News: Opel Karl – Ziemlich erwachsen

Karl, das zurzeit noch jüngste Mitglied im Opel-Portfolio, ist gleichzeitig auch das kleinste. Der seit Mitte Juni erhältliche Winzling misst von Stoßstange zu Stoßstange nur 3,68 Meter, es will aber trotzdem ein ganzer Kerl – pardon – Karl sein. Das haben wir mal überprüft.

Kurz und knapp, ohne viel Gedöns und Tam-Tam: Der Karl hat sich Schlichtheit auf seine Karosserieflanken geschrieben und will sich als günstige Alternative zum schicken Adam sowie dem größeren Corsa positionieren. Dekor-Aufkleber, zweifarbige Lackierung, bunte Schalen für die Außenspiegeln oder schicke, individualisierbare Felgen-Designs sucht man hier vergebens. Immerhin kann der Karl-Kunde aus acht verschiedenen Metallic-Lacken (Aufpreis: 460 Euro) wählen, wenn ihm das aufpreisfreie Weiß oder das Unirot (160 Euro) zu langweilig sind, und er mit etwas Farbe das typische Opel-Marken-Gesicht, die flott gezeichnete Seitenlinie sowie das durchaus ansehnliche Heck betonen möchte.

Auch im Interieur herrscht Schlichtheit vor. Ein paar Chromblitzer hier und ein wenig Klavierlack da; das muss genügen, um den schwarz gehaltenen Innenraum mit hohem Hartplastikanteil aufzuhellen. Die Instrumentenanzeigen sowie Lenkrad samt Bedienhebel kennt man aus anderen Opel-Modellen. Warum aber das Armaturenbrett so glänzend schwarz lackiert wurde, dass es sich bei Sonnenschein extrem in der Windschutzscheibe spiegelt, und zudem immer etwas speckig wirkt, bleibt wohl ein Geheimnis der Kreativen. Vielleicht gab es auch nur keine Abnahmefahrt bei gutem Wetter.

Ein paar Chromblitzer hier und ein wenig Klavierlack da; das muss genügen, um den schwarz gehaltenen Innenraum mit hohem Hartplastikanteil aufzuhellen.
Ein paar Chromblitzer hier und ein wenig Klavierlack da; das muss genügen, um den schwarz gehaltenen Innenraum mit hohem Hartplastikanteil aufzuhellen.

Angetreten ist das Testfahrzeug im höchsten Komfortniveau „Exklusiv“. Damit erhöht sich der Preis von 9.500 Euro für die klassenüblich mager ausgestattete Basisversion auf mindestens 12.900 Euro. Neben elektrisch verstellbaren Fensterhebern, Außenspiegeln, Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung, höhenverstellbarer Fahrersitz, Lederlenkrad, im Verhältnis 40:60 geteilte Rückbank, Geschwindigkeitsregelanlage sowie Nebelscheinwerfer gehören auch unter anderem eine Klimaautomatik, Radio samt Freisprechanlage und ein Spurhalteassistent zum Lieferumfang. Damit ist der Karl im Wettbewerbsumfeld preislich attraktiv ausgestellt und hinterlässt einen erwachsenen Eindruck. Zumal er immer mit fünf Türen vorfährt.

Apropos Erwachsene: Das Platzangebot geht durchaus auch für diese Zielgruppe in Ordnung. Die Vordersitze geben guten Halt und hinterließen auf längeren Touren einen ordentlichen Eindruck. Schade, dass das Lenkrad nur in der Höhe und nicht auch in der Tiefe verstellbar ist. Hinten sitzt es sich mit ein wenig Rücksichtnahme der Vorderleute recht bequem. Allerdings sollten im Fond maximal zwei Passagiere unterkommen wollen, drei passen nur, wenn sie im XXXXS-Format antreten.

Beim Gepäckteil (195 bis 1.013 Liter) gilt es Abstriche zu machen. Hier merkt man, dass mit spitzer Feder gerechnet wurde. Kofferraumabdeckung und -verkleidung sind sehr einfach gehalten. Eben mal die Rücksitzlehen umklappen geht auch nicht. Will man sie umlegen, muss man zuvor die Sitzkissen hochziehen und hochkant stellen. Punkten kann der Karl dagegen mit einem geschlossenen Handschuhfach. Außerdem lässt sich das vordere Beifahrerfenster elektrisch auch von der Fahrerseite aus bedienen. Das geht nicht bei jedem Auto in dieser Klasse.

Ganz einfach ist Wahl des Antriebs: Es gibt zurzeit nur einen Motor. Dabei handelt es sich um eine Modifikation des bekannten 1,0-Liter-Dreizylinders aus dem Opel-Angebot. Im Karl leistet er 55 kW/75 PS und kommt mit den typischen Drei-Töpfe-Surren und leider ohne Turbounterstützung daher. 96 Nm maximales Drehmoment liegen erst bei 4.500 Umdrehungen an. Das bedeutet, will man halbwegs flott unterwegs sein, man muss die fünf Vorwärtsgänge des Getriebes eifrig nutzen, andernfalls geht dem Triebwerk an Steigungen schnell die Luft aus.

Der Karl hat sich Schlichtheit auf seine Karosserieflanken geschrieben und will sich als günstige Alternative zum schicken Adam sowie dem größeren Corsa positionieren.
Der Karl hat sich Schlichtheit auf seine Karosserieflanken geschrieben und will sich als günstige Alternative zum schicken Adam sowie dem größeren Corsa positionieren.

Beschleunigungswettbewerbe gewinnt der kleine Fünftürer nicht. Der Standardspurt gelingt in geduldigen 15,5 Sekunden – auf flachen Strecken. Zum sportiven Kumpel taugt der Karl also nicht. Mit einer theoretischen Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h kommt man auf der Autobahn aber zurecht. Sein Überholprestige ist allerdings verbesserungsfähig. Taucht man im Rückspiegel eines voranfahrenden Fahrzeugs auf, wird man – sofern man überhaupt registriert wird – nicht wirklich als überholfähig wahrgenommen. Und an der nächsten Steigung ist eh Schluss mit solch ambitionierten Absichten. Durchschnittlich konsumierte unser Karl übrigens 5,8 Liter, damit überboten wir den Normverbrauch um 1,3 Liter.

Auch der Karl verschließt sich nicht ganz weiteren Individualisierungsoptionen. Unser Testauto verfügte über ein elektrisches Glas-Schiebedach (850 Euro) sowie Parksensoren (250 Euro). Rund 14.000 Euro für einen Kleinstwagen sind aber heute nicht mehr ungewöhnlich. Auch in dieser Hinsicht ist der Karl ohne Abstriche ein ganzer Kerl.

Autor: Elfriede Munsch/SP-X

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