eine mit 85 kW. Einheitlich soll es auf 90 kW gehen, jeweils kombiniert mit der im eigenen Haus entwickelten 9-Gang-Automatik.

Mercedes muss bis 2020 aufgrund seiner Gewichtsklassen einen CO2-Flottenausstoß von durchschnittlich 99 g/km erreichen. „Ohne Elektrifizierung der Antriebsstränge, ist dies nicht zu erreichen“ sagt Weber. Davon ausgenommen sind weder die Kompaktmodelle, noch die Boliden von AMG. So wird die nächste Generation der Frontantriebsarchitektur (MFA) ebenso ein Plug-in-Package erhalten wie die Hochleistungsmodelle der Tuning-Tochter aus Affalterbach. Dort denkt man allerdings über einen sogenannten „Performance“-Plug-in nach. Treiber ist hier – wieder einmal – China, das ein Gesetz in Vorbereitung hat, das ab 2020 auch Einzelfahrzeugen nur noch eine gewisse Höchstgrenze an Emissionen erlaubt. Andernfalls gibt es keine Zulassung im Land.

Ein weiteres Problem der Autohersteller ist es, den Plug-in-Hybriden (PHEV = Plug-in Hybrid Electric Vehicle) dem Kunden schmackhaft zu machen. Geschehen soll dies primär über Fahrdynamik und Finanzen. „In einem Plug-in-Hybrid überzeugt der Fahrspaß, unter anderem dank der Drehmoment-Charakteristik des Elektromotors“, sagt Wilko Stark, Leiter Produktstrategie bei Mercedes. So schickt schon ein C 350e im Hybridmodus bis zu 600 Newtonmeter zur Hinterachse. Auch beim Thema Komfort will Mercedes state-of-art Technologie bieten. Bis 2017 könnte das induktive Laden serienreif sein. Das Auto muss nur noch exakt über eine im Boden befindliche Platte fahren und schon wird berührungslos geladen. Zumindest zu Hause würde dann das Hantieren mit dem Kabel der Vergangenheit angehören.

Schwieriger wird die Sache beim Thema Geld. „Der Kunde ist erfahrungsgemäß nicht bereit, einen Öko-Bonus zu bezahlen“, weiß Stark aus Erfahrung und Befragungen. Mercedes kann den technischen Mehraufwand im Hochpreis-Segment kaschieren, in dem es die S-Klasse als Plug-in-Hybrid mit V6-Motor exakt so teuer anbietet wie die Version mit Achtzylinder-Benziner. Die Stuttgarter führen als Argument die vergleichbaren Fahrleistungen der Modelle an. In kleineren Segmenten aber wird diese Mischkalkulation nicht zu halten sein. Als kontraproduktiv erweist sich zudem der momentan günstige Spritpreis, der die Amortisationszeit deutlich verlängert. Eine Kaufbremse. Besser sieht die Lage in manchen anderen Ländern aus. „Zum Teil ergibt sich schon heute ein positiver TCO (Total Cost of Ownership), primär getrieben durch die Steuergesetzgebung“, sagt Stratege Stark. So genießt der Besitzer eines S 500 e in London über die Laufzeit von drei Jahren einen finanziellen Vorteil von rund 40.000 Euro.

Autor: Michael Specht/SP-X