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Als der Diesel Ende der 90-Jahre seine lethargische Leistungsentfaltung ablegte, der Direkteinspritzung und den variablen Turboladerschaufeln sei es gedankt, wurde aus dem sparsamen Mr. Zuverlässigkeit ein Fahrspaß-Triebwerk. Drehmoment, Effizienz und Drehfreude, ein moderner Diesel war in den letzten Jahre die erste Wahl. Bis zum “#Dieselgate“.
Der richtige Motor, zur falschen Zeit?
OM654 – Der High-Tech-Diesel mit den Formel 1-Genen
Einen neuen Motor entwickelt man nicht von heute auf morgen. Der Betrugsfall beim Mitbewerber, für die Motoren-Entwickler bei Mercedes-Benz bestimmt kein Grund zum Jubeln. Denn die neue Allzweckwaffe im Mercedes-Motorenregal zündet wieder selbst. Weil einfach nur so die maximale Effizienz erreicht wird. Abseits einer PHEV-Strategie. Aber bis zum Dieselgate von Volkswagen war das teure Thema Hybridisierung dem Thema Dieselantrieb untergeordnet. Das ändert sich gerade. In der gesamten Industrie. E-Antriebe und PHEV, ihnen gehört die Zukunft. Doch bis es soweit ist, werden es Triebwerke wie der OM 654 sein, die die CO2-Hürden der EU beim Flottenverbrauch in greifbare Nähe rücken lassen. Dafür geizt Mercedes-Benz beim neuen Triebwerk nicht mit Technik!
OM 654 – Der F1-Diesel
Seinen ersten Einsatz erlebt der neue OM 654-Dieselmotor in der neuen E-Klasse W213. Als E220d wird er den Pulschlag von F1-Piloten nicht beschleunigen. Das ist der neue Flotten-Motor, für Dieselfahrer mit Ambitionen und Generationen von Dienstwagen-Fahrern. E220d klingt bescheiden, mit 195 PS und 400 Nm stellt der Motor aber klar: Er ist – bei aller Bescheidenheit – ein Leistungsfreund. Die Brücke zur Formel 1 schlägt aber eine ganz andere Technik.
Nanoslide
Die Beschichtung der Zylinderinnenflächen stammt aus dem F1-Motorenbau. Eine Minimierung der Reibung sorgt auch dort für eine Steigerung der Effizienz. Im neuen OM 654 war die NANOSLIDE-Beschichtung jedoch auch deswegen notwendig, weil zum ersten Mal ein Voll-Aluminium-Triebwerk mit Stahlkolben kombiniert wurde.
Der neue Vollaluminium-Motor ist im Vergleich zu seinem Vorgänger um 46 Kilogramm leichter geworden. Dazu trugen auch die Reduzierung des Hubraums (von 2.1l auf 2.0) und die neue ein- statt zweistufige Aufladung bei.
Gleichzeitig bedarf der weiter gesteigerte Spitzendruck (Gasdruck) im Brennraum und der Umstieg auf ein Brennverfahren innerhalb der Stufenmulden des neuen Kolbens Stahl als Material. Weniger hitzanfällig wie Aluminium und verträglicher für hohe Drücke, kombiniert man im OM 654 also zum ersten Mal einen Vollaluminium-Motorblock und Kopf mit Stahlkolben. Die neue Brennraumgestaltung zusammen mit den Stahlkolben, der Nanoslide-Beschichtung und der bewusst akzeptierten Reibungsminderung durch die unterschiedliche Wärmeausdehnung der verwendeten Materialien ergibt bereits einen Verbrauchs- und Emissionsvorteil von rund 4% für den neuen Motor gegenüber seinem Vorgänger.
Mehr Leistung, mehr Effizienz, weniger Verbrauch
Es klingt nach Zauberei, ist aber das simple Ergebnis der Forschung und Entwicklung. Zauberei für viele deswegen, weil man einfach nichts von dem sieht, was für die Effizienz eines Motors so entscheidend ist. Die Verbrennung. Im Falle des OM654 des “Selbst-Entzündens”.
80% weniger NOx, 13 % weniger CO2, 17% leichterer Motor – aber 18 kW mehr Leistung.
Dass der neue OM 654 dank seiner Architektur mit den motornah untergebrachten Abgasreinigungssystemen und dem SCR-Verfahren zur Nachbehandlung zu den Saubermännern unter den Selbstzündern gehört, war klares Entwicklungsziel.
Der neue 220d feiert in der neuen E-Klasse seine Premiere, aber er ist nur das erste Mitglied einer neuen Familie. Mehr Zylinder? Werden kommen. Ein neuer 6-Zylinder Dieselmotor gehört ebenso zur Familie wie neue Hochleistungs-Triebwerke. Auch wenn es absurd klingt, aber knapp 200 PS aus einem Zwei-Liter Dieselmotor sind noch nicht die Grenze. Allerdings wird man die Motoren-Familie auch nach unten ausbauen. Logischer Schritt? Der 200d.
Formel 1-Technik im Taxi – irgendwie cool – und dabei nagelt er sogar noch immer wie sein Ur-Opa. Und auch wenn Volkswagen das Diesel-Thema völlig vergeigt hat, der Fortschritt braucht derzeit noch neben den E-Motoren die Selbstzünder und Verbrenner. Noch können wir nicht völlig darauf verzichten.
Und für die Technik-Fans,die Details des neuen 220d
Die Daten des neuen Motors im Vergleich zum Vorgänger:
Motor | 220 d OM 654 |
220 d Vorgänger OM 651 |
|
Zylinderzahl/Anordnung | 4/Reihe | ||
Ventile pro Zylinder | 4 | ||
Hubraum pro Zylinder | cm³ | 487,5 | 537 |
Hubraum | cm³ | 1950 | 2143 |
Zylinderabstand | mm | 90 | 94 |
Bohrung | mm | 82 | 83 |
Hub | mm | 92,3 | 99 |
Hub/Bohrung | 1,12 | 1,193 | |
Pleuellänge | mm | 140 | 144 |
Nennleistung | kW/PS | 143/195 | 125/170 |
bei | 1/min | 3800 | 3000-4200 |
Max. Drehmoment | Nm | 400 | 400 |
bei | 1/min | 1600-2400 | 1400-2800 |
Spezifische Leistung | kW/l | 72 | 58,3 |
Verdichtung | 1: | 15,5 | 16,2 |
Abgasnorm | EU6 | EU6 | |
Motorgewicht (DIN) | kg | 168,4 | 203,8 |